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Der Schakal

Der Schakal

Titel: Der Schakal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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Sicherheitsdienst kam, nachdem eine gründliche Durchsicht aller einschlägigen Kriminalakten im Zentralarchiv keine relevanten Ergebnisse gezeitigt hatte; er ging kurz auf das Gespräch mit Lloyd ein, der seinerseits einen Mann namens Calthrop erwähnt hatte, von dem es gerüchtweise hieß, er sei an der Ermordung Trujillos beteiligt gewesen, und berichtete dann über die bisher angestellten Nachforschungen.
    Als er sein Resümee beendet hatte, erhob sich der Premierminister und trat ans Fenster, das auf den sonnenbeschienenen kleinen Rasen im Innenhof hinausging. Minutenlang starrte er reglos in den Hof hinunter und ließ die Schultern hängen. Thomas fragte sich, woran er wohl denken mochte. Vielleicht dachte er an einen Strand außerhalb von Algier, an dem er sich mit dem hochmütigen Franzosen, der jetzt dreihundertfünfzig Kilometer entfernt in einem anderen Amtsraum saß und die Geschicke seines Landes lenkte, ergangen und lange unterhalten hatte. Damals waren sie beide zwanzig Jahre jünger gewesen und die vielen Dinge, die sich später ereignen sollten, noch nicht zwischen sie getreten.
    Vielleicht mußte er daran denken, wie derselbe Franzose vor acht Monaten in wohlabgewogenen, sonor tönenden Sätzen die Hoffnungen des britischen Premierministers zunichte gemacht hatte, seine politische Karriere mit dem Eintritt Großbritanniens in die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft zu krönen und sich mit der Genugtuung dessen, der seinen Traum verwirklicht hat, in das Privatleben zurückziehen zu können.
    Vielleicht dachte er aber auch an die hinter ihm liegenden quälenden Monate, in denen die Aussagen eines Zuhälters und einer Kokotte fast den Sturz der Regierung Großbritanniens herbeigeführt hatten. Er war ein alter Mann und noch in einer Welt geboren und aufgewachsen, in der es Maßstäbe für Gut und Böse gab. Er hatte an diese Maßstäbe geglaubt und sie befolgt. In einer Welt, deren Bewohner und Ideen sich gewandelt hatten, gehörte er der Vergangenheit an. Begriff er, daß es jetzt neue Maßstäbe gab, die er vage zu erkennen, aber nicht zu schätzen vermochte?
    Vermutlich wußte er, als er auf das sonnenbeschienene kleine Rasenstück hinunterblickte, was bevorstand. Die notwendigen Änderungen - und damit sein Abtritt von der politischen Bühne -konnten nicht mehr auf die lange Bank geschoben werden. Früher oder später würden die neuen Leute die Geschicke der Welt in die Hand nehmen. Auf vielen Gebieten war es schon soweit, daß die Welt sich ihnen auslieferte. Aber sollte sie auch den Zuhältern und Dirnen, Spionen und - Mördern ausgeliefert werden?
    Thomas sah, daß der alte Mann die Schultern straffte, bevor er sich zu ihm umwandte.
    »Superintendent Thomas, Sie müssen wissen, daß General de Gaulle mein Freund ist. Wenn auch nur die leiseste Möglichkeit besteht, daß sein Leben in Gefahr sein könnte und daß ihm diese Gefahr von einem britischen Staatsangehörigen droht, dann muß der Mann unschädlich gemacht werden. Ab sofort werden Sie Ihre Ermittlungen mit verdoppeltem Eifer betreiben. Innerhalb einer Stunde werden Ihre Vorgesetzten von mir persönlich Vollmacht erhalten, Ihnen jede nur mögliche Hilfe zu gewähren. Sie werden weder in finanzieller noch in personeller Hinsicht an irgendwelche Beschränkungen gebunden sein. Sie sind befugt, wen auch immer Sie wollen zur Mitarbeit in ihrem Team zu verpflichten und Einsicht in jedwede Unterlage aller derjenigen Behörden des Landes zu nehmen, deren Archive für Ihre weiteren Ermittlungen von Nutzen sein könnten. Sie werden auf ausdrückliche persönliche Weisung von mir in dieser Angelegenheit uneingeschränkt mit den französischen Behörden zusammenarbeiten. Und erst wenn Sie absolut sicher sind, daß der Mann, den die Franzosen identifizieren und festnehmen wollen, wer immer er auch sein mag, kein Engländer ist und auch nicht etwa von hier aus operiert, können Sie die Ermittlungen einstellen. Vorher jedoch werden Sie mir persönlich Bericht erstatten.
    Falls sich herausstellen sollte, daß dieser Calthrop oder irgendein anderer Mann, der einen britischen Paß besitzt, mit einiger Wahrscheinlichkeit als der von den französischen Behörden Gesuchte angesehen werden kann, werden Sie ihn festnehmen. Habe ich mich verständlich ausgedrückt?«
    Das hatte er. Wie und über welche Kanäle der Premierminister von seinen Ermittlungen erfahren haben mochte, wußte Thomas nicht. Er vermutete jedoch, daß es in irgendeiner Weise mit seiner

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