Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Schakal

Der Schakal

Titel: Der Schakal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
Vom Netzwerk:
Auge, die Nasenwurzel, die Oberlippe und das Kinn. Dann drehte er die Melone so, daß sich ihm das »Profil« des aufgemalten Kopfes bot, und erzielte mit den letzten sechs Schüssen Treffer in der Schläfengegend, der Ohrmuschel, der Wange, im Genick, im Unterkiefer und im Hinterkopf.
    Mit dem Gewehr zufrieden, merkte er sich die Position der Einstellschrauben des Teleskops, holte eine Tube Balsaholzzement aus der Tasche und spritzte die klebrige Flüssigkeit auf die beiden Schraubenköpfe und die sie unmittelbar umgebende Bakelitfläche. Eine halbe Stunde und zwei Zigarettenlängen später war der Zement hart geworden und die Optik, der Sehschärfe des Schakals entsprechend, genau auf eine Entfernung von hundertdreißig Meter eingestellt.
    Aus der anderen Brusttasche holte er das Explosivgeschoß hervor, wickelte es aus dem Seidenpapier und legte es in die Kammer ein. Er zielte mit besonderer Sorgfalt auf das rosa bemalte Zentrum der Melone und drückte ab.
    Als sich der blaue Rauch von der Mündung des Schalldämpfers verzogen hatte, lehnte der Schakal das Gewehr an den Baumstamm und ging zum aufgehängten Einkaufsnetz hinüber. Schlaff und fast leer hing es von dem Baum herab, dessen Borke von Einschüssen durchsiebt war. Die Melone, die von zwanzig Bleikugeln getroffen worden war, ohne dabei ihre Form zu verlieren, war jetzt zerplatzt. Teile waren durch die Maschen des Einkaufsnetzes gepreßt worden und lagen jetzt verstreut im Gras umher. Ihr Saft und ihre Kerne troffen von der Baumrinde herab. Die restlichen Klumpen ihres Fruchtfleisches klebten im unteren Teil des Einkaufsnetzes, das wie ein erschöpftes Skrotum vom Griff des Jagdmessers herabhing.
    Er nahm das Netz und warf es in ein nahes Gebüsch. Daß es einmal als Ziel gedient hatte, war den zerfetzten Fruchtfleischresten, die es enthielt, nicht anzusehen. Der Schakal riß das Messer aus der Borke und steckte es in das Lederfutteral zurück. Dann nahm er sein Gewehr auf und schlenderte zum Wagen.
    Dort umwickelte er alle Einzelteile wieder sorgfältig mit Schaumgummi, bevor er sie zusammen mit den Stiefeln, den Wollsocken, dem Hemd und der Drillichhose in den Rucksack packte. Er zog sich die Stadtkleidung an, schloß den Rucksack im Kofferraum ein und aß gemächlich die mitgebrachten Sandwiches zum Lunch.
    Als er satt war, steuerte er den Wagen im Rückwärtsgang aus dem Waldpfad heraus, fuhr den Weg, der zur Straße führte, hinunter und bog dann nach links in Richtung Bastogne, Namur und Brüssel ein. Kurz nach 18 Uhr war er wieder im Hotel, und nachdem er den Rucksack auf seinem Zimmer deponiert hatte, ging er noch einmal in die Halle hinunter, um beim Empfangschef die Rechnung für den Leihwagen zu begleichen. Dann verbrachte er eine Stunde damit, das Gewehr sorgfältig zu reinigen und zu ölen. Den Koffer, in den er die Einzelteile legte, schloß er wieder im Garderobenschrank ein. Später am gleichen Abend - er hatte inzwischen gebadet und diniert - warf er den Rucksack, das restliche Bindfadenknäuel und diverse Schaumgummistreifen in eine städtische Mülltonne und zwanzig leere Patronenhülsen in ein Gully.
    Am selben Montag, dem 5. August, fand sich Kowalsky wiederum auf dem Hauptpostamt in Rom ein und erbat die Hilfe eines französisch sprechenden Beamten. Diesmal ging es ihm um einen Anruf beim Alitalia-Auskunftsschalter, wo er die Abflugzeiten der in dieser Woche zwischen Rom und Marseille verkehrenden Maschinen zu erfahren wünschte. Wie sich herausstellte, war es für den Montagflug bereits zu spät, denn die Maschine startete in einer Stunde vom Flughafen Fiumicino, und ihm blieb nicht mehr genügend Zeit, um sie noch zu erreichen. Der nächste Direktflug fand am Mittwoch statt. Nein, andere Gesellschaften, die Marseille direkt anflogen, gab es nicht. Dann also den Mittwochflug? Gewiß. Abflug um 11 Uhr 15, Ankunft in Marseille auf dem Flughafen Marignane kurz nach 12 Uhr. Rückflug am Donnerstag. Eine Person? Hin und Rückflug? Gewiß, und der Name? Kowalsky nannte den Namen, auf den die Papiere, die er bei sich trug, ausgestellt waren.
    Er wurde aufgefordert, sich am Mittwoch eine Stunde vor Abflug am Alitalia-Schalter in Fiumicino einzufinden. Als der Postbeamte den Hörer auflegte, nahm Kowalsky die abholbereiten Briefe entgegen, schloß sie in sein Stahletui und ging ins Hotel zurück.
    Am nächsten Vormittag traf der Schakal ein letztesmal mit Goossens zusammen. Er rief ihn vor dem Frühstück an, und der Büchsenmacher schätzte

Weitere Kostenlose Bücher