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Der Schakal

Der Schakal

Titel: Der Schakal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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begann. Die Antworten standen auf der nächsten, jeweils mit einem »A« gekennzeichneten Zeile. Sie waren wirr, teilweise unverständlich und machten überall dort, wo sie keinerlei Sinn ergaben, den ausgiebigen Gebrauch von Gedankenstrichen erforderlich.
    Es war fast Mitternacht, als die drei Männer ihre Arbeit beendet hatten. Müde und zerschlagen standen sie auf, und jeder von ihnen reckte sich in der ihm eigenen Weise, um die schmerzenden Muskeln zu entspannen. Einer der drei griff zum Telephon, verlangte eine Amtsleitung und wählte eine Ortsnummer. Ein anderer spulte das Band auf die ursprüngliche Rolle zurück, während der Schreiber die letzten Blätter aus der Maschine nahm, die Durchschläge aussortierte und die angehäuften Papiere in drei nach Seitenzahlen geordnete Exemplare des Geständnisses trennte. Das Original des Protokolls war für Oberst Rolland bestimmt, eine Kopie für die Akten und die zweite zur Anfertigung von zusätzlichen Photokopien für Abteilungsleiter, falls der Oberst anordnete, daß sie von dem Inhalt des Protokolls in Kenntnis gesetzt werden sollten.
    Der Anruf erreichte Oberst Rolland in dem Restaurant, in dem er mit Freunden und deren Ehefrauen zu Abend gegessen hatte. Wie stets waren die Komplimente, die der unverheiratete elegante Staatsbeamte den anwesenden Damen gemacht hatte, wenn schon nicht von ihren Männern, so doch von ihnen selbst ungemein freundlich aufgenommen worden. Als der Kellner ihn ans Telephon rief, entschuldigte er sich und verließ den Tisch. Das Telephon stand auf der Theke. Der Oberst sagte nur »Rolland« und wartete, bis der Anrufer sich identifiziert hatte.
    Rolland seinerseits tat dies ebenfalls, indem er in den ersten Satz der Unterhaltung das vereinbarte Kennwort einflocht. Ein Zuhörer würde erfahren haben, daß Oberst Rollands Wagen repariert sei und jederzeit von ihm abgeholt werden könne. Oberst Rolland dankte seinem Informanten und kehrte an den Tisch zurück. Nach fünf Minuten entschuldigte er sich wortreich, daß ihn morgen ein arbeitsreicher Tag erwarte und er daher seinen Schlaf benötige. Er verabschiedete sich aufs liebenswürdigste und saß wenig später in seinem Wagen, um ihn in raschem Tempo durch die noch immer belebten Straßen in das um diese Zeit stillere Quartier der Porte des Lilas zu fahren. Kurz nach l Uhr morgens war er in seinem Büro, zog sich sein untadeliges dunkles Jackett aus, bestellte Kaffee beim Nachtdienst und klingelte nach seinem Assistenten.
    Das Original der Niederschrift von Kowalskys Geständnis wurde ihm zugleich mit dem Kaffee gebracht. Zunächst las er das sechsundzwanzigseitige Dossier rasch durch und versuchte dabei, das Wesentliche dessen, was der geistesverwirrte Ex-Legionär gesagt hatte, sogleich zu erfassen. Etwa in der Mitte des Protokolls fiel ihm irgend etwas auf, was ihn die Brauen runzeln ließ, aber er las ohne Unterbrechung weiter bis zum Ende.
    Die zweite Durchsicht erfolgte langsamer und sorgfältiger, wobei er jedem einzelnen Satz größere Aufmerksamkeit zuteil werden ließ. Beim drittenmal nahm er einen schwarzen Filzstift zur Hand und zog einen dicken Strich durch alle Passagen, die sich auf Sylvie, Leuko oder Leukä-irgendwas, Indochina, Algerien, Jo-Jo, Kovacs, Korsen, Hunde und die Legion bezogen. Sie alle verstand er, und sie interessierten ihn nicht.
    Das wirre Gestammel betraf zumeist Sylvie, zum Teil auch eine Frau namens Julie, und beides war für Rolland bedeutungslos. Als er alles das gestrichen hatte, war der Umfang der Aufzeichnung auf etwa sechs Seiten zusammengeschmolzen, und Rolland versuchte, aus den verbleibenden Passagen einen Sinn herauszulesen. Da war Rom. Die drei Führer waren in Rom. Nun, das wußte er ohnehin. Aber warum? Diese Frage war achtmal gestellt worden. Die Antwort hatte immer gleich gelautet. Sie wollten nicht gekidnappt werden wie im Februar Argoud. Einleuchtend genug, dachte Rolland. Hatte er mit der ganzen Kowalsky-Aktion nur seine Zeit verschwendet? Es gab da ein Wort, das der Legionär zweimal erwähnt oder vielmehr undeutlich gemurmelt hatte, als er auf diese acht gleichlautenden Fragen antwortete. Das Wort war »geheim« oder »Geheimnis«. Das Adjektiv? Ihre Anwesenheit in Rom war alles andere als geheim. Oder hatte er das Substantiv gebraucht? Was für ein Geheimnis?
    Oberst Rolland las die Niederschrift zum zehntenmal durch und begann dann nochmals von vorn. Die drei OAS-Bosse waren in Rom. Sie wollten nicht gekidnappt werden, weil sie ein

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