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Der Schatten des Chamaeleons

Titel: Der Schatten des Chamaeleons Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minette Walters Mechtild Sandberg-Ciletti
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Er hat sie in der Nähe der Diana Memorial Fountain ins Gebüsch »geschmissen«, nachdem er sie durchsucht hatte. Er hat das Handy, eine Packung Aspirin und ein paar belegte Brote an sich genommen und kann sich nicht genau erinnern, was sie außer diesen Gegenständen noch enthalten hat. Möglicherweise eine Zeitung, vielleicht einen großen braunen Umschlag und Schlüssel. Zu Ihrer Kenntnisnahme: Eine Suche im fraglichen Gebiet ergab nichts. Es wurde auch keine Tasche dieser Beschreibung abgegeben.

    Russell kann nicht sagen, an welchem Tag er besagte Gegenstände gestohlen hat. Er vermutet, vor etwa 2 bis 4 Wochen. Gewöhnlich »sammelt« er mehrere Teile und verkauft sie dann an einen Hehler im Canning-Town-Viertel (er hat sich bisher geweigert, uns Namen und Adresse zu nennen), aber er bestreitet, im letzten Monat etwas verkauft zu haben. Er sagt, er habe sich nicht gut gefühlt. Er erinnert sich, dass er mit einem der Handys (er meint, mit dem Samsung) seine Freundin angerufen hat, weil es anfangs noch funktionierte. Das andere sei »tot« gewesen.
     
    Fazit
    Ich halte es für sinnlos, Kräfte zur Fahndung nach einer »eher großen« Frau und einem dunkelhaarigen Mann einzusetzen oder diesen Beschreibungen besonderes Gewicht beizumessen. Russell ist ein unzuverlässiger Zeuge und schwenkt schnell wieder um: Dann heißt es vielleicht, er habe den BlackBerry oder einen der iPods aus der Handtasche oder der Fahrradtasche genommen - nicht das Handy. Seine Beschreibungen der anderen Leute, die er bestohlen hat, sind gleichermaßen vage - er glaubt, ein iPod habe einem »Schwarzen« gehört, der andere einem »jungen Typ«.
     
    Über seinen Anwalt wurde Russell darauf hingewiesen, wie schwerwiegend diese Ermittlungen sind. Obwohl er angesichts der Vernehmung nervös war, machte er bei allen drei Sitzungen einen ruhigen und ausgeglichenen Eindruck. Weder Inspector Beale noch mir fielen besondere Reaktionen bei ihm auf, als die Rede auf das Nokia kam. Wir halten es daher für wahrscheinlich, dass er das Handy Atkins’ Mörder gestohlen hat und nicht Atkins selbst oder aus dessen Haus entwendet hat.
     
    Ich habe James Steele gebeten zu bedenken, wie diese Entwicklungen eventuell das Täterprofil beeinflussen. Wir sind bisher davon ausgegangen, dass die Handys als Trophäen gestohlen wurden und/oder weil sie das Kommunikationsmittel zwischen Mörder und Opfer gewesen waren. Mir ist allerdings schleierhaft, warum oder wozu der Mörder mindestens eines der Handys in der Öffentlichkeit bei sich trug. Zu welchem Zweck?

    Im Augenblick sieht es, wie gesagt, so aus, als könnten uns die Ermittlungen zu Kevin Atkins’ Handy und dem Überfall auf Walter Tutting am ehesten weiterbringen. Ich habe deshalb veranlasst, alle Anstrengungen darauf zu konzentrieren.
     
    Mit freundlichen Grüßen
Superintendent Brian Jones

16
    Brian Russells Mutter sah müde und niedergeschlagen aus, als hätte der Kummer der letzten drei Tage seine Spuren bereits hinterlassen. Klein und grauhaarig saß sie am Bett ihres Sohnes, rang unablässig die Hände und tat so, als machte es ihr nichts aus, dass ihn nur interessierte, was ihn aus den Kopfhörern erreichte, die an ein Fernsehgerät und ein Radio angeschlossen waren. Bei Tageslicht und nunmehr vollem Bewusstsein ließ der mürrisch herabgezogene Mund und die ewig verdrossene Miene keinen Zweifel, was er war: ein frustrierter Junge, dessen Beziehung zu seinem Elternhaus und zu anderen Menschen von Grund auf gestört war. Jackson hielt es für unwahrscheinlich, dass diese Wiedervereinigung von Mutter und Sohn irgendetwas Erfreuliches bringen würde.
    Er war in einem etwas abseits gelegenen Einzelzimmer untergebracht, weil die Ermittlungen der Polizei sonst die anderen Patienten gestört hätten, aber Jackson sah ihn sich genau an, als sie mit Trevor Monaghan an seiner offenen Tür vorüberkam. Etwa zehn Meter weiter blieben sie beide stehen. »Wie alt ist die Mutter?«
    »Siebenundsechzig«, antwortete Monaghan. »Dachte, mit zweiundfünfzig hätte sie das Klimakterium hinter sich, schlief zum ersten Mal seit einem Jahr wieder mit ihrem Mann und wurde prompt schwanger. Arme Frau. Der Mann starb ein Jahr später an Krebs.«

    »Noch andere Kinder?«
    »Vier - alle weit älter als er. Der eine Bruder ist achtunddreißig und hat selbst zwei halbwüchsige Kinder. Der Junge wurde aufgezogen wie ein Einzelkind - verwöhnt nach Strich und Faden, soweit ich erkennen kann. Aber das wurde erst zum

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