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Der Schatten im Wasser

Der Schatten im Wasser

Titel: Der Schatten im Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inger Frimansson
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alten Verletzungen und Spuren suchen? Würden sie Christa verhören?
     
    Ein kühlendes Glas an ihrer Unterlippe. Sein Arm unter ihrem Nacken.
    »Versuch, ein wenig zu trinken, dann wird es dir besser gehen, meine Ärmste, versuch jetzt, den Mund aufzumachen.«
    Etwas Brennendes an Gaumen und Zunge, Alkohol.
    Wo ist Christa? Schläft mein Mädchen, wo ist sie?
    Wenn sie nun tatsächlich starb. Wenn er sie totschlagen würde, wäre Christa allein mit ihrem Vater. Nein. Das durfte nicht geschehen. Sie schluckte und bekam die Flüssigkeit in den falschen Hals. Sie öffnete die Augen. Wie ein gebeugter Schatten hockte er über ihr. Seine Gesichtszüge konnte sie nicht erkennen, aber an seiner Körperhaltung konnte sie ablesen, dass er jetzt müde war. Müde, den Strafenden zu spielen, jetzt musste sie umgehend seine Entschuldigungen annehmen und ihm verzeihen, und in ein paar Minuten würde er dann seine Jeans und sein weißes T-Shirt ausziehen und zu ihr ins Bett kriechen, dicht hinter sie würde er sich legen und sie zu sich heranziehen, sie würde sein Glied spüren, schwach und schlummernd, aber nach einer kleinen, kleinen Weile würde es in kurzen Schüben erwachen und sich gegen ihre Schenkel pressen. Er würde ihren Schlüpfer herunterziehen und sie von der Seite nehmen, langsam und vorsichtig in sie eindringen, sie nicht noch mehr verletzen oder ihr wehtun, er würde sein Ohr dicht an ihr Gesicht pressen und auf sie warten und sich nicht eher zufrieden geben, bevor sie nicht ein verhaltenes Keuchen ausstieß, das sowohl Lust als auch Schmerz ausdrücken konnte. Erst dann würde er zurück in sein eigenes Bett rollen und einschlafen.

II

SAMSTAG. AN DIESEM Tag musste sie arbeiten, und dann hatte sie ein paar Tage frei, Sonntag, Montag und Dienstag. Die Wochentage waren ihr Freiraum, dienten ihr zum Atemholen. Jedenfalls bis in die Nachmittagsstunden hinein, bevor Tommy so langsam Feierabend machte und nach Hause kam. Sie konnte nie wissen, wie seine Laune sein würde. Sie hatte keinerlei Chance, sich zu schützen.
    Sollte sie doch zurück nach Hause reisen? Christa mitnehmen und das Land verlassen?
    Nein. Nicht in das Dorf mit den buckligen, schwarz gekleideten Alten, wo sie ihre faltigen Gesichter auf sie richten würden, die Ziege kehrt also wieder zum Trog zurück?
    Sie könnte natürlich behaupten, dass er tot sei. Dass sie, genau wie ihre Mutter, Witwe geworden sei. Das könnte sie sagen, und eine Zeit lang würde man es auch glauben. Doch er würde relativ schnell herausbekommen, wohin sie geflüchtet war. Und dann würde er ihr hinterherfahren. Sie krümmte sich beim bloßen Gedanken daran. Ein anschwellendes Rauschen in ihren Ohren und Anzeichen von Durchfall.
    Sie stand vorm Spiegel im Badezimmer. Tönungscreme und Rouge. Wenn sie den Mund nicht allzu weit öffnete, würde niemand bemerken, dass sie einen weiteren Zahn verloren hatte. Diesmal war es jener hinter dem linken Eckzahn. Sie hatte ihn in ihren BH gesteckt, sah jedoch ein, dass es zu spät war, den Notdienst aufzusuchen und ihn wieder einsetzen zu lassen. Sie hatte gehört, dass man einen abgebrochenen Zahn in Milch verwahren oder im Speichel der Mundhöhle behalten sollte. So würde er bis zur zahnärztlichen Behandlung geschützt sein und eine Chance haben, wieder anzuwachsen.
    Tommy war in der Küche beschäftigt. Er kochte Kaffee und presste Orangen aus. Jetzt kam er zur Tür hinein, seine runden Wangen hingen herab.
    »Guten Morgen, Liebes.«
    »Hallo.«
    »Du bist also wach?«
    »Ja.«
    »Ich bring dich dann zur Bushaltestelle.«
    »Das brauchst du nicht.« Verwaschenes Nuscheln, sie hatte Schwierigkeiten, die Worte zu formen.
    »Okay, aber ich tue es trotzdem. Und danach fahre ich mit Christa zusammen raus nach Adelsö. Wie findest du das? Vielleicht können wir Pfifferlinge suchen, wäre das nicht gut, belegte Brote mit Pfifferlingen, du magst doch Pilze. Jetzt, wo es regnet, schießen sie regelrecht aus dem Boden, oder glaubst du, dass die Saison schon vorbei ist, was meinst du?«
    Sie hatte zwei Magnecyl mit Koffein gegen die Schmerzen geschluckt. Der heiße Kaffee brannte an ihren Lippen.
    »Trink lieber Saft, hier hast du ein Glas.«
    Ein Brennen wie Feuer in all den kleinen Wunden. Aber sie trank trotzdem, aus Angst, seinen Zorn erneut zu wecken.
    »Wir werden dich danach auch wieder abholen. Christa und ich. Du hast doch um drei Uhr Feierabend, auch am Samstag, oder?«
    Sie nickte.
    »Geh einfach den Observatoriekulle ein Stück

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