Der Schatten des Highlanders
gerne wieder hingelegt hätte.
Er umfing sie mit seinen Armen und griff nach den Zügeln. »Also, dann bringen wir Euch eben nach Hause.«
»Ich schaffe das schon«, protestierte sie. »Irgendwann.«
Er schnaubte verächtlich. »Ja, vielleicht in zwei Wochen, oder in vier. Ich werde Euch stattdessen noch heute dorthin bringen.«
Sicher hätte sie noch ein wenig mehr Widerstand leisten müssen, aber sie war einfach zu erschöpft. Außerdem konnte Cameron sie zu Moraigs Haus zurückbringen und dann wieder zu seiner Burg reiten, ohne getötet zu werden, oder nicht?
Er hatte die Strecke sicher schon einmal zurückgelegt.
»Danke, Cameron«, sagte sie mit einem tiefen Seufzer.
»Für Euch immer noch: Danke, mein Laird.«
Sie lächelte. »Ich habe zwar einen eigenen Laird, aber trotzdem danke.«
Er brummelte etwas Unverständliches, dann zog er sie an sich, damit sie sich an seiner Brust anlehnen konnte. Sunny schloss die Augen, als er seine Arme um sie legte und sie beim Reiten aufrecht hielt. Trotz allem war sie ihm unendlich dankbar für seine Hilfe. Sie konnte kaum mehr als eine oder zwei Stunden gegangen sein, dennoch war sie fast zu Tode erschöpft. Und wäre da nicht der Gedanke an eine warme Dusche und ein knisterndes Kaminfeuer, dann hätte sie sich vielleicht nicht einmal auf Camerons Pferd aufrecht halten können.
Sie sah auf seine Hände, die die Zügel vor ihr hielten, und studierte die Narben darauf. Die hatte er sich wohl beim Kampftraining oder in der Schlacht geholt. Sie streckte die Hand aus und fuhr sachte mit dem Finger darüber. Wie alt war er wohl gewesen, als er sie sich zugezogen hatte, wo war er gewesen, mit wem hatte er gekämpft?
Dann wurde ihr bewusst, was sie da gerade tat. Sie zog abrupt ihre Hand weg, aber er nahm sie und legte sie wieder auf seine. Dann bedeckte er ihre Hand mit seiner anderen und drückte sie sanft.
Vielleicht war er durch den Schlafmangel genauso verwirrt wie sie.
Sie ritten ohne Hast nach Süden. Es war später Nachmittag, als sie den Wald nördlich von Moraigs Haus erreichten. Cameron brachte sein Pferd unter einem Baum zum Stehen und schwang sich herab. Er sah sich vorsichtig um, dann streckte er die Arme nach ihr aus. Sie legte ihre Hände auf seine Schultern und ließ sich von ihm herunterhelfen.
Er stellte sie sanft auf dem Boden ab und schlug vor: »Von hier aus gehen wir zu Fuß.«
»Sie sollten nicht mitkommen«, sagte sie ernst. »Wirklich. Ich schaffe das jetzt auch allein.«
Er schnaubte abweisend. »Ihr könnt Euch kaum auf den Beinen halten. Ich begleite Euch zum Haus zurück.«
»Aber was ist mit Ihrem Pferd?«
»Das wird auf mich warten.«
»Und wenn nicht?«
»Dann gehe ich eben zu Fuß zurück. Es wäre nicht das erste Mal.« Er hob sie hoch auf seine Arme.
»Cameron!«
»Ihr habt keine Schuhe an.«
»Aber ...«
»Still, Sunshine. Meine Ehre gebietet es.«
Nun, wenn das so war, warum sollte sie sich dann mit ihm streiten?
Sie gab auf und legte ihm die Arme um den Hals. Sie versuchte, sich nichts dabei zu denken, dass ihr Gesicht nur etwa eine Elle von seinem entfernt war, und sein Mund war aus der Nähe wie aus der Ferne einfach wunderschön - auf durchaus männliche Art natürlich. Sie barg ihr Gesicht aus reinem Selbstschutz in seinem Haar. Hatte sie etwa eben bei ihm ein Erschauern verspürt, so wie bei sich?
Warum musste er 650 Jahre älter sein und vollkommen unerreichbar für sie?
Sie kamen eher zu Moraigs Cottage - oder zu dem, was einmal Moraigs Cottage sein würde —, als ihr lieb war. Sunny fragte sich, ob Cameron von ihrem Gewicht wohl erschöpft war, aber er setzte sie, ohne zu ächzen oder sich zu strecken, ab und beklagte sich nicht einmal. Er legte ihr nur den Arm um die Schultern und führte sie um die Ecke zum Eingang.
Sunny blieb erschrocken stehen, zwang sich dann aber, sich zu entspannen. Der Eingang sah nicht aus wie die Tür zu Moraigs Cottage, aber schließlich war es ja auch die mittelalterliche Seite des Zeittors. Vermutlich sollte sie nichts anderes erwarten.
Sie wandte sich an Cameron. »Danke, dass Sie mich zurückgebracht haben«, sagte sie ruhig.
»Danke, dass Ihr überhaupt mitgekommen seid.«
Sie wollte etwas erwidern, aber was gab es da noch zu sagen? Kommen Sie mit mir? Lassen Sie mich nicht gehen? Keines von beidem war möglich.
Noch bevor ihr eine kluge Antwort einfiel, hatte er sie in seine Arme gezogen. Sunny schloss die Augen und legte die Arme um seine Taille und schmiegte sich in
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