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Der Schatten von Thot

Der Schatten von Thot

Titel: Der Schatten von Thot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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wieder hier zu sein.
    Auf Sarahs Wunsch hin hatte Jeffrey Hull schon am folgenden Tag für eine Audienz beim Duke of Clarence gesorgt. Dabei ging es Sarah gar nicht so sehr darum, neue Erkenntnisse bezüglich der mysteriösen Mordfälle zu gewinnen. Sie wollte vielmehr wissen, was für eine Art Mensch der königliche Enkel war – und ob er die Opfer zu schätzen wusste, die seinetwegen gebracht wurden.
    Zusammen mit Inspector Quayle, der sie begleitete, stieg Sarah aus der Kutsche. Einer der zahllosen Bediensteten, die um den Palast schwärmten wie Bienen um ihren Stock, eilte herbei. Nachdem Quayle seinen Passierschein vorgezeigt hatte, wurden sie sofort in das eindrucksvolle Gebäude hineingeführt – der Herzog erwartete sie bereits. Auch im Inneren des Palastes lauerten Erinnerungen, mit denen Sarah nicht gerechnet hatte. Der eigenartige Geruch, die hohen Fenster, der harte Klang von Schritten auf dem steinernen Boden der Galerie – all das hatte sie vergessen und es kam ihr jetzt wieder zu Bewusstsein. Fast fühlte sie sich wieder wie das Mädchen, das vor langen Jahren mit pochendem Herzen die Gänge durchschritten hatte, auch wenn diesmal keine Audienz bei der Königin anstand und Sarah deswegen keine schlaflose Nacht durchlitten hatte…
    Über eine breite Treppe gelangten sie in den ersten Stock. Von den Fenstern aus eröffneten sich Blicke auf die Innenhöfe und die angrenzenden Gebäudeflügel, sodass die Besucher einen ungefähren Eindruck von der Größe und Weitläufigkeit des Palastes bekamen. Der Duke of Clarence residierte in einem der St. James Street und der Pall Mall abgewandten Teil des Gebäudes. Die vor den Türen postierten Wachen ließen erkennen, dass der königliche Enkelsohn Wert auf seine Privatsphäre legte und nicht gestört zu werden wünschte.
    Für die beiden Besucher von Scotland Yard jedoch machte er eine Ausnahme. Nachdem sie mehrere Vorzimmer passiert hatten, wurden Sarah und Quayle endlich in das Empfangszimmer des Herzogs eingelassen. Und einmal mehr war sie enttäuscht von dem, was sie sah.
    Mehr noch – sie war entsetzt.
    Das Erste, was sie erblickte, als sie das herrschaftliche Empfangszimmer betrat, waren die Artefakte – großartige, bis ins Detail erhaltene Hinterlassenschaften des alten Ägypten, die ihren Weg nach London und in den Besitz des Herzogs gefunden hatten: Ein aus Stein gehauener Sarkophag sowie mehrere mit Hieroglyphen versehene Stelen säumten die Wände, dazu ein vergoldeter Mumiensarg und ein Standbild der Schlangengöttin Meresger. Eine Unzahl kleinerer, tönerner Gefäße und Figuren stand umher, Darstellungen von Göttern und Tieren, sowie kunstvoll verzierte Kanopen, goldene Gefäße und Vasen, die einst zweifellos Grabbeigaben gewesen waren; und in einer Ecke des Raumes ragte ein kleiner Obelisk auf.
    Das Eigentümlichste aller Artefakte, die wohl nur aus dem einen Grund im herzoglichen Empfangszimmer angehäuft worden waren, um den Besucher zu beeindrucken, war jedoch ihr Besitzer.
    Bislang hatte Sarah den Duke of Clarence nur von Gemälden und Photographien gekannt, die ihr den Eindruck eines stattlichen jungen Mannes von geradezu blendendem Aussehen vermittelt hatten; persönlich trat sie ihm erst in diesem Augenblick zum ersten Male gegenüber – und musste feststellen, dass die Bilder gelogen hatten.
    Der Enkel Ihrer Majestät der Königin war eigentlich jung an Jahren. Offiziellen Angaben zufolge hatte er eben erst seine Kadettenzeit auf einem Schiff der königlichen Marine beendet und sollte demnächst sein Studium in Cambridge beginnen. Die zusammengesunkene Gestalt jedoch, die auf dem mit Damast bezogenen Sofa kauerte, wirkte auf den ersten Blick wie ein alter Mann. Die Haut des Herzogs war blass und fleckig wie Pergament, sein Haar stumpf und angegraut. Der Blick seiner Augen schien Bedauern auszudrücken, wenngleich Sarah sich nicht ganz sicher war, worauf sich dieses Bedauern bezog.
    »Lady Kincaid, wie ich annehme?«, fragte der königliche Enkel. Seine Stimme bebte dabei, und Sarahs ausgeprägter Beobachtungsgabe entging nicht, dass die Hände des Dukes zitterten. Auf dem Beistelltisch vor dem Sofa standen einige jener kleinen Fläschchen, in die Apotheker Tropfen und Tinkturen abzufüllen pflegten, was darauf schließen ließ, dass der Herzog an einer Krankheit litt. Allerdings war Sarah sicher, dass ihr Onkel es ihr gegenüber erwähnt hätte, wenn der Enkelsohn der Königin ernsthaft erkrankt wäre…
    Sarah beugte die Knie,

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