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Der Schatten des Chamaeleons

Titel: Der Schatten des Chamaeleons Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minette Walters Mechtild Sandberg-Ciletti
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Anwalt. Ohne Anwalt sag ich gar nichts mehr.«
    »Gern«, sagte Khan freundlich. »Haben Sie einen eigenen Anwalt, oder möchten Sie einen der Pflichtanwälte, die gerade Dienst haben? Das wird dann aber zwei Stunden dauern, bis er hier ist. Sie können gern hier im Zimmer warten, bis er kommt. Ich lasse Ihnen eine Tasse Tee und ein paar Kekse bringen.«
    »Ich trink lieber ein Bier.«
    »Wir sind hier nicht im Hilton, Chalky. Wir schenken keinen Alkohol aus.«
    Er neigte sich tief über den Tisch. »Ich hätte das verdammte
Ding in den Fluss schmeißen sollen«, murrte er. »Hätt’s ja auch beinahe getan. Ich hab ihn überhaupt nur genommen, weil ich dachte, es wär’ne Flasche drin. Sie sollten mal lieber mit dem Jungen reden. Der ist echt krank im Kopf.«
    »Warum sagen Sie das?«
    »Weil er ein bösartiger kleiner Schisser ist. Ist noch gar nicht so lang her, da hat er mich von seinen Mädels zusammentreten lassen.« Chalky rupfte seinen verfilzten Bart. »Er ist stocksauer geworden, als ich ihnen gesagt hab, ohne so einen Luden, der nichts taugt und sich nur von ihnen aushalten lässt, würden sie besser fahren.«
    »Der Lude ist Ben?«
    »Genau.«
    »Und wieso haben Sie ihn dann im Hinterhof nächtigen lassen? Das war doch Ihr Quartier.«
    »Ich hab nicht gleich beim ersten Mal gemerkt, was für einer er ist. Da hab ich nur so einen zaundürren kleinen Kerl gesehen, der verprügelt worden ist. Er hat mir erzählt, der Typ wär ein Schwuler gewesen, der einen Stricher gesucht hat - aber jetzt glaube ich, dass es jemand war, den er übern Tisch gezogen hatte. Danach ist er mir geblieben. Der Hinterhof war sein Schlupfloch, da hat er sich versteckt, wenn jemand hinter ihm her war. Das ist der einzige Grund, warum er den Ort für sich behalten hat.«
    Khan faltete die Hände über seinen Aufzeichnungen. »Hatten Sie nicht Angst vor ihm, nachdem er Sie angegriffen hatte?«
    Chalky ließ ein geringschätziges Knurren hören. »Die haben mich doch im Schlaf erwischt, der und seine Schlampen. Aber ich hab ihm gesagt, dass ich ihm das Kreuz brech, wenn er das noch mal macht. Danach hab ich ihn nicht mehr gesehen, bis er an dem Abend plötzlich aufgekreuzt ist. Der Lieutenant meinte, er wäre krank - ich dachte, er hätte mal wieder Prügel bezogen... Erst recht, als ich in seinen beschissenen Beutel geschaut hab, nachdem ich mit der Ärztin weggefahren war.«

    Khan bemühte sich zu verstehen. »In den Matchbeutel? Hatten Sie ihn schon früher bei Ben gesehen?«
    »Ist doch scheißegal. An dem Abend hat er ihn jedenfalls dabeigehabt - und für mich heißt das, dass er ihm gehört.«
    »Warum haben Sie den Beutel behalten?«
    Wieder sah Chalky Khan mit taxierendem Blick an, als wollte er sehen, für wie dumm er zu verkaufen war. »Das kann ich Ihnen genau sagen: weil ich die Zeitung lese. Glaubt ihr vielleicht, nur weil einer sich ab und zu mal die Kante gibt, weiß er nicht, was in eurer popligen Spießerwelt los ist? Viel Gutes lässt sich über das Militär nicht sagen - die lassen einen fallen wie eine heiße Kartoffel, wenn man für Königin und Vaterland den Kopf hingehalten hat -, aber sie nehmen keinen, der blöd ist. Ich hab den Namen erkannt, ist doch klar.«
    »Harry Peel?«
    »Genau. Als die Ärztin mir erzählt hat, dass der Junge in seinem Rucksack das Handy von einem hatte, den sie ermordet haben, hat’s bei mir Klick gemacht, und ich hab sofort gewusst, dass ich ein Eigentor geschossen hatte. Ich hätte bei den Zigaretten und dem Schnaps bleiben und den Matchbeutel sein lassen sollen.«
    »Umso mehr Grund, ihn einfach wegzuwerfen.«
    »Nee, nee, nicht wenn man ein Gewissen hat«, sagte Chalky in gekränktem Ton. »Wieso glauben Sie, ich hätte für Mörder mehr übrig als Sie?«
    »Weil Sie das Beweisstück nie zu uns gebracht haben«, antwortete Khan mit einem schwachen Lächeln. »Ich wette, Sie dachten, Ben würde es sich was kosten lassen, wenn er den Beutel zurückbekommt.«

27
    Inspector Beale griff nach seinem Funkgerät, als neben dem Ford Transit ein Taxi hielt. »Los«, sagte er leise. Er vermerkte die Zeit - 3.17 Uhr - und öffnete vorsichtig die Tür seines Toyota. Jen Morley stieg hinten aus dem Taxi und ging auf das Haus zu, in dem sie ihre Wohnung hatte.
    Sie blieb stehen, als zwei Kriminalbeamte aus dem Schatten neben dem Gebäude ins Licht traten, das vom Foyer durch die Glastür nach draußen fiel. Sie stellten sich ihr in den Weg und zeigten ihre Ausweise. »Ich habe ein

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