Der Schatten des Highlanders
vor.
Cameron war allerdings auch nicht besser angezogen als sie, und er sah aus, als käme er geradewegs von einer Schlägerei draußen auf der Straße. Es überraschte sie ein wenig, dass sie überhaupt am Portier vorbeikamen.
Ein Mann am Schalter blickte auf, als sie herantraten. »Kann ich Ihnen helfen?«, fragte er, und sein Tonfall machte klar, dass er das sehr bezweifelte.
»Es ist ein Zimmer für Miss Phillips reserviert«, erwiderte Cameron entspannt. »Meine Assistentin hat vor einer halben Stunde angerufen.«
Sunny versuchte, sich hinter Cameron zu verstecken, aber er fasste sie am Arm und hielt sie an seiner Seite fest. Sie murmelte einige wenig schmeichelhafte Anschuldigungen auf Gälisch, aber er zwinkerte ihr nur belustigt zu.
Der Hotelangestellte bat Cameron um seine Kreditkarte und den Ausweis, nahm beides mit skeptischer Miene entgegen und reichte es dann sofort an seinen Vorgesetzten weiter. Sunny beobachtete, wie dieser in der Nahrungskette höher Angesiedelte auf den Ausweis blickte und das Foto mit Cameron verglich.
Entsetzen breitete sich auf seinem Gesicht aus, und er bedachte den kleinen Angestellten mit einem wütenden Blick. »Das ist Robert Cameron, der Earl of Assynt«, zischte er leise. Er richtete sich kerzengerade auf und schenkte Cameron ein freundliches Begrüßungslächeln. »Wir hatten noch nie das Vergnügen Ihres Aufenthalts bei uns, Mylord.«
»Das haben Sie auch jetzt nicht«, entgegnete Cameron mit einem ebenso höflichen Lächeln. »Miss Phillips wird Ihr Gast sein, und ich bin sehr darauf bedacht, dass gut für Sie gesorgt wird.«
»Selbstverständlich«, bekam er zur Antwort, die mit der exakt angemessenen Zuvorkommenheit erfolgte. »Ich bin sicher, wir haben die Suite für Miss Phillips vorbereitet. Ein Träger wird ...«
»... nicht notwendig sein«, ergänzte Cameron. Er unterschrieb den Kreditkartenbeleg, der ihm vorgelegt wurde, streckte die Hand nach dem Schlüssel aus und nahm Sunnys Koffer. »Nach Ihnen, Miss Phillips.«
Sunny folgte ihm, denn es war das geringere Übel - die andere Möglichkeit wäre, an der Rezeption stehen zu bleiben. Sie wartete, bis sie im Lift waren, bevor sie ihn ankeifte: »Ich fahre mit Ihnen nach oben, dann drehe ich mich um und fahre wieder runter.«
»Sunshine, Sie können nicht in dieser rattenverseuchten Absteige bleiben, in der Sie ein Zimmer genommen haben.«
»Es ist das, was ich mir leisten kann, Mister, und wer zum Teufel sind Sie, dass ...«
»Ich bin Ihr Beschützer«, sagte er mit fester Stimme, »also lassen Sie mich meine Aufgabe erfüllen. Sie haben mir 24 Stunden versprochen. Sie haben keine Einschränkungen gemacht, wo wir sie verbringen werden.«
Sie merkte zu ihrem Entsetzen, dass ihre Augen zu brennen begannen und schlang die Arme um ihren Körper. »Ich hasse diese Art von Hotels. Ich mag es nicht, wenn ich mich klein fühle.«
»Das verstehe ich vollkommen, und ich stimme Ihnen zu«, sagte er ernsthaft. »Es ist aber ein sicherer Ort, Sunny, und ich bitte Sie, es hier um meinetwillen auszuhalten. Wenn jemand so ein Narr ist, dass er verächtlich auf Sie herabblickt, dann denken Sie einfach an die endlosen Blumenwiesen hinter Ihrem Cottage und dass Sie das Recht haben, diese zu genießen, Ihr Gegenüber aber nicht. So mache ich es immer.«
»Das kann ich mir gut vorstellen, Mister Hochwohlgeborener Earl of Assynt«, murrte sie und fuhr sich mit dem Ärmel über die Augen, doch dann griff sie dieses Thema erfreut auf: »Sie haben es wohl nicht für nötig gehalten, mir dieses Detail mitzuteilen.«
»Ich dachte nicht, dass Sie Wert darauf legen.«
»Ich lege keinerlei Wert darauf«, erwiderte sie steif.
Er musste lachen. »Wie ich bereits vermutete.« Er strich ihr über die Lockenpracht, die ihr auf den Rücken hinunterfiel. »Tun Sie es für mich, Sunshine, damit ich mir keine Sorgen machen muss, wo Sie schlafen.«
An diesem Punkt hatte sie vermutlich keine andere Wahl mehr, aber sie würde es nicht genießen. Sie folgte ihm mit schleppendem Gang aus dem Lift, den Korridor hinunter und in eine Suite, die aussah wie aus einem Einrichtungsmagazin.
Früchte und Saft standen auf dem Tisch bereit, daneben eine Vase mit frischen Blumen. Sie schnupperte daran, fühlte sich aber nicht behaglicher. Sie ging zum Fenster und sah hinaus. Der Ausblick war nicht gerade spektakulär, aber vermutlich war es nicht der Ausblick, für den Cameron bezahlte.
Sie hörte, wie er durch den Raum kam und hinter ihr stehen
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