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Der Schakal

Der Schakal

Titel: Der Schakal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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lassen würde. Er würde die Sache mit Sylvie nicht verstehen, und Kowalsky wußte, daß er sie ihm nicht erklären könnte. Er konnte nie etwas mit Worten erklären. Er seufzte tief, als er am Montagmorgen in aller Frühe aufstand, um die Wache abzulösen. Der Gedanke, daß er sich zum erstenmal in seinem Leben als Legionär unerlaubt von der Truppe entfernen würde, beunruhigte ihn außerordentlich.
    Der Schakal stand zur gleichen Zeit auf. Er duschte und rasierte sich und machte sich anschließend über das ausgezeichnete Frühstück her, das auf einem Tablett neben seinem Bett stand. Dann holte er den Koffer mit dem zerlegten Gewehr aus dem Schrank und umwickelte jedes Einzelteil sorgfältig mit mehreren Lagen Schaumgummi, um die er eine Schnur band. Die Pakete kamen zuunterst in seinen Rucksack, darüber packte er die Farbtöpfe und Pinsel, die Drillichhose und das Holzfällerhemd, die Socken und die Stiefel. Das Einholnetz verstaute er in einer der äußeren Taschen des Rucksacks, die Patronen in der anderen.
    Er wählte eines seiner üblichen gestreiften Hemden, wie sie 1963 Mode waren, und entschied sich für einen taubengrauen leichten Sommeranzug und schwarze Mokassins von Gucci. Eine gestrickte schwarze Krawatte vervollständigte das Ensemble. Den Rucksack in der Linken tragend, ging er zu seinem auf dem Parkplatz des Hotels abgestellten Wagen hinunter und schloß ihn im Kofferraum ein. An der Rezeption ließ er sich das Lunchpaket aushändigen, nickte dem Empfangschef, der ihm eine gute Fahrt wünschte, freundlich zu und verließ das Hotel. Um 9 Uhr hatte er Brüssel hinter sich gelassen und jagte auf der alten E 40 in Richtung Namur. Die strahlende Sonne, unter der sich das flache Land ringsum zu erwärmen begann, ließ bereits erkennen, daß es ein brennendheißer Tag werden würde. Auf seiner Straßenkarte war die Entfernung bis Bastogne mit vierundneunzig Meilen angegeben, und er würde noch ein paar weitere Meilen fahren müssen, um südlich der kleinen Stadt in den Hügeln und Wäldern einen geeigneten Platz zu finden. Er schätzte, daß er die hundert Meilen bis zum Mittag spielend geschafft haben würde, und drehte den Simca-Aronde kräftig auf, als er ihn in der wallonischen Ebene neuerlich in eine lange, flache Gerade lenkte.
    Noch bevor die Sonne ihren Höchststand erreichte, hatte er Namur und Marche durchfahren und näherte sich Bastogne. Hinter der kleinen Stadt, die 1944 von General von Manteuffels Tiger-Panzern zerschossen worden war, bog er in die nach Süden in eine zunehmend hügelige Landschaft führende Straße ein. Der Wald wurde dichter, die kurvige Straße immer häufiger von großen Ulmen und Buchen verdunkelt und schließlich nur noch selten von einzelnen zwischen den Bäumen einfallenden Sonnenstrahlen zerschnitten.
    Etwa sieben Kilometer hinter Bastogne fand der Schakal einen schmalen Weg, der in den Wald führte, und nach weiteren anderthalb Kilometern einen vom Weg abzweigenden Pfad, der sich im Waldinneren verlor. Er bog in ihn ein und brachte den Wagen nach ein paar Metern hinter dichtem Buschwerk zum Halten. Er rauchte eine Zigarette und lauschte dem Ticken des abkühlenden Motors, dem Windhauch, der in den oberen Ästen spielte, und dem entfernten Gurren einer Wildtaube.
    Schließlich stieg er aus, öffnete den Kofferraum und legte den Rucksack auf die Kühlerhaube. Stück für Stück wechselte er die Kleidung, legte den makellosen taubengrauen Anzug sorgfältig zusammengefaltet auf den Rücksitz und schlüpfte in die Drillichhose. Er fand es warm genug, ohne Jacke zu gehen, und er vertauschte Hemd und Krawatte mit dem Holzfällerhemd. Zuletzt entledigte er sich seiner eleganten Stadtschuhe und Socken, zog die Wollstrümpfe an und schlüpfte in die kurzen Stiefel, in die er die Aufschläge seiner Drillichhose steckte.
    Dann packte er die Einzelteile des Gewehrs aus und setzte es Stück für Stück zusammen. Den Schalldämpfer steckte er in eine Hosentasche, das Zielfernrohr in die andere. Er entnahm der Munitionsschachtel zwölf Patronen und ließ sie in die linke Brusttasche seines Hemdes gleiten, das noch immer in Seidenpapier gewickelte einzelne Explosivgeschoß in die rechte. Als das Gewehr zusammengesetzt war, legte er es auf die Kühlerhaube und holte die Melone aus dem Kofferraum, die er, bevor er am Abend zuvor in sein Hotel zurückgekehrt war, an einem Obststand gekauft und über Nacht im Wagen gelassen hatte. Er verschloß den Kofferraum, steckte die Melone

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