Der Schatten des Chamaeleons
keine Lust, da blind die Hand reinzustecken - auch nicht zur Unterhaltung von Ms. Morley.«
Sie umfasste den Rand der Folie und zog ruckartig daran, so dass die Tasche in Richtung Jen Morley kippte. Als der Elektroschocker herausfiel, ging ohrenbetäubend laut und schrill eine Sirene los. Die Frau lachte, als Jen Morley einen Satz nach hinten machte. »Die meisten Typen, die auch nur einen Funken Verstand besitzen, hauen ab, sobald sie die Sirene hören«, sagte sie und beugte sich vor, um das Gerät auszuschalten. »Die, die es nicht tun, landen für zehn Minuten platt auf dem Boden.«
Mit ihrem Greifstock stupste sie den Boden der Ledertasche an, so dass der restliche Inhalt sich auf die Folie ergoss. Sie griff eine leere Kugelschreiberhülse und eine kleine goldglänzende Puderdose heraus. »Nichts von wegen blühende Phantasie«, bemerkte sie, während sie das Schnappschloss öffnete und Beale das weiße Pulver in der Dose zeigte. »In neun von zehn Fällen kaschieren Frauen ihren Drogenvorrat als Kosmetika.«
Sie stand auf und winkte Jen Morley zu sich heran. »Beine spreizen und Arme auf die Seite, bitte. Wenn ich mich vergewissert habe, dass Sie sonst nichts in Ihren Kleidern versteckt haben, werden Sie auf ein Polizeirevier gebracht, um sich dort eventuell einer Leibesvisitation zu unterziehen.«
Einen Moment sah es so aus, als würde Jen Morley sich der resoluten Art der Frau beugen, dann aber holte sie plötzlich zum Schlag aus. Diesmal war das Lachen der Beamtin geringschätzig.
Mühelos hielt sie den erhobenen Arm fest und drehte ihn Jen Morley auf den Rücken. »Ich habe Ihnen ja gesagt, Sie hätten sich für einen der Männer entscheiden sollen«, murmelte sie und packte auch noch den anderen Arm, um Jen Morley Handschellen anzulegen. »Die wären vielleicht dumm genug gewesen und hätten sich das gefallen lassen.«
Acland war wach, als Jackson das zweite Mal nach ihm schaute. Den Rücken an die Wand gelehnt, hockte er mit gekreuzten Beinen auf dem Bett. Er nickte, als er sie an der offenen Tür der Zelle bemerkte. »Es tut mir leid«, sagte er.
»Was?«
»Alles. Der Schaden an Ihrem Auto. Das mit dem Matchbeutel. Dass ich Sie wieder hineingezogen habe. Es war weder Ihnen noch Ihren Patienten gegenüber fair.«
Jackson lehnte sich mit der Schulter an den Türpfosten und verschränkte die Arme. »Warum haben Sie es dann getan? Im Moment habe ich nicht einmal mehr ein Auto. Es ist zur forensischen Untersuchung in ein Labor gebracht worden.«
»Es tut mir leid.« Er richtete sich auf. »Möchten Sie sich vielleicht setzen?«
»Nein, danke. Und sagen Sie nicht dauernd, dass es Ihnen leidtut. Das hasse ich. Erst benimmt man sich daneben, und dann entlastet man sich, indem man vom anderen verlangt, dass er einem verzeiht.«
»Es war keine Absicht«, sagte er. »Ich saß mit dem verdammten Beutel da und wusste nicht, was ich damit machen sollte.«
»Warum haben Sie ihn nicht zum nächsten Polizeirevier gebracht, wie das jeder normale Mensch getan hätte?«
»Ein normaler Mensch hätte gar nicht erst danach gesucht.« Ein Schimmer von Selbstironie war in seinem Auge zu erkennen. »Und ich hätte es auch nicht getan, wenn ich gewusst hätte, was darin war.«
»Was glaubten Sie denn, dass darin sei?«
Er zuckte mit den Schultern. »Irgendwelche Sachen von Ben. Es ärgerte mich, dass er so tat, als wüsste er nichts von dem Beutel.« Er neigte den Kopf in den Nacken und starrte an die Decke. »Chalky konnte ihn nicht schnell genug loswerden. Das hätte mich eigentlich argwöhnisch machen müssen.«
»Sie hätten ihn trotzdem an sich genommen«, meinte Jackson. »Sie wären viel zu neugierig gewesen.«
Acland stimmte ihr mit einem Nicken zu. »Aber ich hätte nichts dafür bezahlt.«
»Wie viel war es?«
»Fünfzig Pfund.«
Sie lachte abrupt. »Sie sollte man wirklich nicht allein unter die Leute lassen. Chalky behauptet, Sie hätten ihn für eine Flasche billigen Wodka bekommen. Wie haben Sie die Lesben überredet, Sie noch mal reinzulassen?«
»Das habe ich gar nicht erst versucht. Ich habe am Ende der Straße gewartet, bis Chalky aus dem Haus kam. Es hat nicht lange gedauert. Er sagte, er hätte seit zwölf Stunden keinen Tropfen getrunken.«
»Woher wussten Sie denn überhaupt, dass er in dem Haus war?«
»Während wir dort waren, hörte ich im Zimmer auf der anderen Seite des Flurs einen Mann husten. Richtig verschleimt. Ich wusste natürlich nicht, ob es wirklich Chalky war, aber
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