Der Schatten des Highlanders
vermutete das auch, allerdings nicht mit den Dingen, die Nathans Vater gern gesehen hätte.
»Du kommst mir nicht ungeschoren davon, Robert«, fuhr Nathan in monotonem, dumpfem Tonfall fort, der perfekt zu seinen Augen passte. »Mein Vater mag dich mir vorgezogen haben, aber das hätte er nicht getan, wenn er all die Dinge über dich gewusst hätte, die ich inzwischen weiß.«
»Dein Vater hat mich dir nicht vorgezogen, Nathan. Und was das Übrige anbelangt ...« Cameron zuckte nachlässig die Schultern. »Das ist schließlich alles der Öffentlichkeit zugänglich, oder nicht?«
Nathan hob kurz eine seiner Augenbrauen. »Das werden wir ja bald sehen.« Er wandte sich ab. »Fahr vorsichtig«, rief er Cameron im Davongehen hinterher.
Cameron sah ihm nach, bis er den Gang hinunter verschwunden war. Er überlegte einen Augenblick, auf was Penelopes Bruder angespielt haben könnte, aber darüber konnte er auch später noch nachdenken. Er sah George an. »Da kontrollieren wir wohl besser mal die Bremsen, nicht wahr?«
»Derrick hat den Wagen die ganze Nacht über im Auge behalten, Mylord«, sagte George aufgeräumt. »Soll ich ihn trotzdem überprüfen?«
»Nein«, sagte Cameron. »Ich bin in Eile.«
»Wie Sie wünschen, Mylord.«
Drei Minuten später schlug Cameron die Autotür zu und zog sein Handy aus der Tasche. Er sah George an, als der sich hinters Lenkrad schwang.
»Ein Privatgespräch«, sagte Cameron streng.
»Selbstverständlich, Mylord.«
Vielleicht hätte Cameron bessere Vorkehrungen treffen sollen, damit seine Privatangelegenheiten privat blieben, aber George konnte, wie Alistair mehr als einmal behauptet hatte, schweigen wie ein Grab. Cameron hätte noch diskreter sein können mit dem, was er vor seinem Fahrer sagte, aber er war zuversichtlich, dass nichts davon jemals nach außen dringen würde. Er holte tief Luft, atmete langsam aus und wählte Sunnys Nummer.
Sie hob beim dritten Läuten ab.
»Hallo?«
»Wo bist du?«, fragte er ohne Einleitung. Er musste es einfach wissen.
Sie schwieg eine lange Weile. »Wo du mich abgesetzt hast.«
Er stieß den angehaltenen Atem heftig aus und merkte dabei, dass er innerlich den ganzen Tag die Luft angehalten hatte. Er legte seine Hand über die Augen und reib sich das Gesicht, um keine verräterischen Laute der Erleichterung von sich zu geben. Dabei verschwendete er allerdings keinen Gedanken an die raue Wirklichkeit, denn eigentlich müsste es ihm ja einen großen Schrecken einjagen, dass sie immer noch in London war und nicht auf dem Weg nach Seattle, wo sie in Sicherheit gewesen wäre. Die Heiligen mochten sich seiner erbarmen, aber er würde sie nicht wegschicken, wenn sie bereit war, zu bleiben.
»Ich habe im Hotel gebeten, die Zimmerreservierung zu verlängern«, sagte sie zögernd. »Sie waren so freundlich, es zu tun.«
»Selbstverständlich, das war genau richtig«, sagte er und schwieg dann eine Weile. »Was machst du jetzt gerade?«
»Ich wollte im Fernsehen gleich eine Sendung über mittelalterliches schottisches Liebeswerben ansehen.«
Er hätte gelächelt, aber dazu war er zu verwirrt. »Das ist sicher hochinteressant.«
Sie schwieg so lange, dass er sich fragte, ob sie wohl aufgelegt hatte. Er ging sogar so weit, sein Handy zu überprüfen, ob die Verbindung noch bestand.
»Vielleicht hast du ja eine Meinung dazu«, sagte sie schließlich. »Oder vielleicht solltest du dir die Sendung mit mir zusammen ansehen. Kannst du herkommen?«
Nun blieb ihm glatt die Luft weg. »Natürlich. Ich bin gerade auf dem Weg zurück in die Stadt.«
Sie schwieg noch eine weitere Minute. »Ich werde nicht mit dir schlafen, Robert Francis.«
Er lächelte, als er diesen Namen hörte. »Das habe ich auch nicht erwartet. Aber nenn mich nicht Francis.«
»Ich könnte dich noch ganz anders nennen.«
»Das stimmt«, pflichtete er ihr bei.
»Beeil dich«, sagte sie und hängte ein.
Cameron lehnte sich bebend an die Kopfstütze zurück. Bei allen Heiligen, das war aufregender als jede Schlacht. Er wusste nicht, was sie dazu bewegt hatte, zu bleiben, aber sicher nichts von den Dingen, die er ihr geschickt hatte. Vielleicht wollte sie, dass er zu ihr ins Hotel kam, damit sie ihm einen Dolch zwischen die Rippen stoßen konnte, um sich für den Kummer zu rächen, den er ihr bereitet hatte. Vielleicht war sie nur geblieben, um ihn heftig anzugreifen, aber das hätte sie von überall aus übers Handy tun können.
Er beschloss, dass es vermutlich das Beste war,
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