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Der Schatten des Chamaeleons

Titel: Der Schatten des Chamaeleons Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minette Walters Mechtild Sandberg-Ciletti
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haben Sie ihn genannt?«
    »Einen Irren.«
    Der Polizist sah Acland an. »Wollen Sie nichts sagen?«
    »Nein.«
    Der Polizist betrachtete ihn einen Moment, dann richtete er den Blick fragend auf Jackson. »Der hier hat entweder zu viel getrunken, oder er braucht einen Arzt. Er ist leichenblass.«
    »Raschids Freunde haben ihn ziemlich fertiggemacht - wenn’s Raschid also nicht anders sieht, würde ich meinen, die sind quitt, was Tätlichkeiten angeht.«
    Der Polizist sah wieder den Pakistani an, und als der nickte, fragte er: »Und Sie, Jackson? Es ist Ihr Lokal. Soll ich die ganze Gesellschaft wegen Hausfriedensbruch mitnehmen...«, sein Blick war leicht amüsiert, als wäre das alles nichts Neues, »... oder mit einer Verwarnung an die Luft setzen? Bei Captain Kidd hier kann ich allerdings keine Ausnahme machen.«
    »Tolle Alternative«, schnaubte sie säuerlich. »Wenn sich herumspricht, dass ich einen angeschlagenen Mann der Polizei ausgeliefert habe, kommt kein Schwein mehr hierher - vor allem wenn die anderen Gäste buchstäblich über ihn wegsteigen müssen.«
    Der Polizist lachte. »Ich denke mal, er wird noch viel übler aussehen, wenn Sie mich zwingen, ihn aufs Revier zu schleifen - und Ihnen bringt das bestimmt nichts.«

    »Hm.« Sie nahm den leeren Eiskübel vom Tresen und stellte ihn auf den Tisch, an dem die Broker saßen. »Fünf Pfund von jedem für den Ärger, den ihr mir gemacht habt, dann könnt ihr gehen - aber von euch beiden will ich fünfzig.« Sie wies mit dem Zeigefinger zuerst auf Acland und dann auf Mansur. »Daisy und ich wischen euch bestimmt nicht hinterher. Ihr könnt entweder eine Putzfirma bezahlen oder selber das Blut wegschrubben.«
    Die Broker zogen peinlich schnell ihre Geldscheine heraus und machten sich davon, ehe es sich jemand anders überlegen konnte. »Das ist meine Art von Gerechtigkeit.« Jackson zwinkerte dem Polizisten zu und reichte Daisy den Eiskübel. »Schnell und unbürokratisch.« Sie hielt Mansur die Hand unter die Nase und rieb Daumen an Zeigefinger. »Okay, Freund, jetzt sind Sie dran. Her mit der Kohle.«
    Mansur legte grollend das Geld auf den Tisch. »Und was ist mit ihm ?«
    »Keine Sorge, der zahlt schon.« Sie nahm das Geld an sich. »Aber vorher tu ich Ihnen noch einen Gefallen und schau, dass er uns nicht abnibbelt. Damit Sie nicht wegen Mordverdachts bei der Polizei landen.« Sie beugte sich zu Acland hinunter. »Wo haben Sie Schmerzen?«
    Er hielt den Blick weiter auf den Boden gerichtet. »Kopf«, murmelte er mit zusammengebissenen Zähnen, um die würgende Übelkeit zurückzuhalten, die bei jeder Augenbewegung in ihm aufwallte. »Migräne.«
    »Haben Sie schon früher Migräne gehabt? Kennen Sie die Symptome?«
    »Ja.«
    »Welche Ursache hat sie? Was hat Ihr Arzt gesagt?«
    »Phantomschmerzen.«
    »Von der Augenverletzung?«
    »Ja.«
    »Haben Sie sonst noch irgendwo Schmerzen? Rippen? Rücken? Spüren Sie die Fußtritte?«

    »Nein.«
    »Können Sie aufstehen?«
    Acland versuchte es, aber sofort überwältigte ihn wieder Übelkeit. Er drückte beide Hände auf den Mund und würgte krampfhaft.
    »Klasse«, sagte Jackson brummig. »Wirf mal ein Geschirrtuch rüber, Daisy.« Sie fing das Tuch auf und reichte es Acland. »Nehmen Sie das«, befahl sie. Dann zog sie ihn hoch und hievte ihn über ihre Schulter. »Und versauen Sie mir ja nicht meine Sachen, sonst kostet Sie das noch mal einen Fünfziger.« Vor den beiden Polizisten blieb sie kurz stehen. »Ich schlag ihn k.o., wenn er Amok laufen sollte«, erklärte sie. »Kommen Sie mir also nicht mit schwerer Körperverletzung, wenn er sich hinterher bei Ihnen beschwert.«
    »So viel Herz, Jackson.«
    »Wie wahr«, stimmte sie zu und trug ihre Last davon, als wäre sie nicht schwerer als ein Kind.
     
    Acland erinnerte sich, dass sie ihn auf ein Bett hinuntergelassen und ihm eine Schüssel neben das Kopfkissen gestellt hatte. Wenig später war sie mit einer Arzttasche zurückgekommen und hatte ihn nach seinen Gesichtsverletzungen gefragt. In welchem Krankenhaus er operiert worden sei. Ob er Medikamente nehme. Wann er das letzte Mal beim Arzt gewesen sei. Wie häufig die Migräneanfälle aufträten. Wie er mit ihnen umgehe. Ob sie sich mit der Zeit verschlimmert hätten. Ob stets Übelkeit mit ihnen verbunden sei. Was für Mittel er nehme.
    Er beantwortete die Fragen, so gut er konnte, und als der Brechreiz unvermindert anhielt, bot sie an, ihm ein Antiemetikum zu spritzen, damit er Flüssigkeit zu sich

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