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Der Schakal

Der Schakal

Titel: Der Schakal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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ab. Auf dem Londoner Flughafen wurde einer seiner Koffer, der ohnehin nichts enthielt, was er hätte verbergen müssen, oberflächlich durchsucht. Gegen 19 Uhr duschte er in seiner Wohnung, und anschließend ging er auswärts essen.

ACHTES KAPITEL
    Es war Kowalskys Pech, daß es am Mittwochvormittag auf dem Postamt keine Telephonanrufe zu erledigen gab; wäre dies der Fall gewesen, hätte er seine Maschine verpaßt. Die Post wartete schon auf ihn, und er legte die fünf Briefe in sein an das Handgelenk gekettete Stahletui, ließ es zuschnappen und begab sich eilig auf den Rückweg zum Hotel. Um halb zehn hatte er Oberst Rodin die Post übergeben und war bis zur nächsten Wache, die er um 19 Uhr auf dem Hoteldach übernehmen sollte, dienstfrei.
    Normalerweise würde er sich für ein paar Stunden schlafen gelegt haben, aber er ging nur auf sein Zimmer, um sich seinen Colt 45, den auf der Straße zu tragen Rodin ihm nie erlaubt haben würde, in den Achselhafter zu stecken. Wenn seine Anzuggröße auch nur einigermaßen passend gewesen wäre, hätte man ihm auf hundert Meter Entfernung angesehen, daß er eine Pistole unter der Achsel trug; aber seine Kleidung saß so schlecht, wie sie selbst ein drittklassiger Schneider nicht anzufertigen vermocht hätte, und trotz seiner Unförmigkeit hingen seine Anzüge wie Säcke an ihm herunter. Er steckte die Leukoplastrolle und die Baskenmütze, die er am Tag zuvor erstanden hatte, in seine Jackentasche, das Päckchen 10­ Lire und Francsscheine, das seine Ersparnisse des letzten halben Jahres darstellte, in die andere und schloß die Tür hinter sich.
    Der Wachhabende am Empfangstisch blickte auf.
    »Jetzt wollen die da oben, daß ich telephonieren gehe«, sagte Kowalsky und wies mit dem Daumen zur Decke hinauf. Der Wachhabende sagte nichts, behielt ihn aber im Auge, bis der Fahrstuhl kam und Kowalksy einstieg. In der nächsten Minute war er auf der Straße und setzte sich seine dunkle Sonnenbrille auf.
    Der Mann, der im gegenüberliegenden Café die Zeitschrift »Oggi« las, ließ das Blatt ein paar Millimeter sinken und beobachtete den Polen, der nach einem Taxi Ausschau hielt, durch seine dunklen Sonnengläser. Als kein Taxi kam, ging Kowalsky zur nächsten Straßenecke. Der Mann mit dem Magazin verließ die Cafeterrasse und stellte sich an den Straßenrand. Ein kleiner Fiat steuerte aus einer Reihe weiter die Straße hinauf geparkter Wagen und hielt ihm gegenüber auf der anderen Seite der Straße. Er stieg ein, und der Fiat folgte Kowalsky im Schrittempo. An der Ecke hielt Kowalsky ein Taxi an.
    »Fiumicino«, sagte er dem Fahrer.
    Auf dem Flughafen folgte ihm der SDECE-Mann unauffällig und behielt ihn im Auge, als er an den Alitalia-Schalter trat, sein Ticket in bar bezahlte und der jungen Dame erklärte, er habe keinen Koffer und kein Handgepäck bei sich. Man sagte ihm, daß die Passagiere für den Flug nach Marseille in einer Stunde und fünf Minuten aufgerufen werden würden. Der Ex-Legionär schlenderte in die Cafeteria hinüber, bestellte sich an der Theke eine Tasse Kaffee und trug sie zu einem Platz an dem großen Fenster hinüber, von wo aus er die Maschinen landen und starten sehen konnte. Er liebte Flughäfen, obwohl er nicht verstand, wie sie funktionierten. Die meiste Zeit seines Lebens hindurch war das Motorengeräusch von Flugzeugen für ihn gleichbedeutend mit deutschen Messerschmitts, russischen Stormoviks oder amerikanischen Fliegenden Festungen gewesen. Später hatte es Luftunterstützung durch die B-26 oder Skyraiders in Indochina, Mystères oder Fougas in Algerien bedeutet. Aber er liebte es, die Maschinen auf zivilen Flughäfen mit gedrosselten Triebwerken wie große silberne Vögel einschweben und unmittelbar vor dem Aufsetzen wie an unsichtbaren Fäden in der Luft hängend zu sehen. Obgleich er ein scheuer und im Umgang mit Menschen unbeholfener Mann war, fand er es erregend, die unaufhörliche Geschäftigkeit des Lebens und Treibens auf Flughäfen zu beobachten. Vielleicht hätte er, wenn alles anders gekommen wäre, auf einem Flughafen arbeiten können. Aber er war, was er geworden war, und jetzt gab es kein Zurück mehr. Seine Gedanken wanderten zu Sylvie, und seine zusammengewachsenen dichten Brauen runzelten sich zu einem einzigen Gestrüpp, das seinen Blick verfinsterte. Es war nicht recht, sagte er sich, daß sie sterben sollte, während all die verräterischen Hunde in Paris weiterlebten. Oberst Rodin hatte ihm davon erzählt, wie sie

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