Der Schatten des Highlanders
nächstbeste Highlander.«
»Aber natürlich«, pflichtete Sunny ihr kopfnickend bei. »Ich wollte nichts anderes andeuten.«
Gilly wirkte nicht sonderlich zufrieden mit dieser Antwort, aber sie erzählte trotzdem weiter. »Ich habe Nathan auf der Rennbahn kennengelernt, wo er enorme Summen bei Pferdewetten verlor, und stellte mich ihm als entfernte Verwandte von Alistair vor. Sobald er erfuhr, dass ich Cameron ebenso verabscheute wie er, war es nicht weiter schwer, ihn zu überzeugen, mir zu helfen. Und in den vergangenen drei Monaten habe ich immer wieder in Ainsworth Manor als Küchenchefin gearbeitet.« Sie lächelte kurz. »Das macht es leichter, gewisse Zutaten in den Eintopf zu geben. Sie wissen, was ich meine.«
Sunny schluckte heftig. Sie war kein bisschen überrascht und fragte sich allmählich nur, ob es auch damals nicht Giric, sondern Gilly gewesen war, die versucht hatte, Cameron zu vergiften, und vielleicht hatte sie ja sogar Girics Vater auf diese Weise umgebracht.
So viel Tod. Kein Wunder, dass Gilly dem Wahnsinn verfallen war.
»Ich wusste, dass es Camerons Stolz verletzen würde, seine Firma zu verlieren«, fuhr Gilly entspannt fort, »aber mit der Zeit erkannte ich, dass mir das nicht genug war. Ich wollte sein Herz treffen. Ich suchte nach Ihnen, aber Sie waren immer noch nicht in Schottland oder England aufgetaucht, und ich kannte auch Ihren Nachnamen nicht. Schließlich sah ich vor ein oder zwei Jahren zufällig Ihre Schwester im Dorf. Zuerst dachte ich, das wären Sie, erkannte aber bald meinen Irrtum. Es war zwar verführerisch, sie zu töten, denn ich wusste, dass Ihnen das Kummer bereiten würde, aber eigentlich wollte ich etwas anderes. Ich sah zu, wie sie diesen Prachtkerl von einem MacLeod heiratete, und auf einmal tauchten auch Sie dort auf.« Sie lächelte. »Da wusste ich, dass die Zeit zum Handeln gekommen war.«
Sunny schloss kurz die Augen. Madelyn wäre damals beinahe gestorben, und Sunny hätte keine Ahnung gehabt, warum. Sie schluckte schwer. »Und Ihre Geduld wurde belohnt.«
»Die kommt mir immer noch sehr zugute, denn ich bin geduldig genug, um Sie auch jetzt am Leben zu lassen, obwohl ich mich kaum zurückhalten kann, Ihnen meinen Dolch in die Brust zu stoßen.«
»Aber warum mir?«, brachte Sunny hervor.
»Das habe ich Ihnen doch schon gesagt«, schrie Gilly sie plötzlich an. Sie holte tief Luft, und musste sich sichtlich zwingen, ruhig zu bleiben. »Weil Cameron leiden wird wie ein Hund, wenn er Ihnen beim Sterben zusieht.«
»Aber warum wollen Sie Cameron Leid zufügen?«
»Weil er mich nie haben wollte«, sagte sie mit tonloser Stimme. »Ich habe Breac geheiratet, und erst dann habe ich gemerkt, wen ich wirklich begehre: seinen Bruder. Ich habe Cameron das nie gesagt, aber er hätte es ahnen können. Ich wollte ihn zwingen, es zur Kenntnis zu nehmen, aber er hat mich gar nicht beachtet.«
Sunny vermutete, dass Cameron so besser dran gewesen war.
»Ich wusste, dass ich dazu bestimmt war, die Herrin in Cameron Hall zu sein«, fuhr Gilly fort, »was mir kaum eine andere Wahl ließ, als Cameron zu töten.« Sie blickte Sunny hochmütig an. »Natürlich habe ich auch die Schlacht damals angezettelt. Meine Verwandten wollten sich an Cameron rächen, um ihn dafür büßen zu lassen, dass er mich nicht haben wollte, und um es ihm heimzuzahlen, dass er mir die Stellung verwehrte, die mir zugestand. Und dann war Breac so dumm, den für Cameron bestimmten Schwerthieb entgegenzunehmen.«
»Aber Cameron wollte Sie danach doch heiraten«, wagte sich Sunny sehr zögerlich vor. »Nach dieser Schlacht.«
Gillys Stimmungsumschwung erfolgte daraufhin erschreckend schnell. Sie richtete sich zu ihrer vollen Größe auf.
»Meinen Sie wirklich, ich hätte mich so weit herabgelassen, ihn dann noch zu nehmen?«, sagte sie voller Verachtung. »Nachdem er mich abgewiesen hatte? Nachdem er meinen Mann getötet hatte? Nachdem er Sie angesehen hatte, wie er mich nie angesehen hat?«
Sunny blickte Gilly nur stumm und entgeistert an. Sie war wie betäubt, als sie erkannte, dass Cameron seine Brüder aufgrund der Ränkespiele der Frau verloren hatte, die hier vor ihr stand. Sie zweifelte nicht daran, dass Gilly auch Giric dabei unterstützt hatte, den Clan gegen Cameron aufzuhetzen. Sie schloss kurz die Augen. So viel Tod und Leid, und alles nur, weil Gilly jemanden begehrt hatte, der ihre Gefühle nicht erwiderte.
Gilly schärfte die Spritzennadel mit ihrem Messer. »Also, und nun
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