Der Schatten des Highlanders
beim Hintereingang.«
»Werden die uns dort rauslassen?«
»Ich glaube schon, wenn ich dem Museumswärter eine unerwartete größere Zuwendung zukommen lasse.«
»Bestichst du öfter Museumswärter?«
Er setzte zu einer Antwort an, dann sah er sie an und lachte. »Sunny, ich tue in deiner Gegenwart eine Reihe von Dingen, die ich sonst nicht tue - und nein, ich habe noch nie einen Museumswärter bestochen. Mal sehen, ob es funktioniert.«
Als sie zu einer offenbar selten benutzten Tür geführt und dort hinausgelassen wurden, sah sie, dass es ganz gut funktionierte. Sie warteten ein paar Minuten im Schatten, bevor Cameron sie übers Trottoir zu einem eleganten schwarzen Mercedes führte, der langsam auf der anderen Straßenseite fuhr. Sunny sprang in den fahrenden Wagen, als Cameron die Tür aufmachte, und hoffte, er würde ihr folgen und sie würde nicht irgendwo hinchauffiert, wo es ihr nicht gefiele.
Sie verstand allmählich, warum Cameron so oft über seine Schulter blickte.
»Ist das deiner?«, fragte sie, als er die Tür zuzog und das Auto weiterfuhr.
»Ja.« Er nickte dem Fahrer zu. »Das ist Rufus. Rufus, das ist Sunshine.«
»Der Name passt wunderbar, Mylord«, sagte Rufus und blickte sie im Rückspiegel lächelnd an. »Wohin geht es?«
»Zu Geoff Segrave, bitte. Zu ihm nach Hause, nicht in die Kanzlei.«
Sunny sah zu Cameron hinüber. »Das kommt mir irgendwie unangenehm vertraut vor«, sagte sie auf Gälisch. »All diese Leute, die herumlaufen und dich töten wollen.«
»Nur die Szenerie hat sich verändert«, pflichtete er ihr bei.
»Und du trägst kein Schwert mehr.«
»Nein, aber ich habe immer noch ein ziemlich scharfes Taschenmesser.«
Sie lächelte über seinen trockenen Ton, dann schreckte sie hoch, als an der nächsten roten Ampel die Beifahrertür geöffnet wurde und ein dunkelhaariger Mann hereinsprang. Die Türen wurden alle gleichzeitig verriegelt, und er wandte sich um.
Die Brille und der Schnauzbart waren verschwunden. Derrick lächelte sie an, dann blickte er zu Cameron, und sein Lächeln wurde grimmig.
»Drei in der U-Bahn. Oliver ist noch hinter dem Anführer her. Der zweite hat auf mich gewartet, als ich wieder rausging, aber er ist zu einem Auto gerannt und weggefahren. Ich überprüfe das Nummernschild, wenn Sie mir meinen Laptop reichen. Nummer drei ist verschwunden, aber ich habe ihn erkannt. Peter ist hinter uns und schaut, wer uns beobachtet.«
Cameron zog einen sehr kleinen Laptop unter dem Fahrersitz hervor und reichte ihn Derrick, der ihn einschaltete und sich darüber beugte.
Sunny fühlte sich etwas schwach. Cameron nahm ihre Hand und sah sie an.
»Überstehst du das?«, fragte er ruhig.
»Ich begreife allmählich, dass du schreckliche Geheimnisse hast.«
»Sie sind schrecklich, aber nicht endlos.« Er hielt inne. »Danke für die Zuflucht, Sunny.«
»Ich glaube, du bietest mir genauso oft eine Zuflucht.«
Er schenkte ihr ein Lächeln, dann drehte er ihre Hand um und streichelte die Stellen ihrer Handfläche, die unverletzt waren.
Sie zwang sich, normal zu atmen. Sie rannte nicht weg, nicht mehr. Es konnte schließlich nicht schlimmer sein als das mittelalterliche Schottland, oder?
Sie war sich nicht sicher, ob sie die Antwort darauf wissen wollte.
26
Cameron stand auf einem Bahnsteig der Waterloo Station und sah auf die Uhr. Der Zug sollte in zwanzig Minuten abfahren, und von Sunny war noch weit und breit nichts zu sehen. Sie konnte sich nicht verlaufen haben, denn Derrick hatte die Aufgabe, sich stets innerhalb einer Entfernung von fünf Metern von ihr aufzuhalten und sie sicher und unerkannt zum Bahnhof zu bringen. Er hätte angerufen, wenn etwas schiefgegangen wäre. Cameron hatte sie zwar am gestrigen Abend nicht allein im Hotel zurücklassen wollen, hatte es aber nicht ratsam gefunden, auf ihrer Couch zu schlafen. Er musste unbedingt den Anschein seines üblichen Tagesablaufs aufrechterhalten.
Hoffentlich war es die Mühe wert gewesen.
Vielleicht war Sunny ja auch spät dran, weil sie noch müde war. Ihr Besuch bei den Segraves hatte bis in die frühen Morgenstunden gedauert. Er hatte nicht so lange bleiben wollen, aber Sunny und Virginia waren sofort ein Herz und eine Seele gewesen, und er hatte es ungemein genossen, einen Abend mit Leuten zu verbringen, die er wirklich mochte. Die Versuchung, zu bleiben, war unwiderstehlich gewesen.
Aber jetzt stand er hier, und Sunny war spät dran, was ihn zu allerlei sinnlosen Spekulationen verleitete.
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