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Der Schatten erhebt sich

Der Schatten erhebt sich

Titel: Der Schatten erhebt sich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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hatte, wirkte von all den Adeligen vielleicht noch am ehesten beherrscht und würdevoll. Sie war eine schlanke, außerordentlich hübsche Frau, was durch ihr trauriges Lächeln noch unterstrichen wurde, mit großen braunen Augen und schwarzem Haar, das ihr fast bis zur Taille reichte. Eine hochgewachsene Frau, obwohl Moiraine zugeben mußte, daß sie alle an ihrer eigenen Größe maß, mit ein wenig zu großem Busen. Nun ja, die Menschen in Cairhien waren allgemein schon nicht sehr groß, und selbst unter ihnen hatte sie als klein gegolten.
    »Ja, eine arme Frau«, sagte sie, doch sie sagte das nicht aus Sympathie. Es war gut zu bemerken, daß Egwene noch nicht abgebrüht genug war, um in allen Fällen unter die Oberfläche der Dinge zu blicken. Man konnte sie auch jetzt schon keineswegs mehr so formen und beeinflussen, wie es nötig war. Sie war ihrem Alter bereits um Jahre voraus, brauchte aber dringend noch Führung, um sie auf ihre zukünftigen Aufgaben vorzubereiten.
    Im Falle Alteimas hatte Thom danebengelegen. Vielleicht hatte er sie aber auch gar nicht durchschauen wollen; er zögerte oftmals eigenartig lang, etwas gegen eine Frau zu unternehmen. Hochlady Alteima war viel gefährlicher als ihr Mann oder ihr Liebhaber, die sie beide ohne deren Wissen manipuliert hatte. Vielleicht war sie sogar gefährlicher als jeder andere in Tear, ob Mann oder Frau. Sie würde bald genug andere finden, die sie wie Marionetten benutzen konnte. Das war Alteimas Art: sich im Hintergrund zu halten und die Fäden zu ziehen. Man mußte etwas gegen sie unternehmen.
    Moiraine blickte die Reihe der Hochlords und Ladies entlang, bis ihr Blick auf Estanda fiel, die mit ihrer Kleidung - brokatbesetzte gelbe Seide, eine große Halskrause aus Elfenbeinspitzen und eine winzige, dazu passende Kappe - selbst hier auffiel. Die Schönheit ihres Gesichts wurde durch eine gewisse Strenge im Ausdruck herabgemildert, und die gelegentlichen Blicke, die sie Alteima zuwarf, waren eisenhart. Die Animosität der beiden ging weit über bloße Rivalität hinaus. Wären sie Männer gewesen, hätten sie schon vor Jahren gegenseitig ihr Blut im Duell vergossen. Wenn man diese Feindschaft noch ein wenig schürte, wäre Alteima zu beschäftigt, um Rand irgendwelche Schwierigkeiten bereiten zu können.
    Einen Moment lang fühlte sie Bedauern darüber, Thom weggeschickt zu haben. Sie vergeudete nicht gern ihre Zeit mit solch nebensächlichen Dingen. Aber er hatte zuviel Einfluß auf Rand. Der Junge mußte statt dessen ganz auf ihren Rat angewiesen sein. Ihren, und nur ihren. Das Licht wußte, wie schwierig er selbst ohne jede andere Einmischung noch war. Thom hatte den Jungen dazu gebracht, sich hier mehr oder weniger niederzulassen, um die Angelegenheiten Tears zu regeln. Aber er mußte weitergehen und größere Ziele anstreben. Doch das war ja jetzt geklärt. Das Problem, Thom Merrilin zur Vernunft zu bringen, konnte später gelöst werden. Rand war jetzt das eigentliche Problem. Was wollte er hier und jetzt verkünden?
    »Wo steckt er? Er hat die erste Kunst der Könige gelernt, wie es scheint: die Leute warten zu lassen.« Es war ihr nicht klar, daß sie das laut ausgesprochen hatte, bis Egwene ihr einen überraschten Blick zuwarf. Sofort glättete sie ihre Gesichtszüge wieder. Rand würde schon noch kommen, und sie würde erfahren, was er vorhatte. So wie jeder andere hier. Sie hätte beinahe mit den Zähnen geknirscht. Dieser blinde Narr von einem Jungen. Rannte blindlings durch die Nacht, ohne auf Klippen zu achten, und dachte nie daran, daß er nicht nur sich selbst, sondern die ganze Welt in Gefahr brachte. Wenn sie ihn nur davon abhalten konnte, nach Hause zu eilen und sein Dorf zu retten. Er wollte das bestimmt tun, aber das konnte er sich im Moment einfach nicht leisten. Zuviel stand auf dem Spiel. Vielleicht hatte er es aber noch gar nicht erfahren. Man durfte ja hoffen.
    Mat stand ihnen gegenüber, ungekämmt und mit hängenden Schultern, die Hände in den Taschen seiner hochkragigen grünen Jacke, wie immer halb aufgeknöpft, und die Stiefel ungeputzt. So bildete er einen scharfen Kontrast zu der gepflegten Eleganz seiner Umgebung. Er trat nervös von einem Fuß auf den anderen, als er bemerkte, daß sie ihn anblickte, und dann grinste er sie auf seine typische trotzige Art an. Na, wenigstens befand er sich hier, wo sie ihn sehen konnte. Es war ziemlich anstrengend, diesen jungen Mann unter Beobachtung zu halten. Er wich ihren Spitzeln mit

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