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Der Schakal

Der Schakal

Titel: Der Schakal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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dienstältesten Kollegen.
    »Was die wohl von ihm wollen«, sagte einer.
    »Sah ziemlich finster aus, der Bursche«, meinte ein zweiter.
    - »Er wird noch ganz anders aussehen, wenn die Brüder mit ihm fertig sind«, sagte ein dritter und deutete auf das hinter ihnen gelegene Büro.
    »Los, geht wieder an die Arbeit«, unterbrach sie der ältere Beamte. »Unsere Pflicht fürs Vaterland haben wir heute getan.«
    - »Für Charles den Großen, meinst du wohl«, entgegnete der erste, als die Gruppe sich auflöste, und murmelte leise: »Wenn er doch nur verrecken würde.«
    Es war Mittagszeit, als der Bus schließlich vor dem Air-France-Gebäude im Zentrum der Stadt hielt, und zu dieser Stunde sogar noch heißer als in Rom. Die Augusthitze lastete wie eine Krankheit auf der Stadt, kroch in jede Fiber des Körpers, raubte ihm die Kraft und Energie, irgend etwas anderes tun zu wollen, als bei geschlossen Jalousien mit auf vollen Touren gestelltem Ventilator in einem kühlen Zimmer zu liegen.
    Selbst die Cannebière, sonst die unermüdlich pulsierende Verkehrsader der Stadt, war wie ausgestorben. Kowalsky brauchte eine halbe Stunde, um ein Taxi zu finden; die meisten Fahrer hatten ihre Wagen irgendwo im Schatten abgestellt und hielten Siesta.
    Die Adresse, die Jo-Jo ihm genannt hatte, gab ein an der in Richtung Cassis aus der Stadt hinausführenden Hauptstraße gelegenes Haus an. Auf der Avenue de la Libération bat er den Fahrer, ihn abzusetzen, weil er das letzte Stück zu Fuß gehen wollte. Dem »Si vous voulez« des Taxifahrers war deutlich anzumerken, was er von Ausländern hielt, die bei dieser Hitze mehr als fünf Meter zu Fuß gingen, obwohl ihnen ein Wagen zur Verfügung stand.
    Kowalsky sah dem in die Stadt zurückfahrenden Taxi nach, bis es aus der Sicht entschwunden war, und machte sich auf den Weg. Er fand die Seitenstraße, die ihm von einem auf der Terrasse be-dienenden Caféhauskellner, den er im Vorbeigehen befragt hatte, genannt worden war, sehr rasch. Der Wohnblock sah ziemlich neu aus, und Kowalsky dachte, daß sich das Geschäft mit dem fahrbaren Erfrischungsstand auf dem Bahnsteig für die Jo-Jos gut entwickelt haben mußte. Vielleicht hatten sie den Kiosk bekommen, mit dem Madame Jo-Jo seit Jahren liebäugelte. Das würde die Verbesserung ihres Lebensstandards hinreichend erklären. Und für die kleine Sylvie war es in jedem Fall besser, in dieser Wohngegend aufzuwachsen als in der Nähe der Docks. Bei dem Gedanken an seine Tochter und die unsinnige Überlegung, die er ihretwegen soeben angestellt hatte, blieb er am Fuß der Treppe, die zu dem Wohnblock hinaufführte, stehen. Was hatte Jo-Jo am Telephon gesagt - eine Woche? Vielleicht vierzehn Tage? Das war doch nicht möglich!
    Er rannte die Treppe hinauf und las die Namensschilder an den Briefkästen, die in doppelter Reihe an der linken Wand der Eingangshalle befestigt waren. Auf einem Schild stand »Grzybowski, Apartment 23«. Er beschloß, nicht auf den Aufzug zu warten, denn die Wohnung lag im zweiten Stock.
    An der Tür zum Apartment 23 befand sich eine kleine weiße Karte, die in ein für das Namensschild vorgesehenes Rähmchen gesteckt war. In Schreibmaschinenschrift stand »Grzybowski« darauf. Die Tür war am Ende des Korridors und wurde von den Türen der Apartments 22 und 24 flankiert. Kowalsky klingelte. Die Tür öffnete sich, und aus dem Spalt heraus fuhr der Griff einer Spitzhacke auf seinen Schädel nieder. Der Schlag riß ihm die Haut auf, prallte jedoch mit einem dumpfen Knall von seiner Schädeldecke ab. Gleichzeitig wurden zu beiden Seiten des Polen die Türen der angrenzenden Apartments 22 und 24 aufgerissen, aus denen eine Anzahl Männer herausstürzte. Alles das spielte sich in Bruchteilen von Sekunden ab. Kowalsky sah rot. Obschon seine Reaktionsfähigkeit sonst nicht die schnellste war, gab es eine Technik, die er wie kein zweiter beherrschte - die des Kämpfens.
    In der räumlichen Enge des Korridors war ihm aber weder seine Körpergröße noch seine überlegene Kraft von Vorteil. Seine Größe hatte lediglich verhindert, daß der niedersausende Stiel der Spitzhacke die beabsichtigte volle Wucht erreichte, bevor er seinen Kopf traf. Durch das Blut, das ihm über die Augen lief, sah er, daß vor ihm in der Tür zwei Männer standen und zwei weitere auf jeder Seite. Er brauchte Raum, um sich Bewegungsfreiheit zum Kämpfen zu verschaffen, und stürmte, mit angewinkelten Ellbogen Stöße austeilend, vorwärts in das Apartment

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