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Der Schatten des Chamaeleons

Titel: Der Schatten des Chamaeleons Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minette Walters Mechtild Sandberg-Ciletti
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geboren.«
    »Deswegen sind Sie noch lange kein Engländer.«
    »Habt ihr das gehört?«, wandte sich der Pakistani erregt an seine Freunde. »Der Mann ist ein Rassist. Ihr seid meine Zeugen.« Er war stämmiger und schwergewichtiger als Acland und sah sich angesichts der Rückendeckung durch seine Kollegen im Vorteil. Er drohte mit dem Zeigefinger. »Sie sind ein Irrer. Man sollte Sie überhaupt nicht auf die Straße lassen.«
    »Falsch«, entgegnete Acland mit trügerischer Ruhe. »Ich bin ein verärgerter Irrer. Das müsste doch sogar ein beschränkter Paki merken.«
    Es wirkte wie das berühmte rote Tuch. Wütend senkte der Mann den Kopf zum Angriff. Hätte er sich von links auf Acland
gestürzt, hätte er vielleicht etwas ausrichten können; von rechts kommend jedoch hatte er überhaupt keine Chance. Er war Acland weder an Körperkraft noch an Wendigkeit und Fitness gewachsen - das Leben eines Brokers spielt sich hauptsächlich auf dem Bürosessel ab -, und sein ganzer Angriff bestand darin, dass er, in der Hoffnung einen Treffer zu landen, wild mit den Fäusten drauflosdrosch. Er rechnete nicht damit, dass sein Gegner so schnell vom Hocker rutschen, ihn im Vorwärtslauf packen und mit dem Kopf voraus gegen den Tresen rammen würde, bevor er ihm mit einem Fußtritt die Beine unter dem Körper wegstieß.
    Acland hätte es dabei belassen können, aber das tat er nicht. Er nahm die Aufgeregtheit hinter dem Tresen wahr und hörte die Freunde des Pakistani rufen, aber der Hass, der sich seit Monaten in ihm aufgestaut und endlich ein Ventil gefunden hatte, ließ sich jetzt nicht mehr eindämmen. »Du hättest das Maul halten sollen«, brummte er, während er sich auf ein Knie hinunterließ und dem Mann beide Hände unter das Kinn drückte, um ihm den Kopf in den Nacken zu stoßen und das Rückenmark zwischen zwei Wirbeln zu zermalmen.
    Nur ein Schwall Wasser mit Eiswürfeln, der ihm von der anderen Seite des Tresens aus einem Eimer über den Kopf gekippt wurde, hielt ihn davon ab.
    »Schluss jetzt!«, blaffte eine Frau. Gleichzeitig riss ein Dutzend Hände ihn in die Höhe und schleuderte ihn zur Seite. »Schluss - habe ich gesagt«, schimpfte die Frau, als einer der Broker Acland in die Rippen trat. »Dass sich keiner rührt, bevor die Polizei hier ist.« Sie ließ einen schrillen Pfiff folgen. »Jackson! Komm her, Kumpel. Pronto!«
    Niemand scherte sich um sie. Acland wurde mit Tritten von den anderen Brokern eingedeckt, während die Gäste, die mit der Sache nichts zu tun hatten, schleunigst das Weite suchten, um nicht in die Schlägerei hineingezogen zu werden. Der Pakistani verschlimmerte das Tohuwabohu noch, indem er sich taumelnd hochrappelte und wild nach allem grapschte, was Halt
versprach. Fast stieß er dabei einen Tisch um, als eine massige Frau mit sehr kurzgeschnittenem, gesträhntem dunklem Haar hinter dem Tresen hervorkam. »Moment mal.« Die tiefe, melodische Stimme verriet keinerlei Aufregung. »Sie bluten wie ein angestochenes Schwein, Freund. Erst sollten wir Sie mal in Sicherheit bringen.«
    Vor Anstrengung stöhnend hievte sie Aclands Opfer in die Höhe und ließ den Mann auf den Tresen plumpsen. »Bitte sehr, er gehört dir, Schätzchen«, sagte sie, bevor sie sich in den Kampf stürzte. »Sie haben gehört, was die Lady gesagt hat«, rief sie und klatschte zweien der Männer ihre großen Hände auf die Hinterköpfe. »Schluss jetzt. Wir führen ein anständiges Haus. Alles, was zu Bruch geht, muss bezahlt werden.« Sie bahnte sich mit den Ellbogen den Weg an zwei weiteren Männern vorbei und sah zu Acland hinunter. »Mit Ihnen alles in Ordnung?«, fragte sie.
    Er blickte mit zusammengekniffenen Augen zu ihr hinauf. Vom Boden aus betrachtet, sah sie aus wie ein weißer Fettberg, nur dass das Fett alles Muskel war. Muskeln wölbten die Waden über den Bikerboots und die mächtigen Oberschenkel unter der schwarzen Radlerhose. Muskelbepackt sprangen Hals und Schultern aus dem ärmellosen T-Shirt hervor. Er zuckte ängstlich zusammen, als einer ihrer gestiefelten Füße abwärtsstieß. »Keiner rührt sich, verstanden?«, knurrte sie mit ihrer tiefen Stimme, als ihr Stiefelabsatz sich in einen weichen Lederschuh bohrte. »Und getreten wird auch nicht.«
    »Mann, Jackson!«, rief der Mann, der ihren Unwillen erregt hatte. »Sie tun mir weh, verdammt noch mal.«
    »Das ist noch gar nichts. Also Schluss jetzt.« Sie hob ihren Stiefel von seinem Schuh. »Hat sonst noch jemand Lust, sich mit’ner

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