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Der Schatten des Horus

Der Schatten des Horus

Titel: Der Schatten des Horus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thilo P. Lassak
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Schloss, Gefangene jaulten. Es stank nach Einsamkeit und Unterdrückung. Der Vorhof zur Hölle. Eine Weile noch kamen neue Gesichter, genauso karg und aufgeräumt wie das Verhörzimmer. Man drohte Sid, zerrte ihn vom Stuhl, schmeichelte ihm, schubste ihn herum, blendete ihn wie in einem schlechten Agentenfilm mit der Schreibtischlampe.
    Schließlich sah man ein, dass zumindest heute nichts aus dem stillen Amerikaner herauszubekommen war. Die feinen Gesichter verschwanden nach und nach, die groben tauchten auf. Eine Uniform stieß Sid ihren Schlagstock in die Rippen. Ohne Gegenwehr marschierte Sid im gewünschten Tempo durch ein Labyrinth von langen dunklen Gängen vor ihr her, die Hände mit Handschellen auf den Rücken gefesselt. Jedes Mal, wenn er abbiegen sollte, lenkte ihn der Stock in die richtige Richtung. Sie passierten drei oder vier scharf bewachte Tore. Sid verstand. Bisher war er im vorzeigbaren Bereich gewesen, jetzt folgte der Knast.
    Die Zelle wimmelte nur so von Wachmännern. Unter strengsten Sicherheitsvorkehrungen entkleideten sie gerade zwei wild aussehende Kerle. Der eine war fast zwei Meter groß und hatte eine platt geklopfte Nase, die mehrfach gebrochen schien. Bei Sids Anblick zeigte er ein schiefes Grinsen.

»Willkommen in der Gefriermaschine«, begrüßte er den Neuling. Ein Schließer schlug ihm dafür den Stock auf den Rücken. Augenblicklich schwoll eine dunkelrote Strieme an.
    Der zweite Häftling wandte Sid gerade den Rücken zu. Breitbeinig. Nackt. Ein Wachmann kniete hinter ihm und untersuchte ihn mit Gummihandschuhen auf Waffen. Überall. Der Typ furzte. Sofort sprang der Wachmann auf und schlug hemmungslos mit dem Knüppel auf ihn ein, andere kamen ihm zu Hilfe, bis der Häftling zusammenbrach. Sid wurde übel von so viel Brutalität. Langsam dämmerte ihm, was ihn hier erwartete, bis sich das Missverständnis aufklärte. Wenn es sich aufklärte.
    Die Boxernase wurde auf einen angeschraubten Stuhl gedrückt und der Schädel kahl rasiert. Dann war Sid an der Reihe. Halbherzig versuchte er sich zu wehren, aber die Schließer merkten es scheinbar nicht einmal. Der Stock kam nicht zum Einsatz.
    Als Sid die strähnigen schwarz gefärbten Haare auf die Fliesen schneien sah, wollte er aufheulen vor Wut, aber er riss sich zusammen. Niemand hier sollte seine wahren Gefühle zu sehen bekommen. Da lag es am Boden, das Zeichen seiner Rebellion gegen seine Eltern. Wie lächerlich ihm das jetzt alles vorkam. Und doc h … Blitzartig bückte er sich und ließ eine Strähne in seinem Mund verschwinden. Ohne Glücksbringer war er hier aufgeschmissen.
    Sid bekam einen Stapel graue Anstaltskleidung auf den Schoß geworfen, dazu ein Laken und Bettwäsche, mehrfach gestopft. Ein Mann mit einer steifen Mütze, die keinen Zweifel daran ließ, dass er hier das Sagen hatte, ließ seinen Knüppel auf die Sachen niedersausen. Er schnauzte etwas, was Sid nicht verstand. Vermutlich bedeutete es »Anziehen«, jedenfalls sprangen seine beiden Mitgefangenen auf und kletterten in Windeseile in ihre Sachen.
    Die Hose die Sid bekommen hatte, war viel zu weit, das Oberteil zu eng und kratzig. Kaum hatte er beides angezogen, wurden ihm die Hände wieder auf den Rücken gedreht und mit Handschellen fixiert. Er kam als Dritter in die Reihe. Der Mann mit der Mütze marschierte zackig neben ihnen auf und ab. Ohne seine Gefangenen eines Blickes zu würdigen, rasselte er eine schier unendliche Predigt herunter. Vermutlich waren es die Anstaltsregeln nebst massiven Drohungen, was passieren würde, wenn man sie bräche. Sid fand, dass der Mann wie ein Dackel aussah, der sich bemühte, auf den Hinterbeinen zu gehen, ohne umzufallen. Er versuchte bei dem Gedanken nicht zu grinsen. Die hier übliche Therapie für unerwünschtes Verhalten kannte er ja bereits.
    Schließlich schloss der Dackel seinen Mund. Ein Schließer öffnete die Tür, ein ganzer Trupp Wachpersonal geleitete die drei neuen Häftlinge durch den Zellentrakt. Es stank fürchterlich. Überall streunten wilde Katzen herum, manche scharrten verzweifelt mit den Krallen über den Beton, in einem vergeblichen Versuch, ihre Exkremente zu vergraben. Tür reihte sich an Tür, mehrere Stockwerke waren einsehbar. Alles war zerkratzt, die Wände zernarbt wie eine Mondlandschaft. Die Kameras an der Decke stellten aber klar, dass der erste Eindruck täuschte. Mochten die Mauern auch noch so morsch erscheinen, hier kam trotzdem niemand mehr raus, der drinbleiben sollte.
    Vor

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