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Der Schakal

Der Schakal

Titel: Der Schakal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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mit. Ich darf Sie bitten, gemeinsam in einem Zimmer zu verbleiben, solange ich fort bin, und die Tür abzuschließen. Öffnen Sie nur auf mein Zeichen hin; ich werde dreimal pochen, eine Pause machen und dann noch zweimal pochen.«
    Das Zeichen entsprach dem vertrauten Kampfruf »Algérie Française«, nach dessen Rhythmus Pariser Autofahrer in den vergangenen Jahren auf die Hupe gedrückt hatten, um ihrer Mißbilligung der gaullistischen Politik Ausdruck zu geben. »Übrigens«, fuhr Rodin fort, »hat einer von Ihnen eine Pistole?«
    Beide Männer schüttelten den Kopf. Rodin ging an den Schreibtisch und holte eine MAB 9 mm hervor, die er zum persönlichen Gebrauch mit sich zu führen pflegte. Er überprüfte das Magazin, ließ es zurückschnappen und lud durch. Er reichte sie Montclair.
    »Kennen Sie sich mit dem Ding aus?« fragte er.
    Montclair nickte. »Das will ich meinen«, sagte er und nahm die Pistole an sich.
    Viktor erschien mit den Schlüsseln und eskortierte die beiden Männer auf Montclairs Zimmer.
    Als er zurückkehrte, knöpfte sich Rodin gerade den Mantel zu.
    »Kommen Sie, Corporal«, sagte er. »Gehen wir.«
    Als sich an jenem Abend die Dämmerung zu nächtlicher Dunkelheit verfärbte, näherte sich die aus London kommende BEA-Vanguard dem Wiener Flughafen Schwechat. Der blonde Engländer im Heck des Flugzeugs lehnte sich in seinem Fenstersitz zurück und blickte auf die unter der rasch an Höhe verlierenden Maschine hinweghuschenden Einflugfeuer hinaus. Es bereitete ihm immer wieder Vergnügen, sie näher und näher kommen zu sehen, bis es fast gewiß erschien, daß das Flugzeug auf dem Gras des Vorfeldes aufsetzen würde. Im allerletzten Augenblick wurden der nur undeutlich erkennbare, schwach beleuchtete Grasboden, die numerierten Tafeln zu beiden Seiten der Piste und schließlich die Platzbefeuerung selbst weggewischt, um von dem ölig geschwärzten Beton der Landebahn abgelöst zu werden. Dann erst setzten die Räder auf. Die Exaktheit des Landemanövers befriedigte ihn. Er schätzte Präzision.
    Nervös blickte ihn der neben ihm sitzende junge Franzose aus dem französischen Reisebüro am Piccadilly Square von der Seite her an. Seit dem Telephonanruf, der in der Mittagspause gekommen war, befand er sich in einem Zustand gelinder Erregung. Vor nahezu einem Jahr hatte er, auf Urlaub in Paris, der OAS seine Dienste angetragen, aber lediglich den Bescheid erhalten, an seinem Schreibtisch in London zu verbleiben. Briefliche oder telephonische Weisungen, die ihn unter seinem korrekten Namen erreichten, jedoch mit den Worten »Lieber Pierre« begannen, seien unverzüglich genauestens auszuführen. Bis zum heutigen Tag, dem 15. Juni, war nichts geschehen.
    Die Dame in der Telephonvermittlung des französischen Reisebüros hatte ihm gesagt, sie habe »Vienne« für ihn in der Leitung, und dann, um einer Verwechslung mit der gleichnamigen französischen Stadt vorzubeugen, hinzugefügt: »Vienne en Autriche.« Verwundert hatte er den Anruf entgegengenommen, um eine Stimme zu hören, die ihn »Mein lieber Pierre« nannte. Es hatte ein paar Sekunden gedauert, ehe er sich seines eigenen Codenamens erinnerte. Nach der Mittagspause hatte er Kopfschmerzen vorgeschützt, die angegebene Wohnung in einer kleinen Nebenstraße der South Audley Street aufgesucht und dem Engländer, der ihm die Tür öffnete, die Botschaft überbracht. Über das Ansinnen, innerhalb von drei Stunden nach Wien zu fliegen, war diesem keinerlei Erstaunen anzumerken gewesen. Er hatte gelassen einen leichten Koffer gepackt, und die beiden waren im Taxi zum Flugplatz Heathrow hinausgefahren. Wortlos hatte der Engländer ein Bündel Banknoten gezückt, um zwei Retourtickets in bar zu zahlen, nachdem der Franzose hatte eingestehen müssen, daß er nicht daran gedacht habe, Bargeld mitzunehmen, und nur Paß und Scheckbuch bei sich trüge.
    Seitdem hatten sie kaum ein Wort gewechselt. Der Engländer hatte weder danach gefragt, wohin sie in Wien gehen noch wen sie dort treffen und warum sie dies tun sollten - es wäre auch vergebens gewesen, denn der Franzose wußte es ebensowenig. Seine Anweisungen schrieben ihm lediglich vor, vom Londoner Flughafen aus zurückzurufen und seine Ankunft mit der BEA-Maschine auf dem Wiener Flughafen Schwechat zu bestätigen. Dort, so war ihm bei dem Anruf gesagt worden, sollte er sich umgehend am Informationsschalter melden. Alles das machte ihn nervös, und die souveräne Gelassenheit des Engländers neben ihm

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