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Der Schatten von Thot

Der Schatten von Thot

Titel: Der Schatten von Thot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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ist allgemein bekannt, dass der Duke of Clarence der Vorsitzende der Ägyptischen Liga ist.«
    »D’accord – aber weshalb hat man dich zu der Sache hinzugezogen, wenn es sich so augenscheinlich um ein Täuschungsmanöver handelt? Um das Geschmier eines Wahnsinnigen zu deuten, bedarf es eines Arztes, nicht eines Archäologen.«
    »Worauf willst du hinaus?«
    »Ich denke, dass es bei dieser Sache möglicherweise um sehr viel mehr geht, als man dir bislang offenbart hat. Es kommt mir vielmehr so vor, als würdest du bei dieser Sache nur benutzt, um jemandem, der sehr weit oben steht, ein plausibles Alibi zu verschaffen. Wenn du ehrlich zu dir selbst wärst, würdest zu zugeben, dass auch dir dieser Verdacht schon gekommen ist. Andernfalls würdest du mich nach allem, was zwischen uns war, wohl kaum um Hilfe bitten, nicht wahr?«
    Sarah rückte unruhig auf ihrem Stuhl hin und her. Die Richtung, in die sich das Gespräch entwickelte, gefiel ihr nicht. »Maurice«, begann sie leise, »ich wollte nicht den Eindruck erwecken, dass…«
    »Es muss dich eine Menge Überwindung gekostet haben, nach mir zu suchen«, fuhr du Gard ungerührt fort, »und ich kann mir nur einen Grund dafür denken. Du bist allein, Sarah Kincaid. Schrecklich allein. Diese Leute, die dich beauftragt haben, bei der Suche nach dem Mörder mitzuwirken – sie sind nicht ehrlich mit dir gewesen, oder?«
    Sarah zögerte einen Augenblick. Du Gard besaß noch immer die Gabe, sie bis ins Innerste zu durchschauen. Ob dies an seinen speziellen Fähigkeiten lag oder ob er sie einfach nur so gut kannte, war schwer zu beurteilen.
    »Nein«, gab sie zu und kam sich dabei eigenartig ertappt vor, »das waren sie nicht.«
    »Ich wusste es.« Du Gard hieb mit der Hand auf den Tisch. »Ich möchte wetten, diese Gentlemen sind nicht halb so sehr an der Wahrheit interessiert, wie sie behaupten. Was wäre zum Beispiel, wenn die Leute in den Straßen Recht hätten? Wenn die Spur des Mörders tatsächlich nach Buckingham Palace führen würde?«
    »Du gehst zu weit, du Gard.«
    »Tue ich das? Offen gestanden, erzählt man hier in Whitechapel allerhand seltsame Dinge über den Duke of Clarence. Die einen sagen, er wäre Machtdingen abgeneigt und stattdessen den schönen Künsten zugetan; andere sagen, er würde Männern Frauen gegenüber den Vorzug geben; wieder andere behaupten, er würde sich des Nachts aus dem Palast schleichen, um seine Zeit mit Freudenmädchen zu verbringen. Ein seltsamer Kauz, in der Tat – wer möchte da behaupten, dass er nicht zu einem Mord fähig ist?«
    »Nein.« Sarah schüttelte entschieden den Kopf. »Das kann nicht sein. Der Herzog ist nicht der Täter.«
    »Was macht dich so sicher? Hast du dich etwa schon einschüchtern lassen von den grauen Eminenzen? Ist es schon so weit mit dir gekommen, Kincaid?«
    »Unsinn. Aber ich bleibe dabei – der Duke of Clarence kann unmöglich der Täter sein.«
    »Pourquoi pas, Sarah?«
    »Das kann ich dir nicht sagen.«
    »Warum nicht?«, verlangte du Gard noch einmal zu wissen, so laut und energisch, dass Sarah erneut fürchtete, sie könnten auffallen.
    »Sehr einfach«, erwiderte sie und gab sich Mühe, ihre Stimme dabei zu dämpfen. »Weil der königliche Enkel genau wie du den Drachen jagt – und weil er in diesem Zustand ebenso wenig in der Lage wäre, einen Mord zu begehen, wie du.«
    Du Gards große Augen verrieten maßlose Verblüffung. »Sieh an«, murmelte er, »und ich hatte geglaubt, mich könnte nichts mehr überraschen.«
    »Verstehst du jetzt, weshalb in diesem Fall solche Brisanz liegt?«
    »Bien sûr – natürlich. Würde die Leidenschaft des Herzogs für den Drachen öffentlich bekannt, wäre er zwar den Mordverdacht los, müsste jedoch auch seine Aspirationen auf den Thron fallen lassen. Hält er andererseits die Wahrheit weiter verborgen, bleibt er verdächtig, und die Hetzredner in den Straßen haben leichtes Spiel.«
    »Genauso ist es. Wer immer der wahre Täter ist, hat ebendiese Überlegungen angestellt, und er scheint es darauf anzulegen, die Monarchie zu schwächen. Die Hinweise, die er hinterlässt, sind deutlich genug, um in die gewünschte Richtung zu weisen, aber wiederum zu subtil, um sofort als Fälschung entlarvt zu werden. Hinter all dem steckt ein sehr kluger und geradezu teuflisch arbeitender Verstand, der den Tod wehrloser Frauen skrupellos in Kauf nimmt, um seine Ziele zu erreichen. Und ich will diesen Jemand finden und zur Rechenschaft ziehen.«
    »Hm«, machte du

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