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Der Schakal

Der Schakal

Titel: Der Schakal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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verstehen das leider ganz und gar nicht. Und die kennen nichts, die machen nur immer weiter, immer weiter… Wirst du es uns jetzt erzählen, Viktor? Was tun die da in dem Hotel in Rom? Worauf warten sie?«
    Der auf die Brust herabgesunkene große Kopf schwankte langsam von einer Seite zur anderen. Es war, als musterten die geschlossenen Augen erst die eine, dann die andere der beiden an seinen Brustwarzen befestigten kleinen kupfernen Elektroden und schließlich die einzelne größere, deren gezackte Zähne sein Glied von beiden Seiten an der Eichel umfaßten. Die Hände des Mannes, der gesprochen hatte, lagen schlank, weiß und friedlich vor ihm in dem Lichtstreifen, der von der Lampe her seitlich auf den Tisch fiel. Der Mann wartete noch ein wenig länger. Die Hände trennten sich voneinander, und nur die Rechte blieb, den Daumen gegen die Handfläche gedrückt, vier Finger gespreizt, auf dem Tisch liegen.
    Am äußeren Ende der Tischplatte schob die Hand des am elektrischen Schalter sitzenden Mannes den Messinghebel auf der Skala von Ziffer zwei auf Ziffer vier und nahm den Schalterknopf zwischen Daumen und Zeigefinger.
    Jetzt krümmte die weiter zur Mitte der langen Tischplatte verbliebene Hand die vier bislang gespreizten Finger und hob und senkte dann einmal den Zeigefinger. Der elektrische Strom wurde eingeschaltet.
    Mit leisem Summen schienen die an dem gefesselten Mann befestigten und durch Drähte mit dem Schalter verbundenen kleinen Elektroden zum Leben zu erwachen. Der riesige Körper auf dem Stuhl bäumte sich wie durch Lévitation auf, und die Beine und Handgelenke spannten sich gegen die Riemen, bis es schien, als schneide das Leder ungeachtet der Polsterung durch Fleisch und Knochen. Der Mund öffnete sich wie in fassungslosem Staunen, und es dauerte eine halbe Sekunde, bis der Schrei über die Lippen kam, der dann zu einem Schreien wurde und nicht mehr aufhören wollte…
    Um 16 Uhr 10 war Viktor Kowalskys Widerstand gebrochen, und das Tonbandgerät begann zu laufen.
    Als er zu sprechen oder vielmehr unzusammenhängend zu stammeln anfing, unterbrach ihn die ruhige Stimme des Mannes hinter dem Tisch mit hartnäckiger Eindringlichkeit:
    »Warum sind sie dort in dem Hotel, Viktor - Rodin, Montclair, Casson? Wovor haben sie Angst…? Wo sind sie gewesen? Wen haben sie gesehen? Und warum sehen sie niemanden, Viktor? Sag uns das, Viktor. Warum Rom? Und vor Rom - warum Wien? Wo in Wien? In welchem Hotel? Warum waren sie dort, Viktor…?«
    Als Kowalsky nach fünfzig Minuten schließlich verstummte, fuhr die Stimme noch eine kurze Zeitlang fort, ihm Fragen zu stellen, bis es sich erwies, daß keine Antworten mehr kommen würden. Der Mann gab seinen Untergebenen ein Zeichen, und das Verhör war beendet.
    Das Band wurde aus der Spule genommen und mit einem schnellen Wagen zum Hauptquartier des Aktionsdienstes nach Paris gebracht.
    Der strahlende Nachmittag, der die Pariser Bürgersteige erwärmt hatte, ging in eine goldfarbene Dämmerung über, und um 21 Uhr wurde die Straßenbeleuchtung eingeschaltet. An den Ufern der Seine schlenderten wie an allen Sommerabenden Hand in Hand die Liebespaare, und von den Cafeterrassen an den Quais klang Stimmengewirr und Gläserklirren herüber. Von dergleichen sommerlichen Unbeschwertheit war in einem engen Büro des Aktionsdienstes nahe der Porte des Lilas nichts zu spüren. Drei Männer saßen dort um ein Tonbandgerät herum, das auf einem Tisch stand. Einer von ihnen stellte das Gerät auf Weisung eines zweiten wieder und wieder auf »playback« oder »Rückspulen« und dann neuerlich auf »playback«. Der zweite Mann hatte sich Kopfhörer aufgesetzt und lauschte mit vor Anstrengung gerunzelten Brauen dem Wirrwarr von Lauten und Geräuschen, das aus dem Kopfhörer drang. Eine Zigarette, deren Rauch seine Augen tränen machte, zwischen den Lippen, gab er dem Mann am Tonbandgerät ein Fingerzeichen, sobald er eine Passage nochmals hören wollte. Zuweilen lauschte er einer Zehntelsekundenpassage ein halbes dutzendmal, bevor er den anderen aufforderte, das Tonband weiterlaufen zu lassen.
    Der dritte, ein jüngerer blonder Mann, saß an einer Schreibmaschine und wartete auf das Diktat. Die Fragen, die in dem Keller unter der Festung gestellt worden waren, kamen klar und deutlich über den Kopfhörer. Die Antworten waren zusammenhangloser. Der Schreiber tippte die Aufzeichnung wie ein Interview, wobei die Fragen stets auf eine neue Zeile kamen, die mit dem Buchstaben »F«

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