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Der Schatten des Chamaeleons

Titel: Der Schatten des Chamaeleons Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minette Walters Mechtild Sandberg-Ciletti
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ersten Ergebnisse der Untersuchung von Kevin Atkins’ Wohnung:
    1. Kein gewaltsames Eindringen.
    2. Opfer wurde auf der Seite liegend vorgefunden; mit Bademantel bekleidet.
    3. Bademantel hinten hochgeschoben; Gesäß entblößt.
    4. Rektale Verletzungen durch »Fremdkörper«.
    5. Keine Hinweise auf Geschlechtsverkehr.
    6. Geöffnete, noch halbvolle Flasche Wein im Wohnzimmer - zwei abgespülte Gläser auf dem Abtropfbrett in der Küche.
    7. Keine brauchbaren Fingerabdrücke - einige identifiziert, einige unbekannt.
    8. Heftige Gewalteinwirkung auf den Kopf - Waffe ähnlicher Art (stumpfer Gegenstand mit abgerundetem Kopf).
    9. Beschädigung von Wänden und Einrichtung durch dieselbe Waffe.
    10. Keine Anzeichen eines Kampfs.
    11. Kein Hinweis, wie das Opfer bewegungsunfähig gemacht wurde.
    12. Bargeld aus Geldbeutel entnommen, jedoch nicht die Kreditkarten.
    13. Handy entwendet.
    Wahrscheinlich wurde der Mord am 7. April begangen, der umfassende Bericht der Gerichtsmedizin steht allerdings noch aus. Außerdem warte ich noch auf einen Vergleich mit dem Täterprofil, das nach Brittons Ermordung erstellt wurde. Fürs Erste konzentrieren sich die Ermittlungen weiterhin auf die Verbindungen zum Militär, auf Stricher, auf die Bekannten der Opfer und auf Fremde, die eventuell in der Gegend beobachtet wurden.
    Ich werde Sie selbstverständlich auf dem Laufenden halten.
     
    Mit freundlichen Grüßen
Superintendent Brian Jones

6
    Aclands Entscheidung, auf weitere Operationen zu verzichten, um möglichst schnell zu seinem Regiment zurückzukehren, überraschte Robert Willis nicht. Seit seiner Rückkehr aus London war der Lieutenant von Tag zu Tag ungeduldiger geworden, und das verstärkte sich noch, als ein kleiner Eingriff, mit dem die Bildung einer Tasche für die Augenprothese in Angriff genommen werden sollte, nur minimalen Erfolg brachte.
    Neben der Blindheit auf dem verletzten Auge litt er an unregelmäßig auftretenden Migräneanfällen, einem ständigen schwachen Tinnitus und den Entstellungen durch die missgestaltete leere Augenhöhle und die keilförmige Narbe, die sich bis zu seiner Wange hinaufzog. Da jedoch niemand ihm garantieren konnte, dass weitere Operationen innerhalb eines akzeptablen Zeitraums deutliche Verbesserungen bringen würden, entschied er sich dafür, mit seinem entstellten Gesicht zu leben. Dr. Galbraith warnte ihn, dass er in einer nach Äußerlichkeiten gehenden Gesellschaft mit negativen Reaktionen rechnen müsse, aber Acland schlug die Warnung in den Wind. Er wollte den Vorurteilen dieser Gesellschaft mit unverhohlener Zurschaustellung seiner Verunstaltung begegnen.
    Am Tag seiner Entlassung Ende April schnitt er sein Haar auf einen Zentimeter Länge herunter, legte eine schwarze Augenklappe an und machte sich auf die Suche nach Robert Willis, um sein Urteil zu hören. Er fand den Psychiater in seinem Büro, in tiefer Konzentration vor seinem Computer.

    Willis fuhr zusammen, als an seine offen stehende Zimmertür geklopft wurde. Er hatte nicht gemerkt, dass jemand da war, und erkannte den Mann an der Tür nicht gleich. Acland freute die Reaktion. Überraschung und Furcht waren Mitleid und Abscheu vorzuziehen. »Erschrocken, Doc?«
    »Über Ihr unerwartetes Erscheinen? - Oder glauben Sie, dass Ihr Aussehen mich erschreckt?«
    »Beides.«
    »Die Überraschung ist Ihnen jedenfalls gelungen.« Willis wies zu einem Sessel vor dem Schreibtisch. »Setzen Sie sich. Ich will nur diesen Satz fertig schreiben.« Er richtete den Blick auf den Bildschirm und tippte einige Worte ein, ehe er speicherte. »Also, was erhoffen Sie sich? Wollen Sie die Leute schocken?«
    »Das ist jedenfalls besser als Mitleid.«
    Willis betrachtete das schmale, ausdruckslose Gesicht. Acland gab sich als harter, unbeugsamer Mann, der innerlich weit über seine Jahre hinaus gealtert war. Dafür hatte er allerdings seine jugendliche Unschuld opfern müssen. Der unversöhnliche Mann, der jetzt vor Willis saß, hatte nichts mehr mit dem gutaussehenden Jungen gemein, der auf den Fotos von früher zu sehen war.
    »Mitleid brauchen Sie nicht zu fürchten, Charles. Mit der Einsamkeit allerdings ist das etwas anderes. Bei dem, was Sie mit Ihrem Aussehen vermitteln, werden Sie sich keine Freunde machen... aber ich nehme an, genau das ist Ihre Absicht.«
    Acland zuckte mit den Schultern. »Mit einem künstlichen Auge würde ich auch nicht besser sehen, und die Operationen würden nur meine Rückkehr zur Truppe verzögern.«
    »Sie

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