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Der Schatten des Chamaeleons

Titel: Der Schatten des Chamaeleons Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minette Walters Mechtild Sandberg-Ciletti
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ist er selbst über seine derzeitige psychische Verfassung?]
     
    ... Er misst der Beurteilung seiner psychischen Eignung viel zu viel Gewicht bei und sieht über seine körperlichen Behinderungen hinweg. Dies kann daran liegen, dass er sich mit dem Verlust seines Auges gut arrangiert hat, jedoch mit den psychischen Auswirkungen noch zu kämpfen hat (plötzliche Inaktivität, der Tod der beiden anderen Männer, Unzulänglichkeits- und Schuldgefühle, usw.).
     
    ... Persönlichkeitsveränderung . Es ist schwierig, sich hierzu eine Meinung zu bilden. Sein gegenwärtiges Verhalten jedoch - äußerste Beherrschtheit, durchbrochen von gelegentlichen Wutanfällen - scheint neu zu sein. Sein Kommandeur beschreibt ihn als einen »beliebten, umgänglichen Offizier mit hervorragenden Führungseigenschaften und guten sozialen Kompetenzen«; seine Eltern bezeichnen ihn als »liebevoll und zuverlässig«, einen »netten Menschen mit vielen Freunden«. Beide Beschreibungen sprechen für eine selbstbewusste, anpassungsfähige, extravertierte Persönlichkeit. [Frage: Warum bekomme ich einen zornigen, verschlossenen »Rebellen« zu sehen?]
     
    ... Ich bin positiv überrascht von Charles’ Intelligenz, die beträchtlich über dem Durchschnitt zu liegen scheint. Er ist hellwach und aufmerksam - s. die Tatsache, dass er die Schläuche seiner

    Infusionsgeräte wieder richtig anschließen konnte - und hat in Rekordzeit gelernt, die einseitige Blindheit zu kompensieren. Er ist hochmotiviert und hat, seitdem er aufstehen darf, ein Fitness-Programm für sich ausgearbeitet.
     
    ... Er spricht nicht über sein Verhältnis zu anderen Menschen und wehrt Fragen über seine Eltern ab, indem er sagt, er komme gut mit ihnen aus. [Das trifft eindeutig nicht zu, vor allem nicht, was seine Mutter angeht.] Immerhin hat er sie einmal als »ganz mit sich selbst beschäftigt« und »selbstzufrieden« beschrieben. Als ich fragte, ob das bedeute, dass er sich ausgeschlossen fühlte, sagte er, »Keineswegs. Ich bin immer ein eigenständiger Mensch gewesen.«
     
    ... Er behauptet, es habe ihm nichts ausgemacht, dass er mit acht Jahren in ein Internat gegeben wurde. »Dadurch hatte ich meine Freiheit.« [Seine Freiheit scheint ihm wichtig zu sein. Der Hof seiner Eltern ist für ihn »ein Klotz am Bein«. »Ich bin das einzige Kind. Von mir wird erwartet, dass ich heirate, Kinder in die Welt setze und das verdammte Ding mal übernehme.«]
     
    ... Die Gleichgültigkeit seiner Verlobten gegenüber scheint echt zu sein. Trotzdem stört es ihn, wenn man sie erwähnt. Er sagt, sie sei »Geschichte«, es sei daher sinnlos, über sie zu reden. Eine ähnliche Gleichgültigkeit legt er den Leuten gegenüber an den Tag, die ihm Karten geschrieben haben. Er schreibt keine Briefe, macht keine Anrufe und hat keine Besuche erbeten.
     
    ... Selbstgewählte Isolation. Er verbringt Stunden allein, hängt seinen Gedanken nach oder sieht fern, vor allem Nachrichtenkanäle. Alle Versuche, mit ihm in Kontakt zu treten, wehrt er ab, häufig durch Unhöflichkeit. Er behandelt das Krankenhauspersonal und andere Patienten mit Misstrauen und/oder Geringschätzung und hat Mühe, seine Ungeduld über das, was er als Dummheit oder Schwerfälligkeit wahrnimmt, zu verbergen. Wut und Aggression verarbeitet er, indem er beispielsweise seine Handballen gegeneinanderklatscht oder die Fäuste ballt.
     
    ... Dass sein entstelltes Gesicht zu dieser Abkapselung beiträgt, weist er kategorisch zurück und behauptet, es sei ihm egal, was andere
Leute denken. [Das ist beinahe mit Sicherheit nicht die Wahrheit. Er zeigt die typischen Symptome von Patienten mit schweren Gesichtsverletzungen: Er bezeichnet sich selbst als »Monster«; hasst es, angestarrt zu werden; hat Schwierigkeiten, die Reaktionen anderer einzuschätzen; misstraut Freundschaftsbekundungen; spricht regelmäßig davon, in einem »Zoo« zu sein; dreht den Stuhl so, dass die unverletzte Gesichtshälfte der Tür zugewandt ist.]
     
    ... Einstellung zur Sexualität . Er beschreibt zwar Jen als »verdammt gut im Bett«, wehrt aber jede Frage zu diesem Thema ab und zeigt deutliche Zeichen sexueller Repression. Er ist ängstlich darauf bedacht, seinen Körper, insbesondere seine Genitalien, zu schützen. Er mag keine Krankenschwestern und hat einen der Pfleger bezichtigt, schwul zu sein. [Frage: Ist das Repression oder Obsession? Frage: Sexuelle Orientierung? Unklar.]
     
    ... Schädel-Hirn-Trauma/darauffolgendes sozialfeindliches

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