Der Schatten des Chamaeleons
der Hinweis, der bisher am vielversprechendsten ist. Im Augenblick gehen wir zusammen mit der Familie Atkins das Adressbuch durch. Ich erwarte in den nächsten zwei Tagen weitere Informationen bezüglich bisher unbekannter Telefonnummern, ferner über besuchte Websites, gespeicherte Texte, Fotografien etc.
Die einzigen Fingerabdrücke, die auf dem Gehäuse sichergestellt wurden, stammen von Ben Russell, Lt. Charles Acland und Dr. Jackson. Wir fanden keine weiteren Abdrücke, auch keine von Atkins, was nahelegt, dass das Gehäuse nach dem Mord abgewischt wurde. Es besteht die Möglichkeit, eventuelle Speichelspuren in der Sprechmuschel mittels DNS-Analyse zu überprüfen. Doch die Kollegen von der Gerichtsmedizin gehen davon aus, dass solche Spuren höchstwahrscheinlich von Atkins selbst stammen.
BlackBerry/zweites Handy/iPods
Gespräche mit Ben Russell und erste Überprüfungen der Speicher lassen darauf schließen, dass der BlackBerry und das zweite Handy mit unseren Ermittlungen nichts zu tun haben. Wir müssen noch die Eigentümer ermitteln, es wurden bereits entsprechende Gespräche veranlasst. Auf den iPods ist Musik, vor allem Garage, Rap, Brit Pop und Indie, gespeichert; auch sie scheinen irrelevant für unsere Ermittlungen.
Auf den verschiedenen Gehäusen wurde eine Vielzahl unterschiedlicher Fingerabdrücke gefunden, identifiziert werden konnten nur die Russells und Aclands. Vom Labor wird bestätigt, dass weder vor noch nach dem Diebstahl irgendwelche Fingerabdrücke von diesen Gegenständen abgewischt wurden.
Ben Russell
Russell wurde bisher dreimal im St.-Thomas-Krankenhaus im Beisein seiner Mutter und eines Anwalts vernommen. Mit Rücksicht auf sein Alter und seinen Gesundheitszustand wurde er als »schutzbedürftiger« Zeuge behandelt. Nähere Angaben zu seiner Person liegen bei, einschließlich polizeilicher Verwarnungen. Hier kurz das Wesentliche:
• Benjamin Jacob Russell
• 16 Jahre alt
• Aufgewachsen in Wolverhampton
• Keine abgeschlossene Schulbildung
• Zweimal wegen Ruhestörung und Trunkenheit verwarnt
• Verwarnung wegen antisozialen Verhaltens nach Beschwerden der Nachbarn
• Vergangenes Jahr nach Streit mit Stiefvater wegen eines Gelddiebstahls von zu Hause verschwunden
• Behauptete, das erste halbe Jahr in einem leerstehenden Gebäude gelebt zu haben (keine genauen Angaben)
• Behauptet, seit 3 bis 4 Monaten in London auf der Straße gelebt zu haben
• Hat noch Kontakt zu seiner Freundin, Hannah, 13 - wohnhaft in Wolverhampton
• Räumt sexuelle Beziehungen zu Hannah ein
• Keine Festnahmen/Verwarnungen im Raum London
• Räumt ein, von Diebstahl und Bettelei zu leben, bestreitet aber Prostitution
• Kürzlich mit Typ-1-Diabetes diagnostiziert.
Russell erinnert sich nicht, ob er am Abend des 10. August in dem Hinterhof war, bestätigt aber, dass er von Zeit zu Zeit dort genächtigt
hat. Die Stelle kannte er von »Chalky«. Er nennt »Chalky« Opa, weiß aber nichts über ihn; sagt nur, dass er »ganz okay« sei. Er bestreitet, einen Matchbeutel aus Segeltuch zu besitzen oder einen solchen bei »Chalky« gesehen zu haben. Er bestreitet ferner, einen Mann mit einer schwarzen Augenklappe oder jemanden, der sich »Lieutenant« bzw. Charles Acland nennt, zu kennen.
Russell hat den Diebstahl der Handys, des BlackBerry und der iPods zugegeben, kann aber keine genauen Angaben dazu machen, wann, wo und wie er diese Gegenstände entwendet hat. In den letzten drei bis vier Monaten hat er seiner Schätzung nach an die 15 bis 20 Handys gestohlen. Die Methode, sagt er, sei im Grund immer die gleiche, darum könne er sich auch nicht mehr genau daran erinnern. Während des Gesprächs wurden die Handys als »das Nokia« und »das Samsung« bezeichnet. Eines von beiden (das Samsung, vermutet er) hat er, wie er sagt, einer Frau aus der offenen Tasche gestohlen, während diese für eine Zeitung bezahlte. Er hat sie nur von hinten gesehen, seine Beschreibung - »eher groß« - hilft uns daher wenig. Das andere (Atkins’ Nokia) will er in einer größeren Umhängetasche gefunden haben, die er von einer Bank im Hyde Park schnappte, während der Eigentümer »ein Pärchen beim Schmusen« beobachtete. Auch hier keine hilfreiche Beschreibung, außer dass das Opfer ein Mann war - »dunkles Haar und schwarz gekleidet«. Möglicherweise ein Anzug.
Russells Beschreibung zufolge war die Tasche schwarz, ein Modell wie es Fahrradkuriere benutzen - etwa 40 x 30 cm.
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