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Der Schatten des Horus

Der Schatten des Horus

Titel: Der Schatten des Horus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thilo P. Lassak
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anstrahlten, flackerten. Mit einem lautem Knall zerplatzte einer nach dem anderen.
    Plötzlich erzitterte der Sarkophag und begann sich um die eigene Achse zu drehen. Dann ruckte er nach vorne, schrappte quietschend über den Boden und verschloss mit einem dumpfen Knall den Ausgang.
    »Rascal!« Sid riss den Kragen seines Shirts kaputt, um atmen zu können. Beklemmungen. Schwere Gewichte auf der Brust pressten ihm die Luft ab, er japste wie ein Hund. Dann zersprang auch noch die letzte Glühbirne. Es war stockdunkel. Als ein eiskalter Hauch über sein Gesicht strich, schrie Sid auf. In einem unbeholfenen Reflex versuchte er die Wand der Kammer zu ertasten, aber etwas traf ihn in den Kniekehlen.
    Halb ohnmächtig vor Angst stürzte Sid nach hinten. In den Sarkophag.

29. Kapitel
    Ich erinnere mich, wie es kam, dass Chufu mich besiegen konnte.
    Als Setepenhorus seine Beschwörung sprach, schalt ich mich. Ich hätte es ahnen müssen, denn durch den Gang zur Kammer lässt sich kein prächtiger Sarkophag tragen, wie er einem pharao gebührt.
    Setepenhorus verbrannte ein Kraut, das er Safran nannte. Er schloss die Augen und betrachtete die Decke von mer , der Pyramide. Ihm wuchsen Federn am ganzen Körper und Krallen aus seinen Fingern. Sein Rücken wurde krumm und ein Schnabel erschien in seinem Gesicht und seine Augen sahen das ganze Land. Ich aber hatte das Kraut nicht bei mir, das man Kümmel nennt.
    Aus der Tiefe der Pyramide kamen viele Männer. Sie hatten sich in der Kammer weit unten im Felsen versteckt und sie trugen die Masken des Falken. Setepenseth kannte den einen Spruch, mich zu lähmen. Die Hände ergriffen mich und hielten mich fest. Setepenhorus nahm ein Steinmesser und öffnete mir die Brust. Er nahm mein Herz heraus, mein unsterbliches Herz, und legte es in einen Krug, den sie Kanope nannten. Aber es schlug weiter wie bisher. Auch meinen Magen entfernten sie und die Eingeweide und die Leber und die Lunge und legten sie in verschiedene Kanopen. Diese vier Krüge brachten sie in die Felsenkammer. Meinen Körper bestrichen sie nicht mit dem mum der Bienen, denn eine mumia sollte er nicht werden, und trugen ihn in die Kammer in der Mitte.
    Mein Herz aber legten sie in einen Sarkophag aus Granit und es klopfte gegen dessen Wände. Zu seiner Verhöhnung hatten sie lange Schächte im Stein frei gelassen. Zweimal an jedem Tag schien die Sonne herein. So wollten sie mir zeigen, wie viel Zeit verging, in meinem Gefängnis, bis zur Ewigkeit.
    Als nun Chufu und Setepenhorus und die vielen Männer mit Falkenmasken mer verließen, verschlossen sich die Eingänge hinter ihnen von selbst. Steine, hart wie die Knochen des Seth, errichteten eine Sperre, die kein Mann je durchdringen könnte.
    Wie war ich doch so töricht!
    Niemals sollte im Horizont des Chufu ein pharao vor mir bewahrt werden. Setepenhorus hatte ein Gefängnis für die Ewigkeit gebau t – so glaubten jedenfalls Chufu und alle Menschen der Wel t …
    Ein Letztes noch tat mein Herz, bevor mir die Sinne schwanden. »Höre, Seth!«, so rief es. »Du bist der mächtigste Gott und ich zweifle nicht an dir! Befreie mich aus meinem Gefängnis und ich werde die Menschen lehren, dich zu fürchten! Gestreichelt habe ich sie lange genug. Dann werde ich das Messer schwingen und ein Wehklagen wird bei denen sein, die dir nicht folgen!«
    Dann weiß ich lange nichts.

30. Kapitel
    Giza, 16 . Oktober 2007
    »Sedjem irek eni, i wehi-hati!« Die Worte drangen wie durch einen Vorhang in Sids Gehirn. Aber er verstand ihre Bedeutung sofort.
    Blinzelnd öffnete Sid die Augen, ein greller Schein blendete ihn. Wo eben noch Dunkelheit geherrscht hatte, erleuchteten nun Schalen mit kleinen Feuern die Kammer. Rauchschwaden senkten sich ohne Eile zu Boden. Safran wurde verbrannt. Als Sid sich aus dem engen Sarg erheben wollte, schrie er vor Schmerz auf. Bei seinem Sturz musste er sich den Halswirbel verrenkt haben. Er versuchte es noch einmal, langsamer jetzt. Woher war die Stimme gekommen? Zentimeter für Zentimeter schob er seinen Kopf über den Rand des Sarkophags. Sofort wünschte Sid, er hätte seiner Neugier niemals nachgegeben. Vor ihm in der Kammer stan d … Chufu! Auf seinem Kopf trug er die Krone der beiden Ägypten. Mit toten Augen starrte er seinen ungebetenen Gast an.
    Sid wollte die Hände vor sein Gesicht heben, um sich vor dem grauenvollen Blick zu schützen, der ihm die Seele aus dem Leib zu saugen schien, aber seine Gliedmaßen gehorchten ihm nicht. Der

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