Der Schatten im Norden
im
Erdgeschoss in die Küche führte. Frederick schaute nach
unten und kehrte zu Sally zurück.
Sie stand jetzt vor ihrer Zimmertür, schlaftrunken, die
Haare durcheinander, liebreizend... Er ergriff sie, drückte
sie an sich. Sie küssten sich leidenschaftlicher als je
zuvor, doch das dauerte nur ein paar Sekunden.
»Bring deine Bettlaken ins andere Zimmer«, sagte er.
»Ich laufe nach unten und schaue, ob wir noch durch den
Laden nach draußen können. «
Doch als er den unteren Treppenabsatz erreichte und im
Dunkeln nach der Tür tastete, merkte er, dass das nicht
mehr möglich war. Aus der Küche hörte man das
Dröhnen der Flammen, und selbst durch die Tür war eine
atemberaubende Hitze zu spüren. Er öffnete die Tür, nur
um zu sehen --- und wusste im gleichen Augenblick, dass
er das nicht hätte tun dürfen, denn die Flammen schlugen
ihm wie Raubtierpranken entgegen, warfen ihn nieder
und packten ihn am ganzen Körper. Er glitt aus, stürzte
und rollte durch die offene Tür. Etwas Schweres fiel ihm
auf den Nacken und brach entzwei. Er griff nach der Tür,
zog sich an ihr hoch und schleppte sich zurück; dann
schlug er die Tür knallend wieder zu. Seine Kleidung
brannte, auch sein Haar hatte Feuer gefangen. Er riss sich
das brennende Hemd vom Leib, schlug sich mit den
Händen an den Kopf, um die Flammen zu ersticken, und
taumelte wieder die Treppe hoch. »Fred! Alles in
Ordnung?«
Es war Jim mit dem Hausmädchen Ellie und Mrs.
Griffiths, der alten Köchin, beide mit
schreckensgeweiteten Augen und zitternd. Frederick
versuchte zu sprechen, doch etwas stimmte mit ihm
nicht, so als habe er Rauch geschluckt. Sally kam aus
Websters Zimmer und lief mit einem Schrei des
Entsetzens zu ihm. Er hielt sie sanft auf Distanz und
deutete pantomimisch das Zusammenknoten von Laken
an.
»Ja - das haben wir getan - «, sagte sie. Er schob Ellie
zu ihr, dann die Köchin, und sie verstand sogleich, was
sie zu tun hatte. Websters Zimmer befand sich über dem
alten Atelier mit Blick auf die Straße. Frederick wusste
nicht, ob das Feuer schon bis dort gekommen war, doch
Sallys Zimmer war über der Küche und schien ihm nicht
mehr sicher. Als Mackinnon zitternd die Treppe
herunterkam, bedeutete er ihm, zu den anderen zu gehen.
Nach Atem ringend, erklärte er:
»Helfen Sie den Frauen raus --- durch das Fenster---
Treppe geht nicht. « »Ich kann nicht klettern! Ich
vertrage die Höhe nicht ---« »Dann müssen Sie
verbrennen«, sagte Jim und, zu Webster gewandt:
»Werfen Sie Ihre Matratze auf den Bürgersteig, dann
bugsieren Sie ihn nach draußen. « Dann nahm er
Frederick beiseite. »Da oben gibt's Schwierigkeiten«,
sagte er ruhig. »Miss Dingsbums hat sich eingeschlossen.
Sagt, sie will nicht raus. Bist du in Ordnung?« Frederick
nickte. »Ich war ein bisschen benebelt«, sagte er heiser.
»Wo warst du denn?«
»Unten an der Treppe. Alles voller Rauch, kein
Durchkommen. Weiter jetzt. Schätze, das ist Bellmanns
Werk. « »Die Maler, das waren bestimmt seine Leute«,
sagte Jim, während sie die erste Treppe hinaufeilten.
»Die kamen mir von Anfang an verdächtig vor. Ich hätte
früher aufstehen sollen --- ich wusste, dass irgendwas
nicht stimmte. - Weißt du übrigens, dass du eine
schlimme Wunde am Nacken hast?«
»Mir ist irgendetwas draufgefallen«, murmelte Fred. Da
kam ein Schrei von unten, gefolgt von einem dumpfen
Aufprall, als die Fußbodenbalken von Sallys Zimmer in
die Küche stürzten.
»Warte hier«, sagte Jim und flitzte nach unten.
Mackinnon war schon unten, und auch Mrs. Griffith hatte
sich tapfer an den zusammengebundenen Laken
hinuntergehangelt, aber Ellie machte Theater. Auf halber
Höhe wollte sie plötzlich nicht mehr weiter.
»Jetzt mach doch, du dummes großes Mädchen!«, trieb
Sally sie an, doch sie keuchte nur und klammerte sich
verängstigt an die Laken. »Du musst mit ihr runter, Jim«,
sagte Sally. »Gut. Aber erst gehst du, damit sie sieht, wie
man es macht. « Er zog Ellie wieder herein und ließ das
heulende Mädchen auf den Fußboden fallen, dann half er
Sally nach draußen. »Sagen Sie Fred, er soll
weitermachen«, rief er Webster zu. Webster ging zur
Treppe, rief zu Frederick hinauf und erhielt Antwort.
»Hoffentlich schafft er das«, sagte Webster, »das Haus
wird nicht mehr lange stehen. Ich gehe hoch und helfe
ihm. « »Bleiben Sie hier«, entgegnete Jim. »Ich bringe
Ellie runter, dann komme ich wieder hoch. Sie achten
darauf, dass sich die Knoten nicht lösen. «
Webster nickte.
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