Der Schatten des Horus
in die Tasche zurück. »Ich bin dran«, sagte er augenzwinkernd. Sid war ihm nicht böse, denn sein Geldbündel war seit ihrer Ankunft stark zusammengeschrumpft, auch weil Rascal den Pyramidenwächtern für ihre Hilfe bei der Suche ein ordentliches Bakschisch versprochen hatte. Wie viele Tage konnten sie sich wohl noch einen Chauffeur und Fremdenführer leisten? Er stand auf. Darüber würde er später nachdenken. Jetzt mussten sie schnellstens zurück ins Hotel und ihre Sachen packen, in einer halben Stunde sollte Yusuf sie abholen.
Das Café Riche hatte sich in den letzten beiden Stunden gefüllt. Hauptsächlich alte Männer hockten um die Tische herum, manche spielten Karten, andere Backgammon. Der Gang war überfüllt. Mehrere Male wurde Sid von rücksichtslos vorbeidrängelnden Einheimischen angerempelt und gegen Yusuf oder Rascal gestoßen. Er wusste schon, wie man darauf reagierte: Nur nicht aufregen! Malesch!
Plötzlich waren sie da. Drei Polizisten versperrten Sid den Weg zum Ausgang. Einer von ihnen hatte seine Pistole gezogen und auf ihn gerichtet. Irgendwo fiel ein Teller zu Boden.
» Passport, please! «, bellte der Große mit der Mütze. Er gab sich gar keine Mühe, freundlich zu klingen.
Sid sah sich um. Rascal zuckte mit den Schultern. Sie meinten tatsächlich ihn. Zum Glück trug er seinen Reisepass immer bei sich. Mühevoll zog er ihn aus der linken Gesäßtasche. Ohne Dank nahm der Beamte das Büchlein entgegen und blätterte mit spitzen Fingern darin herum, als könnte eine zu intensive Berührung die schlimmsten Krankheiten übertragen.
Die Stille, die plötzlich herrschte, schmerzte Sid in den Ohren. Die Karten hörten auf zu fallen, die Backgammonsteine klackerten nicht mehr, die Löffel stoppten ihre Runden in den Mokkatassen.
» Sidney Martins, from New York City, USA? « Sid nickte unsicher. Bis zu diesem Moment hatte er das Ganze noch für eine Routinekontrolle oder schlimmstenfalls für eine Verwechselung gehalten. Aber die Männer hatten seinen Namen offenbar schon gekannt. Sie hatten gezielt nach ihm gesucht.
Der Wortführer nickte nun einem seiner Schergen zu, der das Gespräch übernahm: »Wir haben einen Hinweis von Ihrer Drogenbehörde bekommen, dass Sie verbotene Substanzen mit sich führen. Deshalb würden wir Sie gerne durchsuchen. Erlauben Sie das hier oder müssen wir Sie mit ins Präsidium nehmen?«
»Ja, ja«, murmelte Sid. »Tun Sie, was Sie nicht lassen können!«
Rascal flippte aus. »Was soll das? Nichts wirst du tun, Sid! Die können dich doch nicht einfac h …«
Ein scharfes Klicken stoppte ihren Protest. Der dritte Polizist hatte seine Waffe entsichert. Yusuf zog Rascal aus der Schussrichtung. Sekunden später spürte Sid, wie ihm eine grobe Hand etwas aus der Tasche zog. Dann ein stechender Schmerz. Der Polizist drehte ihm den Arm auf den Rücken. Sein Kommandant ließ sich zu einem selbstherrlichen Grinsen herab, als er das Stanniolbriefchen vor den neugierigen Gästen auseinanderfaltete.
Das zerknitterte Gesicht des Kellners sagte: Ich hab’s doch gleich gewusst!
Sid schossen Tränen der Wut in die Augen. Trotzdem bemerkte er Rascals Entsetzen. Dann warf auch er einen Blick auf die klumpigen braunen Bröckchen, die der Polizist auf das Tablett schüttete. Sein Magen schnürte sich zusammen. Das da war keine antike Scherbe, für deren Schmuggel man mit einer Geldbuße davonkam.
M r Brownstone, Black Sugar, Smack, H hatte Rascal das Teufelszeug genannt, und darauf stand in Ägypten die Todesstrafe.
33. Kapitel
10.00 0 Meter über Afrika, Freitag, 19 . Oktober 2007
Am Midan Abdel Minin Riyad, auf der Rückseite des Ägyptischen Museums, hatte Birger Jacobsen den klimatisierten Bu s 356 Richtung Flughafen bestiegen. Der sa war in Gewahrsam. Eine Stunde hatte er nun Zeit, an ein Flugticket zu kommen. Alle Maschinen, mit denen er rechtzeitig in New York hätte sein können, waren hoffnungslos überbucht. So hatte er sich entschieden, trotz der quälend langen Fahrtzeit den Bus zu nehmen. Schnell hatte er ein passendes Opfer gefunden. Ein Altfreak mit schütteren Haaren, die aufgenähte Flagge deutete darauf hin, dass er Amerikaner war. Sein Freiflugticket.
»New York?«, quatschte ihn Birger Jacobsen an. Er hasste diese ungezwungene Konversation unter den Touristen, die ständig mit ihrem Individualreiseführer herumwedelten und sich elitär als Traveller bezeichneten.
» Yes, Sir! «, schnarrte der Hippie und führte die flache Hand wie der letzte
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