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Der Schatten von Thot

Der Schatten von Thot

Titel: Der Schatten von Thot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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Hayden tonlos ab. »Ich entschuldige mich für mein Verhalten«, presste er dann zähneknirschend hervor. »Es ist mir – wie soll ich es nennen? – unerklärlich.«
    »Entschuldigung angenommen, Herr«, erwiderte Kamal und entblößte sein makelloses Gebiss zu einem breiten Grinsen.
    »Schön.« Sarah nickte. »Nachdem wir das geklärt hätten, wäre es tatsächlich von Vorteil, ein Fortbewegungsmittel zu haben, das uns zum Hotel bringt. Würdest du dich bitte darum kümmern, Kamal?«
    »Natürlich, H… Mylady«, erwiderte der Führer und verbeugte sich tief, um dann im Gewimmel der Straße zu verschwinden. Hayden blickte ihm hasserfüllt hinterher.
    »Lassen Sie’s gut sein, Captain.« Inspector Fox konnte sich eine bissige Bemerkung nicht verkneifen. »Wir müssen uns wohl damit abfinden, dass Lady Kincaid eine seltsame Sympathie für dieses Land und seine Bewohner hegt…«
    In einer Waggonette, die fraglos schon bessere Zeiten gesehen hatte und nach einer langen Dienstzeit in England über Umwegen ins ferne Ägypten gelangt sein musste, traten Sarah Kincaid und ihre Begleiter schließlich die Fahrt zum Hotel an. Im Inneren, das bis zu sechs Reisenden Raum bot, nahmen Sarah, du Gard, Milton Fox und Captain Hayden Platz; Kamal setzte sich, wie es seinem Stand und seiner Funktion entsprach, auf die Bedienstetenbank am Heck der Kutsche.
    Die Fahrt durch die staubigen Straßen Kairos zog sich in die Länge – nicht so sehr, weil die Entfernung zwischen dem Bahnhof und Esbekija, wo man über einen Kurier Zimmer im Hotel Shepheard’s reserviert hatte, so beträchtlich gewesen wäre; sondern vielmehr, weil es auf den engen, von Kamelen, Maultieren und Fuhrwerken überquellenden Fahrwegen oft kein Durchkommen gab. Zu beiden Seiten der Straße ragten die Mauern mehrstöckiger Häuser mit orientalisch geformten Fenstern in die Höhe und neigten sich mit jeder Etage ein wenig weiter einander zu; auf diese Weise war dafür gesorgt, dass nur wenig Sonnenlicht in die Straßen fiel, allerdings war es auch im Schatten noch immer schwül und drückend.
    »Grundgütiger«, meinte Milton Fox, der sich bereits seines Rocks entledigt hatte und dennoch mit feuerrotem Kopf in der Kutsche saß, »diese Hitze bringt mich noch um.«
    »Das nennen Sie Hitze, Sir?«, fragte Hayden spöttisch. »Was werden Sie da wohl erst sagen, wenn wir uns in der Wüste befinden, wo es weit und breit weder Schatten noch Wasser gibt? Ich könnte Ihnen Geschichten von meiner Einheit erzählen, die…«
    »Ich wäre dankbar, wenn Sie uns Ihre Anekdoten ersparen könnten, Captain«, schnitt Sarah ihm das Wort ab. »Jeder von uns hat seine Vergangenheit, aber niemand außer Ihnen geht damit hausieren.«
    »Oui, sie hat Recht«, pflichtete du Gard ihr bei, dem Haydens Neigung zur Großmannssucht ebenfalls missfiel.
    »Sie hat niemand gefragt, du Gard«, entgegnete Hayden gereizt. »Als Franzose können Sie ohnehin nicht verstehen, was in einem Soldaten der britischen Krone vorgeht.«
    »D’accord«, räumte du Gard ein und hob beschwichtigend die Hände. »Das kann ich tatsächlich nicht.«
    »Andererseits – wer kann das schon?«, fügte Sarah bissig hinzu, und ihr Blick und Haydens begegneten sich in einem lautlosen Duell.
    »Wie auch immer«, sagte Fox, der das ungute Gefühl hatte, der Auslöser des Streits gewesen zu sein. »Zuallererst werde ich in der Bar des Hotels vorstellig werden und mein Glas auf das Wohl der Königin und des Empire erheben – möglicherweise lässt sich dort sogar etwas Eis auftreiben. Wer schließt sich mir an?«
    »Von allen Dingen sollten Sie das auf keinen Fall tun«, warnte Hayden. »Die Wirkung des Alkohols bei dieser Hitze ist geradezu verheerend. Wenn Sie einen klaren Kopf behalten und Herr Ihrer Sinne bleiben wollen, so sollten Sie einer guten Tasse Tee den Vorzug geben. Oder haben Sie auch gegen diesen Rat etwas einzuwenden, Lady Kincaid?«
    »Durchaus nicht, Captain«, erwiderte Sarah mit dem charmantesten Lächeln, dessen sie fähig war. »Der Weisheit, die aus Ihren Worten spricht, ist nichts hinzuzufügen.«
    »Alors, auf einen Tee in der Bar des Hotels?«, fragte du Gard in die Runde.
    »Gehen Sie nur – ich werde später nachkommen«, erwiderte Sarah.
    »Was soll das heißen?«, erkundigte sich Hayden. »Wohin wollen Sie?«
    »Einkäufe tätigen«, antwortete Sarah schlicht. »Sie werden wohl nicht erwarten, dass ich mich im Reifrock auf den Rücken eines Kamels schwinge – das wäre dem armen Tier wohl

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