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Der Schatten des Horus

Der Schatten des Horus

Titel: Der Schatten des Horus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thilo P. Lassak
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zur Pyramide. Aber vorher will ich noch mehr über Cheops herausfinden. Fahr uns zum Ägyptischen Museum!«
    Yusuf schüttelte den Kopf.
    » Bitte! «, fügte Rascal betont hinzu und blitzte Sid tadelnd an.
    Yusuf beobachtete sie im Rückspiegel und grinste. »Kein Grund zum Streiten!«, sagte er. »Manchmal ist eben keine Zeit für lange Höflichkeiten. Aber ich kann trotzdem nicht hinfahren. Das Museum hat nur bis sieben Uhr geöffnet. Jetzt lassen sie keinen mehr rein!« Er musste Sids enttäuschtes Gesicht bemerkt haben. »Morgen Früh hole ich euch vom Hotel ab, dann habt ihr den ganzen Tag zum Besichtigen. Und jetzt gehen wir essen. Zu Fuß. Diesen Parkplatz gebe ich so schnell nicht wieder her.«
    An einem Imbissstand bestellte Yusuf drei Portionen fuul , das Fleisch des armen Mannes, wie er es nannte, Bohnen in Fladenbrot mit tahina , einer Soße aus Sesam und pürierten Hülsenfrüchten. Bei einem Wasserverkäufer bestellten sie ein Glas dazu.
    Sid sah den Einheimischen zu, die seelenruhig, als würden sie keine Termine kennen, an ihnen vorbeiflanierten. Zum ersten Mal seit Langem fühlte er, wie der Druck aus seinem Magen wich. Niemand verfolgte ihn. Für einen Moment fühlte er sich wie ein normaler Tourist.
    Hätte er nur nicht sein Handy hervorgezogen und aus alter Gewohnheit eingeschaltet. Es piepste anhaltend. Achtundzwanzig neue Nachrichten zeigte das Display an. Der Druck war zurück.

22. Kapitel
    New York City, Dienstag, 3 . Juli 2007
    2 1 Uh r 46 Ortszeit New York. Sechs Personen standen um den blank gebürsteten Operationstisch herum. Panajotis Theodorakis und die zwei Krankenschwestern trugen grüne OP-Anzüge und weiße Gesundheitsschuhe. Birger Jacobsen hatte seine bodenlange braunrote Robe angelegt, das Gesicht tief in der Kapuze verborgen. Um seinen Oberarm waren vier Fellstreifen geknotet, die ihn als Wesir, den zweithöchsten Rang des Kultes, auswiesen.
    Auch die beiden anderen Wesire hatten es sich nicht nehmen lassen, zu diesem besonderen Anlass um die halbe Welt zu fliegen. Birger Jacobsen kannte ihre Identität nicht, und sie wussten nicht, wer er war. Die Kutten verhinderten, dass sie sich zu viele Gedanken über solche Kleinigkeiten machten. Alle wollten dabei sein, wenn die erste Stufe der Auferweckung von Setepenseth, ihrem Kultgründer, erreicht wurde. Alle, nur Tanaffus, der Rüde, ihr Oberpriester nicht. Warum fehlte er bei diesem epochalen Ereignis?
    Trotz der Größe des Augenblicks fühlte sich Birger Jacobsen seltsam entspannt. Fünfzehn Jahre lang hatte er auf diesen Augenblick hingearbeitet. Mit dreiunddreißig hatte er den Anruf bekommen, dass endlich wieder ein passender Körper gefunden worden war. Mit vierundvierzig hatte er das Mumienherz aus Bagdad herausgeschleust. Nun war er bereits achtundvierzig, doch durch eisernes Training, mit dem er Körper und Geist regelmäßig quälte, fühlte er sich jünger als je zuvor. Er hatte seine Arbeit gut gemacht. Nur der Unfall, mit dem er Sid Martins ins Krankenhaus befördert hatte, war eine Spur zu heftig ausgefallen. Die rothaarige Schlampe hatte dem sa zugewinkt und ihn so auf die Straße gelockt, direkt vor seine Kühlerhaube. Aus einem leichten Zusammenstoß, wie er ihn geplant hatte, wurde ein schwerer. Nicht lebensbedrohlich, wie ihn Theodorakis kurz darauf vom Krankenhaus aus beruhigen konnte, aber Tanaffus würde ihn trotzdem zur Rechenschaft ziehen.
    2 1 Uh r 51. Birger Jacobsen fröstelte. Die Luft im Raum war kalt. Seine Augen glitten über den blassen Körper, der vor ihnen lag. Wie bei schweren Operationen üblich war der Patient auf achtzehn Grad gekühlt, die Körperfunktionen somit auf ein Minimum heruntergefahren. Sein Kopf war leicht blau und etwas angeschwollen, der Brustkorb an den Stellen, wo die Rippen gebrochen waren, ein wenig eingedrückt. Theodorakis und die beiden Schwester n – ebenfalls Anhänger des Kult s – wirkten wie ein eingespieltes Team. Auf sein Nicken hin pinselten sie dem Jungen die rote, antibakterielle Flüssigkeit auf die Brust, über die kaum noch sichtbare alte Narbe. Hier würde ihm Theodorakis gleich den Körper öffnen, wie er es bereits kurz nach Sidneys Geburt getan hatte. Damals verhieß dieser Eingriff ein neues Leben für den Säugling, heute veränderte er die ganze Welt.
    Die Frauen legten ihre Pinsel beiseite und breiteten ein grünes Tuch über den Körper, wie sie es wohl schon hunderte Male getan hatten. Sid Martins, fünfzehnjähriger Schüler und Millionärssohn,

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