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Der Schatten des Chamaeleons

Titel: Der Schatten des Chamaeleons Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minette Walters Mechtild Sandberg-Ciletti
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glauben offenbar fest an diese Rückkehr.«
    »Mein Kommandeur unterstützt mein Gesuch.«
    »Das ist gut.«
    Acland verkniff sich ein Lächeln. »Sagen Sie es ruhig, Doc. Ich kenne Sie inzwischen ziemlich gut. Die medizinische Kommission wird nicht so leicht zu überzeugen sein wie mein Kommandeur.«

    »Richtig«, stimmte Willis seufzend zu. »Ich fürchte, man wird die Tatsache, dass Sie auf einem Auge blind sind, als Einschränkung sehen und Ihnen einen Büroposten anbieten. Aber darauf legen Sie keinen Wert, nicht wahr?«
    »Ich werde eben beweisen müssen, dass der Schein trügt. Das ist anderen auch schon gelungen. Nelson war der größte Admiral, den dieses Land je hatte, und er hatte auch nur ein Auge. Wenn ihn das nicht aufgehalten hat, wird es mich auch nicht aufhalten.«
    »Zu Nelsons Zeiten war alles viel langsamer, Charles... das gilt auch für die Schiffe. Er hatte für seine Entscheidungen Zeit, die den heutigen Militärs nicht mehr zur Verfügung steht.«
    »Und was ist mit Moshe Dayan? Er hat es in der israelischen Armee bis zum General gebracht.«
    Willis wollte nicht noch eine entmutigende Antwort geben. »Das stimmt - und das Beispiel ist unserer Zeit viel näher. Hoffen Sie, dass die Gutachter bei der Augenklappe an Moshe Dayan denken?«
    »Und wenn ja? Glauben Sie, es nutzt was?«
    »Ich weiß es nicht«, antwortete Willis. »Am Ende wird wohl der Computer entscheiden. Man wird Ihnen eine Reihe Fragen stellen, und Ihre Antworten werden vieles ausschließen.«
    »Zum Beispiel?«
    »Können Sie zur linken Seite sehen, ohne den Kopf zu drehen? Nein? Dann können Sie sich darauf verlassen, dass der Computer jede weitere Frage bezüglich Ihres Sehvermögens negativ beantworten wird. Nur ein Beispiel: ›Können Sie einen Radarschirm überwachen?‹ Aber ja, werden Sie sagen und es vielleicht sogar schaffen, einen der Ärzte dazu zu bewegen, dass er sein Häkchen bei ›Ja‹ macht. Aber das Programm wird Sie automatisch ausschließen, weil Sie bereits angegeben haben, dass Sie auf einem Auge blind sind.«
    »Man braucht nicht beide Augen, um einen Schirm zu überwachen.«

    »Doch, im Gefecht, wenn man einem Schützen Koordinaten angeben muss, braucht man sie. Jemand, der auf beiden Augen sieht, kann zwei Geschehen auf einmal verfolgen, jemand mit nur einem Auge nur eines. Um zu prüfen, ob der Schütze die Anweisungen erhalten hat, müssen Sie den Blick vom Bildschirm abwenden.«
    »Stimmt nicht. Er kann über Funk bestätigen.«
    »Ein Arzt würde Ihnen vielleicht zustimmen«, sagte Willis, »aber der Computer nicht. Im Programm ist die Möglichkeit berücksichtigt, dass es zu Notfällen kommt. Dass zum Beispiel die Sprechanlage nicht funktioniert oder der Schütze die Angaben nicht richtig versteht oder Sie seine Rückmeldung nicht verstehen. In jedem Fall werden Sie sich vom Schirm abwenden, um nachzuprüfen, ob alles in Ordnung ist, das ist ein ganz normaler Reflex. Jeder Soldat braucht die visuelle Vergewisserung, dass der Mann neben ihm weiß, was er tut. Im Krieg ist das lebensnotwendig.«
    Acland blickte zu seinen Händen hinunter. »Haben Sie dieses Programm entworfen, Doc? Sie wissen ja offenbar eine Menge darüber.«
    Willis schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht einmal, ob es dieses Programm gibt, ich vermute es nur auf Grund der Tatsache, dass Anträge auf Erwerbsunfähigkeitsrente offiziell auch auf die Art und Weise geprüft werden. Ärzte sind offenbar leichter beeinflussbar als Computer.«
    »Und wenn ich lüge und die entscheidende Frage einfach mit Ja beantworte?«
    »Das können Sie gar nicht. Die Antworten werden ja nicht von Ihnen eingegeben. Das tut ein Arzt, der Ihre Krankengeschichte vor sich liegen hat. Selbst wenn Sie die Augenklappe weglassen, weiß er natürlich, dass Sie auf einem Auge blind sind.«
    Acland drehte sich zum Fenster, wandte Willis bewusst die verletzte Gesichtshälfte zu. »Mit anderen Worten, ich werde nie
wieder in einen Scimitar steigen.« Es war mehr Feststellung als Frage, als wollte er nur bestätigen, was er schon wusste.
    »Das ist nicht gesagt«, antwortete Willis in möglichst leichtem Ton. »Aber es ist möglich.« Er sah, wie der junge Mann mit einem Finger eine Träne aus seinem gesunden Auge wischte. »Sie können Ihre Sache besser vertreten, wenn Sie wissen, woran Sie sind. Keine Entscheidung ist endgültig - und das Wort Ihres Kommandeurs hat bei einem Einspruch natürlich Gewicht.«
    Danach blieb es lange still. Dann sagte Acland: »Und

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