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Der Schatten des Highlanders

Titel: Der Schatten des Highlanders Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Kurland
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Vielleicht handelte es sich tatsächlich um Tavish, der versuchte, etwas zu sein, was er nicht war. Vielleicht war es aber auch jemand, an den er sich nicht erinnerte, jemand, den er in der Vergangenheit so erzürnt hatte, dass er um jeden Preis Rache suchte.
    Vielleicht war es Giric, der durch ein Zeittor gekommen war, um Cameron das Leben zur Hölle zu machen.
    Cameron konnte es kaum ertragen, das überhaupt zu denken.
    Er atmete lange aus und zwang sich, die Gedanken an das, was ihn nach der Landung erwartete, zu unterdrücken. Da er die nächste halbe Stunde noch als glücklicher Gefangener verbringen würde, würde er sich das Vergnügen gönnen, mit seiner geliebten Sunny Händchen zu halten und die Kameradschaft von Menschen zu genießen, die ihn nicht töten wollten.
    Die harte Wirklichkeit würde sich bald genug wieder in sein Leben drängen.

29
    Sunny saß am Küchentisch ihrer Schwester und stützte das Kinn auf die Fäuste. Sie hatte einen Großteil des Vormittags damit verbracht, sich Rodney Ainsworths Krankenakte durchzusehen. Den Verdacht, dass Rodneys Tod nicht von seinem Krebs oder anderen natürlichen Ursachen herrührte, hatte sie nicht durch den Obduktionsbericht, sondern durch die peniblen Aufzeichnungen der privaten Pflegerin, die Cameron für den alten Mann eingestellt hatte, bestätigt gefunden. Sunny kannte keinen seiner Nachkommen gut genug, um zu beurteilen, ob sie zu einem Mord fähig waren oder nicht, aber bei Rodneys Tod war es definitiv nicht mit rechten Dingen zugegangen. Beide kamen vermutlich als Verdächtige in Frage, obgleich Sunny bei diesem Gedanken leicht schwindelte.
    Ebenso wie bei dem Gedanken, dass Cameron gezwungen war, sich in der Nähe der beiden aufzuhalten.
    Sie blickte auf das unscheinbare gepolsterte Kuvert vor ihr, das Rodneys Krankenberichte enthielt, und überdachte noch einmal kurz, was ihr beim Lesen aufgefallen war. Wenn Rodney vergiftet worden war, was sie vermutete, dann gab es wahrscheinlich Dutzende von Orten, wo sein Mörder das Gift besorgt haben könnten.
    Vielleicht in irgendeinem zwielichtigen Kräuterladen.
    Es gab nicht so viele Kräuterläden in der Gegend - zwielichtig oder nicht. Tavish besaß einen. Dann gab es noch einen weiter im Norden, der praktischerweise direkt neben einem Wollgeschäft lag - das zumindest hatte sie im Telefonbuch herausgefunden. Cameron hatte vorgeschlagen, sie solle sich die Zeit mit irgendetwas vertreiben, was ihr Spaß machte — und Stricken war so ein Zeitvertreib. Sie brauchte nur Wolle.
    Und wenn sie dabei auch gleich noch einen Blick in einen ihr bisher nicht bekannten Kräuterladen werfen konnte, umso besser. Wenn sie zufällig auf etwas Verdächtiges stieße, würde sie Cameron davon erzählen. Wenn nicht, würde sie wieder nach Hause zurückfahren, und keiner würde merken, dass sie ihre Nase in Dinge gesteckt hatte, die sie besser anderen überlassen hätte.
    Sie stand auf und nahm das Kuvert, dann ging sie aus der Küche, bevor sie noch länger darüber nachdenken musste. Sie legte den Umschlag auf ihr Bett und ging dann zurück in den Korridor. Am Eingang zu Patricks Büro blieb sie stehen und sah, wie Madelyn mit Hope auf dem Teppich vor dem Feuer spielte. Madelyn sah lächelnd zu ihr auf.
    »Wie geht es dir?«
    »Ich finde keine Ruhe«, gab Sunny zurück. »Ich glaube, ich muss mal hier raus.«
    »Ich komme mit.«
    Sunny zögerte. »Ich glaube, das solltest du lieber nicht tun.«
    »Du auch nicht«, entgegnete Madelyn freundlich, »aber wenn du rausgehst, dann komme ich mit. Schließlich sind wir in Schottland. Das kann ja nicht so gefährlich sein!«
    Sunny stimmte ihr insgeheim zu. Abgesehen vom einen oder anderen Zusammentreffen mit mittelalterlichen Clanmitgliedern war ihr hier noch nie etwas zugestoßen.
    »Ich verfrachte Hope schon mal in ihren Kindersitz«, sagte Madelyn beim Herausgehen, »kümmerst du dich um das Kaminfeuer?«
    »Ich brauche Wolle«, sagte Sunny, als wäre sie Madelyn eine Erklärung schuldig.
    »Klar«, rief Madelyn über die Schulter zurück. »Beeil dich.«
    Sunny hoffte, dass sie nicht im Begriff war, einen Fehler zu machen, aber schließlich waren sie wirklich in Schottland. Das konnte doch wohl nicht gefährlich sein. Sie schnappte sich ihre Handtasche, sah nach, ob ihr Handy darin war, dann sah sie nach dem Feuer und folgte ihrer Schwester nach draußen.
    Eine Stunde später fuhren sie Richtung Norden, glücklich, dem Haus einmal entronnen zu sein und etwas anderes zu tun,

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