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Der Schatten des Horus

Der Schatten des Horus

Titel: Der Schatten des Horus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thilo P. Lassak
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sich bei dem Gedanken.
    Plötzlich blieben seine Augen an einem eingeritzten Spruch in der Nordwand hängen. Opened 1872 hatte jemand über ein faustgroßes Loch geschrieben. 1872! Nagy hatte seinen Brief an Pulitzer vier Jahre später abgeschickt. Konnte diese Zahl ein Hinweis auf die Seiten aus seinem Notizbuch sein? Sofort war Sid hellwach. Die Erschöpfung war wie weggeblasen.
    »Was wurde 1872 geöffnet?«, unterbrach er den Professor.
    Saladim sah zu der Inschrift. »Sehen Sie, dieser Schacht hier reicht ungefähr vierundsechzig Meter weit in die Pyramide hinein. Dann endet er plötzlich.« Er nahm seine Brille ab und massierte sich die Nasenwurzel. »Aber auch er hat nicht in die Kammer geführt. Sehen Sie!« Er bohrte mit dem Zeigefinger in dem Loch herum. »Eine acht Zentimeter dicke Platte hatte ihn ursprünglich unsichtbar gemacht. Bis Waynman Dixon kam. Dieser ansonsten eher zu vernachlässigende englische Archäologe erklopfte einen Hohlraum und sprengte den Schacht kurzerhand auf!« Die Empörung über diese Rohheit schwang deutlich in Saladims Stimme mit. »Aber nun lassen Sie uns endlich den Aufstieg in die Königskammer wagen! Obwohl auch dieser Begriff irreführend ist. Ein Sarkophag steht wohl darin, aber ein Hinweis auf den Leichnam wurde nie gefunden. Ob die Pyramide überhaupt ein Grab war?« Saladim zuckte mit den Schultern, als wollte er sich selber antworten. Dann war er wieder in dem kleinen Gang verschwunden.
    Der Großvater hat von einem König leider gar nichts in sich.
    »Und?«, erkundigte sich Rascal leise. »Erschnüffelt deine Nase irgendetwas Besonderes?«
    Sid konzentrierte sich. Er roch Kupfer und Stein, das Metall des Geländers und jede Menge alten und frischen Schweiß. Er hatte Nagys Geruch, der dessen Notizbuch angehaftet war, gespeichert. Doch auch aus dem Luftschacht kam keine erhellende Note dazu.
    »Ich glaube, Nagy war nicht hier. Man müsste wissen, wie weit man die Pyramide 1876 überhaupt betreten durfte.«
    Rascal wirkte in Gedanken versunken. »Du vergisst eins, Sid«, sagte sie dann. »Nagy hat das Paket mit dem Notizbuch 1876 abgeschickt oder abschicken wollen. Aber die Seiten mit seinen Erkenntnissen kann er auch schon eine ganze Zeit früher herausgerissen und versteckt haben! Diese Schnitzeljagd war von langer Hand vorbereitet. Nagy muss geahnt haben, dass der Kult sein falsches Spiel durchschauen würde.«
    Sid seufzte. Rascal hatte Recht. An diese Möglichkeit hatte er noch gar nicht gedacht. Er kletterte in das Loch. Wieder dreißig Meter kriechen, dann waren sie zurück in der Großen Galerie. Sie war leer.
    »Professor Saladim?« Dumpf klang der Hall von Rascals Ruf von den steilen Wänden wider. »Professor Saaa-laaa-diim!« Stille. Beklemmende Stille. Sid konzentrierte sich auf jedes Geräusch. Er hörte nichts.
    »Vielleicht ist er in der Grabkammer«, flüsterte Rascal. Sid nickte zustimmend, obwohl er es besser wusste. Der Professor musste die Pyramide verlassen haben. Warum?
    Vom oberen Ende der Großen Galerie führte ein weiterer enger Korridor ab. Eigentlich konnte die Königskammer nur hier liegen. Sid zwängte sich hindurch. Sollte er nicht lieber umkehren? Saladim suchen? Urplötzlich begann sein Herz zu flimmern. Die Enge, die stickige Luft. Aber irgendetwas trieb ihn weiter.
    Mühsam schob er sich vorwärts. Nach nur wenigen Metern kam er in einen hohen Raum, hier waren sicher weitere Blockiersteine gelagert worden. Dann wieder Enge. Drei, vier Meter noch. Das Herz raste jetzt. Millionen Tonnen Stein über dir! Er war am Ziel. Ein Raum, zehn Meter lang vielleicht, halb so breit. Die Wände vollständig glatt poliert, roter Granit. Schweiß trat ihm auf die Stirn. An der Westwand entdeckte er eine Wanne aus Stein. Der Sarkophag, von dem er in New York geträumt hatte! In der Nacht als jemand in seinem Zimmer war und die Hieroglyphen in den Nachttisch geritzt hatte! Augenblicklich wusste er, dass niemand dort gewesen war. Er selbst hatte die Zeichen eingeritzt, auf Befehl des fremden Herzens, von dem er noch keine Ahnung gehabt hatte. Er spürte, wie sich ein Schrei in seiner Kehle nach oben arbeitete. Ein fremder Schrei, nicht von ihm.
    » Chufu, mek’ui iikui! Schesep irek djeba’i! «
    Sid versuchte den Mund zu schließen, seine Zunge bewegte sich, ohne dass er ihr den Befehl gab. Und er verstand. Verstand die Sprache Setepenseths: Chufu, ich bin zurück! Nun empfange meine Rache!
    Was?, dachte er in Panik. Die Scheinwerfer, die die Decke

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