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Der Schatten im Wasser

Der Schatten im Wasser

Titel: Der Schatten im Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inger Frimansson
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wurde langsam eng, er besaß nicht einmal mehr Geld für Benzin. Zu seinem Erstaunen meldete sich Robin, Kevins Bruder, mit dem er seit der ersten Klasse zur Schule gegangen war. Sie hatten keinen Kontakt mehr gehabt, seitdem Micke die Schule geschmissen hatte.
    »Hallo, Micke, hallo. Hier ist Robin.«
    »Was, du bist das?«
    »Ja, sicher, Kevin ist … er hat sich ins Ausland abgesetzt.«
    »Oh, verdammt. Das klingt cool.«
    »Jaha. Bei diesem verdammten Pisswetter. Und wie läuft’s bei dir?«
    »Alles im grünen Bereich.«
    »Du hast schon ein paar Mal angerufen und so einiges auf die Mobilbox gequatscht, wie ich gehört habe.«
    »Er hat also sein Handy nicht mitgenommen?«
    »Äh … nein.«
    »Die Sache ist die, dass ich manchmal ein paar Jobs für ihn erledige. Fensterputzen und so was.«
    »Okay.«
    »Ich wollte nur mal hören, ob da im Moment wieder was anliegt.«
    »Na ja, wie du dir denken kannst, läuft im Moment alles eher auf Sparflamme, bis Kevin zurück ist.«
    »Okay. Ich wollte nur die Lage checken.«
    »Ist es denn dringend?«
    »Wie meinst du das?«
    »Ob du Cash brauchst.«
    »Na ja …«
    »Mir fällt da nämlich gerade etwas ein. Vielleicht hättest du Lust, stattdessen mit mir zusammen einen Job zu erledigen?«
    »Ja, warum nicht. Um was geht’s denn?«
    »Darüber können wir später reden. Lass uns doch mal ein Bierchen zusammen trinken.«
     
    Mit Robin ging alles ruck, zuck. Sie trafen sich noch am selben Tag. Robin hatte ihm einen Treffpunkt genannt, die Kneipe Klippet in der Hantverkargata. Micke hatte seine allerletzten Ersparnisse zusammengekratzt, ein paar hundert Kronen. Es war nicht gerade lustig, nahezu völlig blank zu sein, aber möglicherweise konnte er diese Ausgaben als eine Art Investition betrachten, etwas, das sich als gewinnbringend erweisen würde, vielleicht sogar auf lange Sicht.
    Robin sah aus, wie er schon immer ausgesehen hatte, eine fettige Haartolle hing ihm in die Stirn und verdeckte fast seine Augen. Er war klein gewachsen und recht schmal. In der Schule hatte er eine Brille getragen, die er jetzt nicht mehr trug, jetzt wuchs ihm ein spärlicher, knapp erkennbarer Schnurrbart über der Oberlippe sowie ein Ziegenbart. Micke erinnerte sich daran, dass sie einen Hund in der Familie gehabt hatten, einen Hund, der ungefähr genauso aussah wie sein junges Herrchen, dieselben aschblonden Haare. Prilly hieß er, plötzlich fiel ihm der Name ein. Ein lebhafter und verspielter Hund, der gerne Bälle apportierte. Er war wahrscheinlich längst abgekratzt, mein Gott, dachte er, wie alt würde er ansonsten inzwischen sein? Die Situation war jedoch nicht angemessen, um nachzufragen.
    Sie bestellten jeder ein Guinness. Robin erzählte, dass er nach der Schule auf den unterschiedlichsten Baustellen gearbeitet hatte. Eine stressige Schufterei mit allerlei Entbehrungen und unchristlich frühem Aufstehen. Aber seine Jobs hatten ihm immerhin ein festes Einkommen beschert.
    »Na ja, und jetzt habe ich eine Zeit lang frei. Dienstfrei, hä, hä. Ich nehme nur hin und wieder einen kleinen Auftrag an. In einem anderen Metier sozusagen.«
    »Aha.«
    »Und über just so einen Auftrag wollte ich mit dir quatschen.« Robin beugte sich über die Brandflecken auf der Tischplatte hinweg zu ihm hin. Er senkte seine Stimme. »Ich brauche einen Kompagnon. Natürlich nicht irgendeinen, wenn du verstehst. Aber dich kenne ich ja schon aus der Penne, wir waren doch Kumpel, oder nicht?«
    Micke machte eine unbestimmte Kopfbewegung.
    »Deswegen frage ich nämlich dich.«
    »Und um was handelt es sich nun?«
    Robin schnippte die Tolle aus seinem Gesicht und richtete seine kleinen runden Augen auf ihn.
    »Um gleich Klartext zu reden. Es handelt sich um Transporte. Wir müssen Sachen bei unterschiedlichen Adressen abholen und sie sozusagen übergangsweise in ein Lager befördern.«
    »Und was für Sachen?«
    »Computer und Ähnliches. Wenn die Leute ihre Häuser renovieren, zum Beispiel. Denn man sollte besser keine empfindliche elektronische Ausrüstung zu Hause lagern, wenn man gerade umbaut, wie du sicher weißt. Im Hinblick auf Staub und Dreck und natürlich auf Erschütterungen. Kapiert?«
    »Ich glaube schon.«
    »Also, währenddessen müssen die Sachen aus dem Haus geschafft und woanders zwischengelagert werden. Um diese Art Dienste handelt es sich. Aber die Sachen sind schwer, sodass ich jemanden brauche, der mir beim Tragen hilft. Ich hatte vor dir einen Typen, aber er … er hat einen anderen

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