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Der Schatten von Thot

Der Schatten von Thot

Titel: Der Schatten von Thot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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verschwommen, auf eine Weise miteinander verflochten, die ich nicht zu entwirren vermag. Aber ich weiß, dass ich meine Pflicht tun muss und dass es kein Zurück mehr gibt auf dem Weg, den wir eingeschlagen haben.
    Zu groß waren die Opfer, die bereits gebracht wurden…
     
     
    K ARAWANSEREI , T EHNA EL -G EBEL
    25. D EZEMBER 1883
     
    »Was bei Saint Edwards Gebeinen…?«
    Jeffrey Hull blieb vor Verblüffung der Mund offen stehen, und auch Stuart Hayden und Milton Fox staunten nicht schlecht, als Sarah Kincaid den Innenhof der Karawanserei betrat, denn die junge Frau, die ihnen entgegenkam, schien eine andere zu sein als jene, die sie auf ihrer bisherigen Reise begleitet hatte.
    Ihr Kleid hatte Sarah gegen eng anliegende, sandfarbene Reithosen getauscht, ihr Schuhwerk gegen lederne Stiefel, die ihr bis knapp unter die Knie reichten. Eine weiße Bluse mit weiten Ärmeln und eine Weste aus geschmeidigem Ziegenleder vervollständigten ihre Kleidung, und statt Schal und Hut hatte sie sich ein weißes Tuch um den Hals geschlungen, nicht unähnlich denen, mit denen die Beduinen sich vor Sonne und Sand zu schützen pflegten. Eine Brille mit runden, getönten Gläsern, die Schutz vor dem grellen Sonnenlicht bieten sollten, saß keck auf ihrer Nase. Ihr langes Haar trug Sarah hochgesteckt. Am meisten jedoch schien ihre männlichen Begleiter wohl die Tatsache zu irritieren, dass sie, eine englische Lady, bewaffnet war.
    An dem breiten ledernen Sam-Browne-Gürtel, der aus britischen Armeebeständen stammte, war ein Holster angebracht, aus dem der Griff eines Revolvers amerikanischer Fertigung ragte. Mit fachmännischem Blick erkannte Hayden das Modell Colt Frontier, eine zuverlässige Waffe, deren Handhabung allerdings einen geübten Schützen erforderte. An Sarahs linker Hüfte hing dazu ein Jagdmesser, das mit klobigem Griff und fransenverzierter Scheide ebenfalls ein Souvenir aus der Neuen Welt zu sein schien. Alles in allem war dies ein Erscheinungsbild, wie es einer Dame nicht zukam. Entsprechend verstört war der Ausdruck in den Gesichtern der drei Männer.
    »Sie sollten die Münder wieder schließen, Gentlemen«, empfahl Sarah ihnen lächelnd. »Hat man Ihnen noch nie gesagt, dass Sie das wenig intelligent aussehen lässt?«
    »V-verzeihen Sie«, stammelte Sir Jeffrey errötend, der seinen Blick nicht von Sarahs Beinkleidern wenden konnte. »Aber eine Lady in Hosen…?«
    »Haben Sie jemals versucht, in einem Rock ein Kamel zu besteigen, Sir Jeffrey?«, erkundigte sich Sarah spitz.
    »Nun – natürlich nicht.«
    »Das dachte ich mir«, entgegnete Sarah nur – und damit war das Thema ihrer Meinung nach ausreichend behandelt. Sie wandte sich ab und ging zu den Kamelen, die bereits gesattelt waren und zum Abmarsch bereitstanden. Die gutwilligen und ausdauernden Tiere scharrten mit den Hufen, als könnten sie es kaum erwarten, sich auf die beschwerliche Reise zu begeben.
    Kamal hielt Sarahs Tier am Zügel: eine Stute, die etwas kleiner war als die übrigen Tiere, aber einen gesunden und zähen Eindruck machte. Sarah fiel auf, dass ihr Reittier gegenüber den anderen mit zwei zusätzlichen Wasserschläuchen beladen war, was sie wohl Kamals gut gemeinter Fürsorge zu verdanken hatte.
    »Sind Sie sicher, dass Sie das wirklich tun wollen, Mylady?«, erkundigte sich der Führer besorgt.
    »Ich kann nicht anders«, erwiderte sie.
    »Ich verstehe.« Kamal nickte und hielt ihr die Gerte hin.
    Sarah nahm sie entgegen und brachte das Tier dazu, sich auf die Vorderläufe niederzulassen. Geschickt schwang sich Sarah in den Sattel. Das Kamel baute sich zu seiner vollen Größe auf und ließ dabei ein geräuschvolles Schnauben vernehmen.
    »Du meine Güte«, entfuhr es Milton Fox. »Müssen wir unbedingt auf diesen Biestern reiten? Diese Kamele stinken zehn Meilen gegen den Wind. Würden es nicht auch gewöhnliche Pferde tun?«
    »Nur zu, Inspector«, forderte Sarah ihn auf. »Nehmen Sie ein Pferd, wenn Ihnen das lieber ist. Aber dieses Kamel wird mich noch tragen, wenn von Ihrem Reittier nur noch ein bleiches Gerippe übrig ist, das muss Ihnen klar sein.«
    Fox machte ein verdrießliches Gesicht und ließ sich von Kamal dabei helfen, sein eigenes Tier zu besteigen. Dabei wirkte er wie ein Betrunkener, der versuchte, auf einem rollenden Weinfass zu balancieren. Die Miene, die er dabei zog, war entsprechend unglücklich.
    Auch Sir Jeffrey schien nicht sehr begeistert darüber zu sein, die weitere Reise auf einem Wüstenschiff

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