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Der Schakal

Der Schakal

Titel: Der Schakal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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23.
    Der Mann, der unmittelbar vor ihm stand, taumelte unter dem Anprall zurück. Die anderen drängten von hinten nach und versuchten, ihn am Kragen und am Jackett zu packen. In die Wohnung vorgedrungen, zog er den Colt aus dem Achselhalfter, drehte sich auf dem Absatz um und feuerte in Richtung auf die Tür. Im gleichen Augenblick traf ihn ein heftiger Schlag am Handgelenk, und der Schuß wurde nach unten verrissen. Die Kugel zerschmetterte die Kniescheibe eines seiner Gegner, der mit einem schmerzerfüllten Schrei zu Boden ging. Aber nachdem ein weiterer Schlag auf das Handgelenk Kowalskys Finger gefühllos gemacht hatte, wurde ihm die Waffe entrissen. In der nächsten Sekunde warfen sich die fünf Männer auf den Polen und überwältigten ihn. Der Kampf hatte drei Minuten gedauert. Später erklärte ein Arzt, Kowalsky müsse von unzähligen Schlägen mit den lederumwickelten Knüppeln am Kopf getroffen worden sein, bevor er schließlich das Bewußtsein verlor. Ein abprallender Schlag hatte ihm ein Stück Ohr weggerissen, sein Nasenbein war gebrochen und sein Gesicht eine einzige blutige, verschwollene Masse.
    Keuchend und fluchend umstanden die drei Sieger den reglos auf dem Boden liegenden riesigen Körper. Der Mann mit dem Beinschuß saß mit wachsbleichem Gesicht, die blutverschmierten Hände an sein zerschmettertes Knie gepreßt, zusammengesunken neben der Tür an der Wand, während seine schmerzverzerrten, weißen Lippen unaufhörlich Obszönitäten ausstießen. Ein anderer wiegte sich, auf den Knien hockend, langsam hin und her wie ein Jude vor der Klagemauer und bohrte seine Hände tief in seine von Kowalskys gezieltem Fußtritt getroffene Lendengegend. Der letzte Verwundete lag mit dem Gesicht nach unten neben dem Polen auf dem Teppich. Eine blutunterlaufene Prellung an seiner linken Schläfe zeigte an, wo Kowalsky einen seiner wuchtigen Schwinger gelandet hatte.
    Der Anführer der Gruppe drehte den Polen auf den Rücken und hob sein geschlossenes Augenlid. Dann ging er zum Telephon hinüber, drehte eine Ortsnummer und wartete.
    »Wir haben ihn«, sagte er, noch immer schwer atmend, als sich die Dienststelle meldete.
    »Widerstand? Und ob er Widerstand geleistet hat! Einen Schuß hat er abgegeben, Guerinis Kniescheibe ist hinüber. Capetti hat einen Tritt in die Eier bekommen, und Vissart ist noch bewußtlos… Was? Ja, der Pole lebt. Das war doch die Anweisung, oder? Sonst hätte er nicht so viel Unheil anrichten können… Na ja, verletzt ist er schon. Weiß ich nicht, er ist bewußtlos… Hör mal, wir brauchen keine grüne Minna, sondern zwei oder drei Krankenwagen. Und zwar rasch.«
    Er schmetterte den Hörer auf die Gabel und murmelte ein offenbar der Welt im allgemeinen geltendes »Cons«. Im ganzen Zimmer verstreut lagen die Trümmer zerschlagener Möbelstücke umher. Sie hatten allesamt angenommen, daß der Pole draußen im Hausflur zu Boden gehen würde. Kein einziges Möbelstück war vorsorglich aus dem Weg geräumt und in das Nebenzimmer geschafft worden. Er selbst war mit voller Wucht von einem Lehnsessel, den Kowalsky mit einer Hand geschleudert hatte, am Brustkorb getroffen worden, und die Stelle schmerzte auch jetzt noch höllisch. Verdammter Pole, dachte er, die Scheißkerle in der Präfektur hatten ihm kein Wort davon gesagt, was für ein Bursche das war.
    Eine Viertelstunde später fuhren zwei Citröen-Krankenwagen vor, und der Arzt kam herauf. Er verbrachte fünf Minuten damit, Kowalsky zu untersuchen. Schließlich schob er dem Bewußtlosen einen Ärmel hoch und gab ihm eine Spritze. Als die beiden Krankenträger mit dem riesigen Polen auf der Bahre zum Aufzug stolperten, wandte sich der Arzt dem verwundeten Korsen zu, der ihn, inmitten seiner Blutpfütze an der Wand hockend, mit finsterer Miene anblickte.
    Er zog dem Mann die Hände vom Knie weg und stieß einen leisen Pfiff aus.
    »Morphium, und ab ins Hospital. Ich gebe Ihnen eine Knockout-Spritze. Weiter kann ich hier nichts für Sie tun. Auf jeden Fall ist Ihre Laufbahn beendet. Sie werden sich einen anderen Beruf zulegen müssen, mon petit.«
    Guerini stieß einen Schwall obszöner Verwünschungen aus, als ihm die Injektionsnadel unter die Haut fuhr.
    Vissart hatte sich aufgesetzt und hielt sich den Kopf. Capetti war jetzt wieder auf die Beine gekommen und lehnte sich röchelnd gegen die Wand. Zwei seiner Kollegen griffen ihm unter die Achseln und führten den Humpelnden in den Treppenhausflur hinaus. Der Anführer der Gruppe

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