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Der Schatten des Chamaeleons

Titel: Der Schatten des Chamaeleons Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minette Walters Mechtild Sandberg-Ciletti
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überhaupt nicht da. Ich habe ihm einmal vorgeworfen, ihm fehle das Selbstvertrauen, er selbst zu sein, worauf er sagte, er habe keine Lust, sich zu streiten, wenn es nicht sein müsse. Aber wenn der Streit schließlich losbricht, ist er blindwütend. Deshalb haben wir uns getrennt. Wegen eines lächerlichen Streits, der plötzlich ganz schlimm ausartete.
    Ich bin für Charlies Eltern nicht die Schwiegertochter, die sie sich wünschen. Er sollte ein Heimchen am Herd heiraten, keine ehrgeizige Schauspielerin, die in London lebt. Ich
habe einige kleine Rollen in Fernsehfilmen gespielt, aber ich arbeite vor allem am Theater. Die Aclands waren sofort gegen die Verlobung, als ich sagte, ich hätte nicht vor, in nächster Zukunft aus London wegzuziehen oder Kinder zu bekommen. Wenn überhaupt. Als Charlie dann noch die Bombe wegen des Hofs platzen ließ - er sagte, dass er ihn niemals übernehmen würde -, gaben seine Eltern mir die Schuld und behaupteten, ich hätte ihn aufgehetzt. Es gab ständig Krach zwischen ihnen, was sich natürlich auf unsere Beziehung auswirkte.
    Wir haben uns auf einer Silvesterfeier Ende 2005 kennengelernt. Charlie hat sich gleich in mich verliebt - für ihn sei es Liebe auf den ersten Blick gewesen, erzählte er mir später. Er ist sehr beharrlich, sehr großzügig, und man kann ihm nur schwer etwas abschlagen. In mancher Hinsicht ist er der Traummann schlechthin - respektvoll, geduldig, gutaussehend, zielstrebig, liebevoll. Andererseits kann er auch ausgesprochen schwierig sein, weil er seine Gefühle nie zeigt. Er lässt sie nur heraus, wenn er wütend ist.
    Ja, ich habe an dem Tag vor seiner Abreise in den Irak einen Abschiedsbrief geschrieben. Wir hatten in der Woche zuvor bei unserem letzten Treffen einen fürchterlichen Krach (diesen Streit eben), und er hatte sich nicht einmal entschuldigt. Natürlich belastete es ihn, dass er in den Krieg musste, aber er hat Dinge getan und gesagt, die unverzeihlich waren, und danach habe ich mich gefragt, ob das die Sache wert sei. Ich habe mit einer Freundin darüber gesprochen, und die meinte, für Gewalt gebe es keine Entschuldigung. Sie meinte auch, es sei am fairsten, ihm das gleich zu sagen.
    Es tut mir jetzt leid, dass ich diesen Brief geschrieben habe. Ich hätte mehr Verständnis haben müssen. Aber Charlie versteht es so gut, seine Gefühle zu verbergen, dass man es ihm nicht ansieht, wenn er nervös oder ängstlich ist. Ich glaube, vor der Abreise in den Irak war er beides. Er sagte einmal, Manöver seien keine echte Bewährungsprobe, weil die Soldaten wüssten, dass sie nicht fallen würden. Und ein andermal sagte er, ein Zugführer, der seiner Aufgabe nicht gewachsen
sei, lasse seine Männer im Stich. Solche Dinge haben ihn in dieser Zeit vermutlich stark belastet, und wenn ich daran denke, dass ich alles noch schlimmer gemacht habe, tut mir das sehr leid. Ich hätte nicht auf meine Freundin hören sollen. Vielleicht wäre er dann wieder heil nach Hause gekommen.
    Viel mehr kann ich Ihnen nicht sagen, außer dass ich ihn sehr gern sehen würde. Ich habe mich schon gefragt, ob Ihr Brief vielleicht bedeutet, dass es ihm ähnlich ergeht? Ich sage nicht, dass wir an der Stelle weitermachen können, wo wir aufgehört haben. Ganz sicher müsste sich etwas ändern - diese besitzergreifende Art könnte ich nicht mehr ertragen. Aber wir waren einander lange sehr nahe, und ich habe ihn immer noch sehr lieb. Würden Sie ihm das ausrichten?
     
    Vielen Dank.
     
    Mit freundlichen Grüßen,
    Jen Morley
     
     
     
    Mehr über Jen Morley unter www.jenmorley.co.uk

3
    Willis blätterte in den Aufzeichnungen, die er auf dem Schoß liegen hatte. »Hat Ihre Verlobte versucht, mit Ihnen Verbindung aufzunehmen, seit Sie hier sind, Charles?«
    » Ex -Verlobte«, korrigierte ihn Acland und stieß dabei die rechte Faust in die linke Hand. Er stand, wie er das mit Vorliebe tat, am Fenster seines Zimmers, während Willis auf dem Besucherstuhl Platz genommen hatte. »Warum wollen Sie das wissen?«
    »Reines Interesse. Ich dachte, sie hätte vielleicht angerufen, um sich zu erkundigen, wie es Ihnen geht.« Er sah Acland an. Der Mann verzog keine Miene. »Frauen sind nachgiebig. Sie vergeben und vergessen schnell, wenn einem Menschen, den sie einmal geliebt haben, etwas Schlimmes zustößt.«
    »Für sie gibt es nichts zu vergeben - sie hat doch Schluss gemacht -, und zu vergessen gibt es auch nicht viel. So lange waren wir nicht zusammen.«
    »Neun Monate immerhin.

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