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Der Schatten des Chamaeleons

Titel: Der Schatten des Chamaeleons Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minette Walters Mechtild Sandberg-Ciletti
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wenn ich es nicht tue.«
    Jones betrachtete ihn amüsiert. »Es ist auf jeden Fall ungewöhnlich, dass jemand vor einem Gespräch mit uns keine Nerven zeigt. Haben Sie überhaupt keinen Grund, sich schuldig zu fühlen, Charles? Dann sind Sie eine Rarität.«
    »Keinen, der Sie etwas anginge.«
    »Tatsächlich?« Jones schlug gemächlich die Beine übereinander und blätterte demonstrativ in einem Notizblock, den er aus der Tasche zog. »Wieso stoßen wir dann bei diesen Ermittlungen immer wieder auf Ihren Namen? Man hat uns erzählt, dass Sie letztes Jahr ein paar Mal hier in diesem Pub waren. Ist das richtig?«
    »Ja.«
    »Sie haben immer allein gesessen und jedem, der versucht hat, mit Ihnen ins Gespräch zu kommen, die kalte Schulter gezeigt.« In der Stimme des Superintendent schwang ein wertender Unterton. »Das lässt vermuten, dass Sie schon vor Ihrem Einsatz im Irak ein Menschenfeind waren.«
    »Wenn Sie so wollen.«
    »Das bringt mich nun wirklich durcheinander. Warum erzählt uns Dr. Campbell, erst Ihre Entstellung habe Sie Menschen gegenüber misstrauisch gemacht?«

    »Sie kann das gar nicht wissen. Sie hat mich erst nach der Operation kennengelernt.«
    »Sie sagte, Ihr Vorgesetzter beim Militär habe Sie als umgänglich und aufgeschlossen beschrieben. Bis zu dem Unfall.«
    »Er war ein guter Mann. Ich habe mich gut mit ihm verstanden.« Acland gab seine starre Haltung auf und stützte sich mit der flachen Hand an die Wand. »Und der Angriff auf meinen Scimitar war kein Unfall, Superintendent. Es war ein gezielter Anschlag, bei dem zwei meiner Leute ums Leben kamen.«
    »Entschuldigen Sie«, sagte Jones sofort. »Es war nicht meine Absicht, die Geschehnisse zu bagatellisieren. Von einem Unfall zu sprechen, würde unterstellen, dass zwei tapfere Männer infolge Fahrlässigkeit ihr Leben verloren.« Er sah Acland in die Augen. »Und das wäre ganz sicher ein Grund für Schuldgefühle.«
    Acland wich seinem Blick nicht aus. »Sie wissen nicht einmal, was Tapferkeit ist.«
    »Dann sagen Sie es mir.«
    Doch Acland schüttelte den Kopf.
    »Geht es darum zu beweisen, dass man die größeren Eier hat? Haben Sie deshalb Dr. Jackson heute Abend ins Lenkrad gegriffen? Weil Sie sehen wollten, was für ein Kaliber sie ist?«
    Ein Funke - eine Bestätigung, dass Jones recht hatte? - blitzte in Aclands Auge auf. »Hat sie das zu Ihnen gesagt?«
    Jones ging nicht auf die Frage ein. »Was hat Sie so auf die Palme gebracht?«
    »Sie hat mir zu viel geredet.«
    »Worüber?«
    »Sex.«
    Jones zog eine Braue hoch. »Mit wem?«
    »Niemand Besonderem. Sie hat mir erzählt, welche Frauen ihr gefallen und welche nicht.«
    »Es ging in dem Gespräch also um Sex unter Gleichgeschlechtlichen?«

    »Gespräch würde ich es nicht nennen.«
    »Vortrag?«
    »Etwas in der Richtung.«
    Jones war skeptisch - er konnte sich einen Monolog über gleichgeschlechtliche Beziehungen aus Jacksons Mund nicht vorstellen, schon gar nicht an jemanden gerichtet, der dem Thema gegenüber so empfindlich war wie Charles Acland -, aber er hakte nicht nach. »Wusste Dr. Jackson, als sie Sie hierherbrachte, dass Sie schon früher ab und zu hier waren?«
    »Das glaube ich nicht. Ich habe es ihr jedenfalls nicht erzählt.«
    »Sind Sie hier jemals einem Mann namens Harry Peel begegnet? Taxifahrer, eins zweiundsiebzig, Ende fünfzig, dunkles lockiges Haar, Londoner Dialekt. Sagt Ihnen das etwas?«
    »Nein. Ich bin hierhergekommen, um den Kopf frei zu kriegen, nicht um mich mit irgendwelchen Leuten zu unterhalten.«
    Jones vermerkte das »um den Kopf frei zu kriegen«, sagte aber erst einmal nichts dazu. »Das hätte aber Harry sicher nicht gehindert, Sie anzusprechen«, entgegnete er. »Er war Stammgast hier. Er wird allgemein als ein geselliger Mensch beschrieben, der mit jedem ein Gespräch anknüpfte. Er hat Visitenkarten verteilt, auf denen die Nummer seines Taxis stand. Erinnern Sie sich wirklich nicht an ihn?«
    Jones meinte, eine Reaktion in Aclands Zügen zu sehen - Erkennen? -, aber der Lieutenant schüttelte nur langsam den Kopf.
    »Er saß immer mit zwei anderen alten Männern an der Bar und trank nur Orangensaft, weil er fahren musste.«
    »Ich erinnere mich düster an ein paar alte Männer, ja - ich glaube, sie waren immer hier -, doch sonst erinnere ich mich an niemanden.«
    Jones beobachtete ihn scharf. »Können Sie sich erinnern, ob Sie einen dieser Männer irgendwo anders gesehen haben?«
    »Nein.«
    »Einer von ihnen war der alte Mann vom

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