Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Schatten des Chamaeleons

Titel: Der Schatten des Chamaeleons Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minette Walters Mechtild Sandberg-Ciletti
Vom Netzwerk:
Kindern jede Peinlichkeit ersparen wollte. Die ersten homosexuellen Begegnungen hatte er, als wir ungefähr fünf Jahre verheiratet waren. Soviel ich weiß, waren es immer One-Night-Stands. Ich vermute deshalb, dass er vor allem mit männlichen Prostituierten verkehrt hat. Es war wie eine Sucht, der er immer wieder einmal nachgeben musste, aber er sagte stets, ich sei der Mensch, den er wirklich liebe. Manchmal kann man wahrscheinlich nicht gegen seine Gefühle an. Ich konnte es ja auch nicht, als ich mich in Roger verliebte. Kevin gab sich die Schuld, als ich ihn um die Scheidung bat. Er versprach, nie wieder einen Mann auch nur anzusehen, wenn ich bei ihm bliebe, aber da war es schon zu spät.«
    Auch von Atkins wissen wir, dass er die einschlägigen Lokale besucht hat, wenn auch nicht so regelmäßig wie Peel. Wir haben einen »Partner« gefunden, den er für eine Nacht mit nach Hause genommen hat - einen 28-jährigen Soldaten der Marineinfanterie, der zugibt, bezahlt worden zu sein -, aber im Allgemeinen lief es übers Internet. Er scheint Soldaten als Partner bevorzugt zu haben. Seine Frau sagte, er habe immer von den fünfzehn Jahren bei den Fallschirmjägern geschwärmt. »Er zwang niemanden dazu. Ihm war wichtig, dass beide Seiten es wollten.« Martin Britton wird von seinen Freunden als homosexuell bezeichnet. Er lebte mehr als zwanzig Jahre in einer festen Partnerschaft, bis zum Jahr 2005, als sein Lebensgefährte, John Prentice, an Krebs starb. Es gibt Hinweise darauf, dass Britton danach Gelegenheitsbeziehungen einging - sein Bruder Hugh berichtete, er habe von Zeit zu Zeit jüngere Männer im Haus angetroffen, aber er kann sich nicht an ihre Namen erinnern
und hat uns nur sehr vage Beschreibungen geliefert. Trotz beträchtlicher Hilfe aus der Schwulenszene haben wir bisher außer den uns bekannten Freunden Brittons niemanden gefunden, der zugegeben hätte, in den letzten zwei Jahren in Brittons Haus gewesen zu sein.
    Brittons Foto wurde weder von den Angestellten noch von den Stammgästen der Bars und Klubs im Viertel erkannt, und seine Freunde sagen, er sei nicht der Typ gewesen, der »auf die Pirsch« ging. Ferner bestätigte keiner von ihnen die Behauptungen des Bruders, dass in dem Haus in der Greenham Road jüngere Männer verkehrt hätten. Die Beschreibungen, die uns die Nachbarn von seinen Gästen gegeben haben, treffen auf Leute aus seinem Freundeskreis zu - ältere Männer und Frauen -, aber übereinstimmend wurde erklärt, er habe selten Gäste gehabt. Seine unmittelbare Nachbarin, Mrs. Rahman, sagte: »Als John noch gelebt hat, sind er und Martin regelmäßig zusammen ins Theater und in die Oper gegangen. Sie hatten beide eine Vorliebe für klassische Musik und fürs Theater. Nach Johns Tod sagte Martin, es sei nicht mehr das Gleiche, wenn man mit niemandem mehr das Erlebnis teilen kann, und ging fast überhaupt nicht mehr aus. Meistens saß er abends allein zu Hause und hörte Musik. Er hatte eine riesige CD-Sammlung. Es war wirklich traurig. Ich glaube, Martin war ein schüchterner Mensch, und als John nicht mehr da war, um ihn mitzureißen, zog er sich immer mehr zurück. Nie im Leben glaube ich, dass er sich Freier ins Haus geholt hat. So war er einfach nicht.«
    Das legt nahe, dass die Aussage seines Bruders mit Vorsicht zu genießen ist. Auf der anderen Seite war Hugh Britton der Einzige, der seinen Bruder regelmäßig besuchte. Er kam einmal in der Woche vorbei, um sich zu vergewissern, dass »alles in Ordnung« war. Er sagte: »Als John noch lebte, war hin und wieder mal jemand da gewesen, deshalb habe ich mir nichts weiter dabei gedacht. Ich erinnere mich, dass Martin mir einen der jungen Männer als einen Arbeitskollegen von John vorstellte. Ich bin nicht lange geblieben, weil ich froh war, dass Martin mal ein bisschen Unterhaltung hatte. Den Eindruck, dass es ein Stricher war, hatte ich überhaupt nicht.«

    John Prentice war früher PR-Chef bei einer großen Seidenmodenfirma, aber wir haben bisher noch niemanden ausfindig machen können, auf den die Beschreibung passt - männlich, blond, um die dreißig. Es ließ sich auch keine andere Person ermitteln, die bei Martin Britton an besagtem Tag zu Besuch gewesen war. Lediglich drei Mitarbeiterinnen von John Prentice, alle Ende fünfzig, hatten ihren Chef früher einmal privat besucht. Nur zwei der Opfer, Martin Britton und Kevin Atkins, hatten einen Computer. Beide Festplatten wurden überprüft. Atkins hatte sporadisch Kontakt mit

Weitere Kostenlose Bücher