Der Schakal
über das für abgestellte Autobusse reservierte Areal zum Parkplatz des BEA-Personals hinüber, auf dem er seinen Wagen stehengelassen hatte. Er legte die Aktenmappe auf den Beifahrersitz des offenen Sportwagens, stieg ein und ließ den Motor an. Dicht an der Mauer des Terminals zu seiner Linken entlangfahrend, stoppte er nach wenigen Metern. Von hier aus konnte er, nach rechts blickend, die lange Reihe der unter den Arkaden wartenden Taxis übersehen. Der Däne bestieg das dritte Taxi. Gleich darauf scherte es aus der Reihe aus, bog in die Cromwell Road ein und entfernte sich in Richtung Knightsbridge. Der Sportwagen folgte ihm.Das Taxi setzte den ahnungslosen Pastor vor einem kleinen, aber behaglichen Hotel in der Half Moon Street ab, während der Sportwagen am Hoteleingang vorbeischoß und wenige Augenblicke später vor einer freien Parkuhr an der Ecke Curzon Street stoppte. Der Schakal verschloß die Aktenmappe im Kofferraum, kaufte sich beim Zeitungshändler am Shepherd Market die Mittagsausgabe des »Evening Standard« und betrat fünf Minuten später das Hotelfoyer. Er mußte fünfundzwanzig weitere Minuten warten, bis der Däne nach unten kam und seinen Zimmerschlüssel bei der Empfangsdame abgab. Als sie ihn an den Haken gehängt hatte, schwang der Schlüssel noch ein paar Sekunden lang hin und her, und der in einem der Armsessel des Foyers sitzende Mann, der, offenbar in Erwartung eines Freundes, seine Zeitung gesenkt hatte, als der Däne auf dem Weg ins Restaurant des Hotels an ihm vorüberging, merkte sich, daß der Schlüssel die Nummer 47 trug. Als sich die Empfangsdame ein paar Minuten später in das hinter der Rezeption gelegene Hotelbüro begab, um dort telephonisch Theaterkarten für einen Gast zu bestellen, schlich der Mann mit der dunklen Sonnenbrille rasch und unbemerkt die Treppe hinauf.
Ein etwa vier Zentimeter breiter Streifen flexiblen Glimmers erwies sich als ungeeignet zum öffnen der Tür von Zimmer Nr. 47. Mit Hilfe eines biegsamen kleinen Palettenmessers, das den Glimmerstreifen verstärkte, gelang der Trick dann aber doch, und die Schloßfeder sprang mit einem metallischen Klicken zurück. Da er lediglich zum Lunch hinuntergegangen war, hatte der Pastor seinen Paß auf dem Nachttisch zurückgelassen. Innerhalb von dreißig Sekunden war der Schakal wieder auf dem Korridor. Er hatte das Heft mit den Traveller- Schecks in der Hoffnung, daß die Behörden den Dänen unter Hinweis auf das Fehlen jeglicher Anzeichen eines Diebstahls davon zu überzeugen versuchen würden, daß er seinen Paß woanders verloren haben müsse, unberührt gelassen. Und genauso geschah es denn auch. Lange bevor der Däne seinen Kaffee ausgetrunken hatte, war der Engländer ungesehen entkommen, und erst sehr viel später am Nachmittag informierte der Däne nach gründlicher und ratloser Suche im ganzen Zimmer den Hotelmanager über den Verlust seines Passes. Der Hotelmanager durchsuchte das Zimmer ebenfalls und wandte, nachdem er eindringlich auf den Umstand verwiesen hatte, daß alles andere, einschließlich des Scheckheftes, an seinem Platz verblieben war, seine ganze Beredsamkeit auf, um dem Dänen klarzumachen, daß keinerlei Notwendigkeit bestehe, die Polizei in sein Hotel zu rufen, da er seinen Paß offenkundig irgendwoanders auf der Reise verloren habe. Der Däne, der ein freundlicher Mann und seiner Rechte auf ausländischem Boden nicht sonderlich sicher war, stimmte ihm wider besseres Wissen zu. Am Tag darauf meldete er seinem Generalkonsulat den Verlust, erhielt einen ersatzweise ausgestellten Reiseausweis, mit dem er nach Abschluß seines vierzehntägigen Aufenthalts in London die Rückreise nach Kopenhagen antreten konnte, und vergaß die Angelegenheit. Der Angestellte des Generalkonsulats, der ihm die Ersatzpapiere ausgehändigt hatte, machte den Verlust eines auf den Namen Per Jensen, Pastor an der Sankt Kjeldskirke in Kopenhagen, ausgestellten Reisepasses in Form eines entsprechenden Vermerks aktenkundig und vergaß dann die Angelegenheit ebenfalls. Das war am 14. Juli.
Zwei Tage später erlitt ein amerikanischer Student aus Syracuse im Staate New York den gleichen Verlust. Er war soeben im Transatlantik-Gebäude des Londoner Flughafens eingetroffen und hatte am Schalter des American Express seinen Paß vorgewiesen, um den ersten seiner Traveller-Schecks einzulösen. Das ausgezahlte Geld steckte er in eine Innentasche seiner Jacke und den Paß in einen mit einem Reißverschluß versehenen Beutel,
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