Der Schatten des Highlanders
sind wir hier und warten auf Ihren Liebsten. Er wird mir dabei zusehen, wie ich Sie töte, dann wird er in irgendeinem Gefängnis verrotten, während ich Cameron Hall übernehme und all den Luxus genieße, den er für selbstverständlich hält.« Sie lächelte. »Ich will, dass er auf Jahrzehnte hinaus jeden Tag jeden Monats jeden Jahres leidet, in dem Bewusstsein, was er besaß und was er verloren hat.« Sie blickte gedankenverloren die Nadel an. »Ich wünschte, er würde sich beeilen, damit ich endlich mit Ihnen fertig bin.«
Sunny machte den Mund auf, um ihr zu sagen, dass Cameron vermutlich nicht einfach so hereinspazieren würde, als sie bemerkte, dass sie damit falsch lag. Sie sah, dass Cameron an dem verfallenen Torbogen lehnte, der ihr am nächsten lag. Aufgrund seiner vollkommen ausdruckslosen Miene hatte sie den Verdacht, dass er Gillys Ausführungen schon geraume Zeit gelauscht hatte.
Er stieß sich von dem Torbogen ab und ging in die Mitte des Saals. Drei Schritte hinter Gilly blieb er stehen.
»Hallo, Schwester«, sagte er ruhig.
Sunny riss den Mund auf, um ihn zu warnen, dass Gilly nicht allein war, aber wahrscheinlich wusste er das bereits; sie sah ihre Vermutung bestätigt, als sie Patrick, Derrick und Ian leise durch andere Fenster und Tore treten sah. Und durch Löcher in der Mauer sah sie weitere Männer schlüpfen und schloss daraus, dass die gesamte Burgruine von Camerons Getreuen umzingelt war.
Was für einen Unterschied ein paar Jahrhunderte doch ausmachten.
Die Rangelei mit Gillys Männern dauerte nur kurz, aber das nützte Sunny nicht viel. Gilly war über die Verliesöffnung gesprungen und packte sie an den Haaren, noch bevor Cameron bei ihr sein konnte. Sunny spürte, wie ihr etwas in den Hals stach. Ihr war es ganz gleich, was es war. Ein Messer durch die Luftröhre, eine Nadel in der Halsschlagader — es machte in Bezug auf die tödliche Wirkung keinen Unterschied.
»Gilly, lass sie los«, sagte Cameron recht entspannt. »Du willst doch sowieso mich, nicht wahr?«
»Ja, wenn sie tot ist«, pflichtete Gilly ihm bei. »Oder wäre es schlimmer für dich, zuzusehen, wie jemand anderer sie nimmt, während sie noch lebt? Das hier sind nicht alle Männer, die mir unterstehen, musst du wissen. Nathan wird bald herkommen und ebenfalls Leute mitbringen. Vielleicht würdest du ja gerne zusehen, wie er und seine Männer über dein Liebchen herfallen. Würde dir das gefallen?«
»Es wäre eine Qual für mich«, gestand Cameron ein.
Sunny sah ihn an, aber sein Blick war starr auf Gilly gerichtet. Sunny wünschte sich, sie könnte die gefesselten Hände herunternehmen. Aber selbst wenn ihr das möglich wäre, war sie nicht sicher, wie weit sie rennen könnte. Sie fühlte sich entsetzlich schwach.
»Schick sie fort«, giftete Gilly Cameron an und deutete auf Patrick und die anderen.
Cameron machte eine Handbewegung, und Sunny beobachtete von ihrer unbequemen Position aus, wie Patrick, Ian und Derrick mit viel Getöse und laut murrend weggingen. Sie hörte sie draußen noch eine ganze Weile fluchen, bevor ihre Stimmen verebbten. Sie zweifelte nicht daran, dass sie sofort kehrtmachen und sich mit denen zusammenschließen würden, die draußen bereitstanden, aber das würde ihr alles nichts nützen, wenn Gilly ihr den Hals aufschlitzte.
Bald befanden sich nur noch sie und Gilly an der Mauer, und Cameron stand reglos in der Mitte des großen Saals der Fergusson-Burg. Er war so schön, wie er dastand und das Sonnenlicht auf seinem dunklen Haar glänzte, dass ihr bei seinem Anblick die Tränen kamen. Sie konnte kaum glauben, dass sie so nahe daran war, ihn ganz für sich zu haben, aber noch näher daran, ihn zu verlieren.
»Da wir ja auf Nathan warten müssen ...«, begann er vorsichtig, »sollten wir uns irgendwie die Zeit vertreiben. Möchtest du mir nicht erzählen, wie du hierhergekommen bist?«
Gillys Hand packte Sunnys Haar fester. »Lenk mich nicht ab.«
»Ich will nur meine Neugier befriedigen«, sagte er milde. »Und ich würde auch gern wissen, was du von mir willst. Abgesehen davon, dass ich zusehen soll, wie meine Freundin unter Nathans Händen leidet.«
Sunnys Kopf wurde so heftig an den Fels zurückgeschmettert, dass sie Sterne sah. Aber zumindest hatte Gilly sie losgelassen. Gilly trat beiseite und stand am Rand des Verlieses. Sunny spürte die gewaltige Versuchung, sie hinunterzustoßen, aber sie sah noch rechtzeitig Camerons warnenden Blick.
Lass mich das machen.
Sie hatte
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