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Der Schatten des Horus

Der Schatten des Horus

Titel: Der Schatten des Horus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thilo P. Lassak
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Ewigkeit verging. Die Multimediavorführung war längst vorbei, als Sid auf eine massive Stelle traf. Erschöpft warf er die Schippe zwischen zwei gemauerte Grabumrandungen. Mit bloßen Händen wischten sie eine glatte Bodenplatte frei, die circa ein Meter mal ein Meter maß, an einer Ecke war sie scheinbar zufällig nicht perfekt an die benachbarten Platten angepasst. Ein winkelförmiger Spalt kam zum Vorschein, gerade so breit, dass Sid seinen Zeigefinger hineindrücken konnte.
    »Hol das Drahtseil«, kommandierte er mit gepresster Stimme. Rascal machte eine Schlinge, drückte sie durch den Spalt in den Hohlraum darunter und zog sie mit einem Ruck straff. Der Draht umschlang die Spitze der Platte genau. »Jetzt den Wagenheber!– Wo bleibt denn bloß Yusuf?« Während Rascal den Draht gespannt hielt, platzierte Sid den Heber hinter einer Mauer, stellte sich auf seinen Rand und fädelte das Seil ein. Rascal eilte zu ihm und begann zu kurbeln. Ein Knirschen klang zu ihnen hinüber, langsam hob sich die Grabplatte. Genau zur rechten Zeit erschien Yusuf zwischen den Gräbern. Er hatte einen mächtigen Balken geschultert.
    »Schnell!«, presste Rascal angestrengt hervor. »Wir schaffen es nicht allein!« Sofort war Yusuf bei ihnen und drückte den Holzpfosten Zentimeter für Zentimeter unter die Platte.
    »Es reicht!«, zischte er. »Die Lücke ist groß genug, ihr könnt euch reinzwängen!«
    Jetzt erst fühlte Sid seine Hände. Das Drahtseil hatte tief in die Handflächen eingeschnitten.
    »Wieso wir?«, fragte Rascal nach. »Du kommst selbstverständlich mit!«
    Yusuf schüttelte den Kopf. Er wirkte nervös. »Nein danke. Die Unterwelt ist nichts für mich. Außerdem muss ja jemand Wache halten. Hie r …« Er zauberte eine beinahe armdicke Taschenlampe hinter einem Grab hervor. »Und jetzt viel Glück!«
    Sid knipste die Lampe an und leuchtete in das finstere Loch, das wie das Tor zur Hölle vor ihm gähnte. Ein Schacht wurde sichtbar und vor allem viel Geröll. Mit den Füßen voran ließ er sich hinunter und landete sanft auf einem Kissen aus feinem Sand. Es war heiß hier, der Temperaturunterschied betrug mindestens zehn, fünfzehn Grad. Außerdem roch es nach Verwesung und Tod. Der fünf mal fünf Meter große Raum war rundherum zugeschüttet, von einem Gang war nichts zu sehen. Vielleicht doch einfach nur ein Grab? Rascals Kopf erschien über ihm.
    »Alles in Ordnung?«, erkundigte sie sich. Sid hob den Daumen, obwohl er es besser wusste. Dann streckte er die Arme aus und half ihr unter die Erde. Rascal sah auf das Display ihres Handys. »Es ist jetzt zwei Uhr und zehn Minuten. Ich habe mit Yusuf ausgemacht, dass er Hilfe holt, wenn wir um vier noch nicht wieder oben sind.«
    Sid legte die Taschenlampe auf einen Mauervorsprung. »Die Sphinx ist südöstlich von hier«, erinnerte er sich. »Am besten legen wir zuerst diese Mauer dort frei.« Gemeinsam schafften sie die größten Gesteinsbrocken in die Mitte des Raums, die kleineren Bruchstücke und jede Menge Sand regneten hinterher. Nach einer Viertelstunde war fast die ganze Wand erkennbar, sauber gemauert, ohne sichtbare Lücken.
    »Fehlalarm«, seufzte Rascal.
    »Scheiße!«, fluchte Sid. Seine aufgerissenen Hände pochten wie verrückt. Allzu viel würde er nicht mehr tun können. Er leuchtete jeden Quadratzentimeter der Wand ab. »Da!« Er wischte mit dem Ärmel über eine Stelle in Augenhöhe. Ein Zeichen aus feinen roten und blauen Pinselstrichen erschien.
    »Das ist ein Skarabäus!«, stellte Rascal erstaunt fest. »Was bedeutet das?«
    Statt zu antworten pustete Sid den Staub weg. Drei weitere Käfer erschienen, exakte Kopien des ersten.
    Am Ende hatten sie weit über hundert von ihnen freigelegt, die sich bis aufs kleinste Detail glichen.
    Fünf mal fünf mal fünf Möglichkeiten. Nur eine führt in meine Höhle, die anderen ins Totenreich.
    Rascal zog die Nase kraus. »Hm«, grübelte sie und rückte mit ihrem Gesicht ganz nahe an die Wand heran. »Diese Viecher hatten doch bei den alten Ägyptern irgendeine Bedeutun g – was war das noch mal?«
    Sid zuckte mit den Schultern. Er richtete den Lichtstrahl der Taschenlampe direkt auf eines der Insekten. Obwohl es nur aus Farbe bestand, wirkten Beine, Flügel, ja sogar die Fühler irgendwie plastisch. Als würden sich die Käfer nur ausruhen und jeden Augenblick losfliegen können.
    »Da ist eine Spalte zwischen den Flügeln«, bemerkte Sid. Er legte die freie Hand darauf, die Flügel des Skarabäus

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