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Der Schatten des Horus

Der Schatten des Horus

Titel: Der Schatten des Horus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thilo P. Lassak
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gestreckter Körperhaltung Stärke vortäuschend gesellte er sich zu den übrigen Mysten am Altar. Ein weiterer neb huschte durch die Pforte zu ihnen. Fünf Mumien standen um den blutverkrusteten Findling herum, die Augen entfernt und durch Lapislazuli ersetzt. Die Stimme hob an, sang nun beinahe schrill. Aus einer Tür unter den Füßen des riesigen Seth trat der Rüde hervor, Tanaffus. Seine Samtkutte wirkte abgetragen, die fünf Fellstreifen an jedem Arm ausgefranst. Wie lange er sie schon trug, war nicht bekannt. Einige sprachen von hundert Jahren, andere von fünfhundert.
    »Seth ist groß, und Seth blickt in unsere Herzen!«, schallte es hinter seiner eisernen Maske hervor. »Seth liebt uns, und er verlangt nichts von uns, außer unserer Liebe!«
    Der Seth-Seher blieb am Opferstein stehen und drehte sich zu seinen Mysten um. Birger Jacobsen kniff die Augen zusammen, seine Zehen verkrampften sich. Er kannte die Sprüch e – jemand sollte bestraft werden! Jetzt würde er gleich Worte aus der ältesten Legende benutzen, aus der Nacht von Setepenseths Erweckung, der Nacht der Trommeln.
    »Einer von euch hat kein Fleisch gebracht!«, dröhnte Tanaffus.
    Es ging also um einen folgenschweren Fehler! Birger Jacobsen begann zu zittern.
    »Doch wer nicht jagen kann, ist für die Sippe nutzlos!«
    Tod oder unaussprechliche Folter? Der Rüde schritt die Reihe seiner Mitstreiter ab. Auf Birger Jacobsen zu.
    »Aber Seth wird deine Augen öffnen, und deine Beine stärken, wie er es auch bei seinem ersten Diener, Setepenseth, vollbracht hat!«
    Das bedeutete Folter, weitaus schlimmer als nur der Tod. Gab es eine Möglichkeit zu fliehen? Seine Augen sausten umher. Aber wohin? Tanaffus würde ihn überall auf der Welt aufspüren. Solange er noch kein Mittel gefunden hatte, ihn zu besiegen, war es sinnlos. Wer verbarg sich hinter der Maske?
    Vor Birger Jacobsen blieb der Rüde stehen und legte ihm die Hand auf die Schulter. »Ein guter, fürchtender Mann ist schlecht geworden«, sagte er. »Zweifelt er an Seth?«
    Birger Jacobsen spürte, wie ihm die Sinne schwanden. Nein!, wollte er brüllen, da ließ der Seth-Seher unverhofft von ihm ab und riss stattdessen Birgers Nebenmann die Kapuze herunter.
    Es war Panajotis Theodorakis, der Patenonkel des Jungen! Der Herzchirurg war kreidebleich, seine Haut schimmerte bläulich. Tanaffus sprach ihn direkt an. »Der sa war in deiner Obhut. Doch du hast ihn entkommen lassen! Und noch schlimmer: Du hast es geschehen lassen, dass er von unseren Plänen erfährt!« Er packte Theodorakis am Hinterkopf.
    »Nein!«, stammelte der Arzt. »E r … er ist entkommen, ja! Aber, ic h …«
    Unbeirrt zwang Tanaffus das Gesicht des neb in die Höhe. »Naaaaaaaaa-iiin!« Theodorakis brüllte, die Augen weit aufgerissen, in denen blanke Panik stand. Tanaffus zerrte ihn mit einer Hand nach vorne, als wöge der Mann nicht mehr als eine alte Bettdecke. Kurz vor dem Stein angekommen klappte er seine Metallmaske eine Handbreit zur Seite und atmete Theodorakis in die Nasenlöcher. Er setzte die Lippen ab und rief: » Djedefut en ta, peritjen, reditjen cheper isfeti pen em qesu en Seth! «
    Augenblicklich brach der Boden auf. Tausende von Würmern sprudelten aus der Erde, große, kleine, dicke, glitschige, haarige. Wie eine Horde gieriger Blutegel zerfraßen sie Schuhe und Strümpfe des Mediziners und drangen durch die Fußsohle in seinen Körper ein.
    Birger Jacobsen erschauderte, denn er verstand. Knochen des Seth , die Umschreibung der alten Ägypter für Metall. Das Getier verwandelte die menschlichen Eingeweide in Metall. Theodorakis kreischte unter der grauenhaften Folter, taumelnd fiel er vornüber auf den heiligen, uralten Opferstein, der schon das Blut von Setepenseths Eltern geschmeckt hatte. Mit grausig verzerrtem Gesicht blieb er darauf liegen. Ein letztes Aufstöhnen. Auch seine Seele war nun zu Metall geworden.
    Tanaffus wandte sich von ihm ab wie von einem langweilig gewordenen Spielzeug. Mit zwei Schritten war er bei seinem Wesir. Birger Jacobsen merkte, wie seine Finger juckten. Jetzt war er ihm so nahe, dass er dem Seth-Seher die Maske herunterreißen konnte!
    »Du wirst den sa zu uns zurückbringen, nicht wahr? Alle erwarten ihn, wenn die vorausgesagte Stunde gekommen ist.«
    Er neigte sich zu Birger Jacobsens Ohr. »Sieh dir den armseligen Arzt genau an«, flüsterte er. »Du solltest mich nicht enttäuschen, Birger!«
    Ja, Birger Jacobsen sah es sich an, das fratzenhafte Gesicht des Mannes,

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