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Der Schakal

Der Schakal

Titel: Der Schakal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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Waffenhändler vorstellt. Aber schließlich, dachte Thomas, tun sie das ja alle nicht. Von Monson erfuhr er, daß die Firma Calthrop fast ein volles Jahr beschäftigt und ihn, was weit wichtiger war, im Dezember 1960 nach Ciudad Trujillo geschickt hatte, um einen aus veräußerten britischen Armeebeständen stammenden Posten Waffen an Trujillos Polizeichef loszuschlagen. Thomas sah Monson voller Widerwillen an. Dir ist es herzlich egal, wozu sie benutzt werden, was, Bürschchen? dachte er, unterließ es aber im Interesse der Ermittlung, seinem Abscheu Ausdruck zu geben. Warum hatte Calthrop die Dominikanische Republik so eilig verlassen?
    Die Frage schien Monson zu überraschen. Nun, weil Trujillo ermordet worden war, natürlich.
    Das gesamte Regime war innerhalb weniger Stunden zusammengebrochen. Was hatte ein Mann, der auf die Insel gekommen war, um dem alten Regime eine Ladung Waffen und Munition zu verkaufen, vom neuen zu gewärtigen? Selbstverständlich mußte er sich schleunigst aus dem Staube machen.
    Thomas überlegte. Das war zweifellos einleuchtend. Monson berichtete, Calthrop habe später angegeben, im Arbeitszimmer des Präsidenten gesessen und mit dem Polizeichef über den Waffenkauf verhandelt zu haben, als die Nachricht überbracht wurde, daß der General außerhalb der Stadt in einen Hinterhalt geraten und umgebracht worden sei. Der Polizeichef war blaß geworden und sofort zu seiner Hacienda gefahren, wo sein stets aufgetanktes Privatflugzeug startklar für ihn bereitstand. Innerhalb weniger Stunden stürmten die Massen auf der Jagd nach Anhängern des gestürzten Regimes durch die Straßen. Calthrop gelang es, einen Fischer zu bestechen, der ihm die Flucht von der Insel ermöglichte.
    Thomas fragte Monson, warum Calthrop die Firma verlassen habe? Er sei entlassen worden, lautete die Antwort. Warum? Monson überlegte längere Zeit. Schließlich sagte er:
    »Superintendent, im Handel mit Waffen aus zweiter Hand herrscht ein mörderischer Konkurrenzkampf. Zu erfahren, was ein anderer Händler anbietet und welchen Preis er verlangt, kann für einen Rivalen, der das gleiche Geschäft mit dem gleichen Partner abschließen will, von ausschlaggebender Bedeutung sein. Lassen Sie es mich einmal so ausdrücken: Calthrops Loyalität der Firma gegenüber entsprach nicht ganz unseren Erwartungen.«
    Auf der Rückfahrt nach London ließ sich Thomas die Aussagen Monsons noch einmal durch den Kopf gehen. Die seinerzeit von Calthrop für seine Flucht aus der Dominikanischen Republik angegebene Begründung war logisch. Sie bestätigte das vom karibischen Residenturchef des SIS kolportierte Gerücht von seiner Beteiligung am Attentat keineswegs, sondern entkräftete es eher. Andererseits war Calthrop laut Monson ein Mann, der nicht davor zurückschreckte, ein doppeltes Spiel zu treiben. Könnte er als der bevollmächtigte Vertreter einer Handfeuerwaffenfabrik, der einen Handel abzuschließen hofft, auf der Insel aufgetreten sein und zugleich im Sold der Revolutionäre gestanden haben? Monson hatte etwas erwähnt, was Thomas beunruhigte: Er hatte gesagt, Calthrop habe nicht viel von Gewehren verstanden, als er in die Firma eintrat. Und ein Meisterschütze mußte doch wohl in jedem Fall ein Experte sein. Andererseits konnte er die entsprechenden Kenntnisse ja auch erworben haben, während er für die Firma arbeitete. Aber warum sollten die Anti-Trujillo-Partisanen ihn gedungen haben, den Wagen des Generals mit einem einzigen Schuß auf einer Schnellstraße zum Stehen zu bringen, wenn er als Gewehrschütze ein Anfänger war? Oder hatten sie ihn gar nicht gedungen? Entsprach Calthrops eigene Darstellung womöglich der Wahrheit?
    Thomas zuckte mit den Achseln. Es bewies nichts, und es widerlegte nichts. Also wieder bei Null angelangt, dachte er bitter. Aber in seinem Büro erwartete ihn eine Nachricht, die ihn umstimmte. Der Inspektor, der bei Calthrops Nachbarn Erkundigungen angestellt hatte, war zurückgekehrt. Er hatte eine Nachbarin angetroffen, die als Berufstätige den ganzen Tag über nicht zu Hause gewesen war. Die Frau gab an, Mr. Calthrop sei vor einigen Tagen verreist und habe erwähnt, daß er nach Schottland fahren wolle.Auf dem Rücksitz seines vor dem Haus geparkten Wagens glaubte die Frau etwas bemerkt zu haben, was wie eine zerlegbare Angelrute aussah.
    Eine zerlegbare Angelrute? Superintendent Thomas überkam ein plötzliches Frösteln, obschon es im Büro warm war. Als der Kriminalinspektor seinen Bericht

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