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Der Schakal

Der Schakal

Titel: Der Schakal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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näherten. Begleiter von Caron, der einen geladenen und entsicherten MAT-49-Schnellfeuerkarabiner unter dem über seinen rechten Arm gelegten Regenmantel trug, ging Claude Lebel, der anderthalb Kilometer entfernt auf der anderen Seite des Ortes gelandet und von einem Polizeiwagen zum Hotel gefahren worden war, zum Haupteingang.
    Daß irgend etwas Ungewöhnliches im Gang war, hatte sich inzwischen im ganzen Städtchen herumgesprochen; nur der Besitzer des Hotels wußte von nichts. Es war seit fünf Stunden von der Außenwelt abgeschnitten, und das Ausbleiben des Forellenverkäufers, der täglich seinen frischen Fang abzuliefern pflegte, war in diesem Zeitraum das einzig ungewöhnliche Vorkommnis gewesen.
    Von seinem Empfangschef herbeigerufen, trat der Hotelbesitzer aus dem Büro, wo er über Rechnungen und Bestellungen gesessen hatte, und beantwortete Carons Fragen, während er mißtrauische Blicke auf das unförmige Bündel warf, das dieser unter dem Arm trug. Lebel hörte zu und ließ enttäuscht die Schultern hängen.
    Fünf Minuten später wimmelte das Hotel von uniformierten Polizisten. Sie verhörten die Angestellten, untersuchten das Zimmer des Schakals und kehrten das Unterste zuoberst. Lebel trat allein auf die Auffahrt hinaus und starrte zu den umliegenden Berghängen hinüber. Caron gesellte sich zu ihm.
    »Meinen Sie wirklich, daß er uns entwischt ist, Chef?« Lebel nickte.
    »Darüber gibt es wohl keinen Zweifel.«
    »Aber er hat sich doch für zwei Tage angemeldet. Halten Sie es für möglich, daß der Hotelbesitzer mit ihm unter einer Decke steckt?«
    »Nein. Seine Angestellten und er sagen die Wahrheit. Der Schakal hat es sich irgendwann heute vormittag anders überlegt und Reißaus genommen. Die Frage ist, wohin er gefahren sein kann und ob er schon weiß, daß wir wissen, wer er ist.«
    »Aber wie sollte er das? Das kann er doch gar nicht wissen. Es muß ein Zufall sein.«
    »Hoffen wir es, mein lieber Lucien, hoffen wir es.«
    »Dann ist die Autonummer das einzige, wovon wir jetzt ausgehen können.«
    »Ja. Das war mein Fehler. Wir hätten eine Suchmeldung nach dem Wagen an alle Gendarmerieposten und Polizeikommissariate ergehen lassen sollen. Laufen Sie zu einem der Streifenwagen hinüber und rufen Sie Lyon. Geben Sie die Suchmeldung an alle durch. Höchste Dringlichkeitsstufe. Weißer Alfa Romeo, Italien, polizeiliches Kennzeichen MI­ 61741. Vorsicht, Fahrer vermutlich bewaffnet und zum Gebrauch der Schußwaffe entschlossen und so weiter und so weiter. Sie kennen ja den in solchen Fällen üblichen Text. Halt, noch eines: Niemand darf der Presse gegenüber auch nur ein Wort verlauten lassen. Erwähnen Sie in der Suchmeldung, daß der Mann vermutlich nicht ahnt, daß nach ihm gefahndet wird, und ich jeden zur Verantwortung ziehen werde, der ihm durch Nichtbefolgung dieser Anweisung die Möglichkeit verschafft, es in der Zeitung zu lesen oder im Radio zu hören. Ich werde Kommissar Gaillard vom Regionaldienst in Lyon mit der Abwicklung der Aktion beauftragen, und dann fliegen wir nach Paris zurück.«
    Es war fast 18 Uhr, als der blaue Alfa Valence erreichte, wo ein unaufhörlicher Strom von Automobilen auf der Route Nationale 7, die Paris mit der Côte d'Azur verbindet, am Ufer der Rhône entlangschoß. Der Alfa kreuzte die große Nord-Süd-Straße und den in der Spätnachmittagssonne glitzernden breiten Fluß, um seine Fahrt auf der RN 533 fortzusetzen. Hinter St-Peray preschte der kleine Sportwagen bei sinkender Dämmerung höher und höher in die Berge des Zentralmassivs und der Provinz Auvergne hinauf. Von Le Puy ab stieg die Straße immer steiler an, wurden die Berge immer höher und schien jedes Nest ein florierender Badeort zu sein, von dessen wundertätigen Quellwassern sich Scharen mit Rheuma und Ekzemen gestrafter Großstädter Heilung erhofften.
    Hinter Brioude verließ die Straße das Tal der Allier, und die Nachtluft begann nach Heide und dem trocknenden Heu auf den Wiesen des Hochlandes zu duften. In Issoire hielt der Schakal an, um zu tanken, und jagte dann über Mont-Doré nach La Bour-doule weiter. Es war fast Mitternacht, als er das Quellgebiet der Dordogne umrundete, die den Felsen der Auvergne entspringt und über ein halbes Dutzend Staudämme nach Süden und Südwesten fließt, um sich bei Bordeaux in die Gironde zu verströmen.
    Hinter St-Sauves fuhr er auf der RN 89 nach Ussel, der Kreisstadt von Corrèze, weiter.
    »Sie sind ein Narr, Kommissar, ein Narr. Sie hatten ihn

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