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Der Schatten des Horus

Der Schatten des Horus

Titel: Der Schatten des Horus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thilo P. Lassak
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Wurm! Du bist zu schwach!«, keifte Sids Stimme. Sein Arm beugte sich gegen seinen Willen. Die Strahlen in Chufus Augen erloschen, sein Blick wirkte überrascht und ratlos. Ich will das nicht!, schrie Sid innerlich. Töte mein Herz! Aber seine Sehnen arbeiteten, die Muskeln zogen sich zusammen, die Finger fanden den Weg in seine Tasche. Was hast du vor?, fragte Sid sein Herz. Langsam erschien die Hand vor seinem Gesicht, mit der Figur des Chufu.
    »Chnum-Chufu, der alte Fluch ist endlich erfüllt! Die Rache ist mein!«, hörte Sid seine Zunge sagen. Sein Arm schleuderte die Figur gegen die Wand der Kammer. Noch bevor sie auf dem Granit aufschlug, zersprang sie in tausend Teile. Der Pharao starrte sie entsetzt an, für einen winzigen Moment zeigte sich eine menschliche Lebendigkeit in seinen Augen, echte Trauer. Dann fiel sein Körper in sich zusammen, ein Haufen Staub rieselte zu Boden. Sofort wehte ein Windhauch durch den Luftschacht in die Kammer. Spiralförmig um sich selbst kreisend wirbelte er die Überreste des Chufu auf, wie um sich zu verabschieden tanzte der Strudel von der einen Ecke in die andere. Dann erhob er sich und stob durch den zweiten Schacht in den Himmel über der Wüste.
    Sid hatte die Kontrolle über seinen Körper zurück. Erschöpft und enttäuscht von seiner Niederlage gegen den Dämon und das schreckliche Herz warf er den Kopf nach hinten und stieß sich den Halswirbel erneut am Rand des Sarkophags. Dann umhüllte ihn eine gnädige Ohnmacht.
    Als Sid wieder zu sich kam, war es stockdunkel in der Kammer, die Schalen mit den Flammen waren verschwunden. Das Herz klopfte ohne Aufregung, obwohl die Leuchten an den Wänden noch immer ausgeschaltet waren. Nur durch die beiden Luftschächte drang mattes Licht herein, sodass er kaum die Hand vor Augen erkennen konnte. Verwirrt erhob sich Sid aus dem Sarkophag. Er musste ohnmächtig geworden und in die Steinwanne gekippt sein! Er sog die Luft ein. Es roch nach Angst und Überraschung und Todesqual, nach mumifiziertem Fleisch und Wachs. Jetzt traf ihn die ganze Wucht der Ereignisse. Ich bin nicht mehr ich! Mich quälen die Erinnerungen eines Fremden. Wie oft werden mich diese Visionen noch heimsuchen?, durchzuckte es ihn.
    Er fasste in seine Tasche. Die Figur war nicht da. Natürlich, seine Halluzinationen mussten schon vor der Pyramide angefangen haben! Womöglich lag es nur an diesem Ort, wo Setepenseth, wenn er den Bildern glauben konnte, über Jahrhunderte eingesperrt gewesen war. Er musste so schnell wie möglich hier raus.
    Wirr im Kopf und mit stechenden Schmerzen verließ er das Gefängnis, das jeder Wissenschaftler für eine Grabkammer hielt. Auf allen vieren schob sich Sid durch den Gang zurück. Stockdunkel. Verdammt, wo war Rascal geblieben? Irgendetwas musste die nicht sehr vertrauenerweckende Elektrizität der Pyramide außer Gefecht gesetzt haben. Wie sollte er sich jetzt zurechtfinden?
    Nutze deine Fähigkeiten! Sid stieß in regelmäßigen Abständen ein kurzes Zischen aus. Am Echo glaubte er erkennen zu können, wie viele Meter Schacht noch vor ihm lagen. Plötzlich kam der Laut nicht in gewohntem Tempo zurück. Die Decke musste hoch, der Raum weit sein. Der Boden war schräg und abgestuft. Sid verfluchte sich, dass er auf dem Hinweg nicht besser achtgegeben und sich alles eingeprägt hatte. Aber dies hier war ohne Zweifel die Große Galerie. Hier hatte er sie zurückgelassen. »Rascal?« Sein Ruf hallte von der hohen Decke wider. Keine Antwort. Wo konnte sie sein? Hatte sie sich in der Finsternis verlaufen und irrte nun durch die engen Schächte? Ihr zarter Veilchenduft lag noch immer in der Luft. Sicher hatte sie versucht ihn nach draußen zu schleppen, aber wahrscheinlich schnell eingesehen, dass er für sie alleine zu schwer war. Dann war sie nach draußen gelaufen, um Professor Saladim und Yusuf zu holen. So musste es gewesen sein. »Rascal!?«
    Die Dunkelheit bot eine perfekte Projektionsfläche für die Bilder, die Sid in der Königskammer gesehen hatte. Das ba des Chufu, so versuchte er sich die Vision zu erklären, hatte heute versucht, den Dämon zu besiegen und war gescheitert. Aber er selbst, Sid Martins, würde es schaffen. Sid schlug sich mit der Faust auf die Brust. »Ich schaffe es, hörst du!«
    Ein enger Gang schluckte die Worte. Sid kroch hinein, es ging steil abwärts. Wenn es keinen weiteren Abzweig von der Großen Galerie gab, musste dies der Aufsteigende Korridor sein. Der Handlauf fiel ihm wieder ein. Schon

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