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Der Schattenbund 01 - Das Herz von Myrial

Der Schattenbund 01 - Das Herz von Myrial

Titel: Der Schattenbund 01 - Das Herz von Myrial Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maggie Furey
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sehen, dass Elion mit dem anderen das Gleiche tat. Er rannte ein Stück den Weg hinauf und übergab sich heftig. Als es vorüber war, spürte er eine Hand auf der Schulter. Tormon stand da und bot ihm ein feuchtes Tuch an. »Hier – wisch dir das Gesicht sauber.«
    Scall nahm das Tuch, doch er fand keine Worte. Und sein leerer Magen fühlte sich an, als wollte er sich noch weiter entleeren.
    Der Händler sah ihn an und zuckte die Schultern. »Nein, Bursche – ich weiß auch nicht, wie ich das tun konnte. Ich hätte niemals geglaubt, einen Menschen auf diese Weise töten zu können, so kaltblütig. Annas und Kanella wären eigentlich Grund genug, aber da verspürte ich immer noch ein kurzes Zögern, den Anflug eines Zweifels. Doch als er dich schlagen wollte, ohne jeden Grund – nun, das hat den Ausschlag gegeben. Danach war es ein bisschen, als ob ich eine Wespe zerquetschen würde.«
    Er klopfte Scall auf die Schulter. »Ich vermute, ich hab’s als so schlimm empfunden, weil ich mich in ihm wiedererkannt habe. Er hat dich behandelt wie ich. Es tut mir Leid, mein Sohn, wirklich sehr Leid. Ich war in der vergangenen Nacht nicht ganz bei Trost, und das ist meine einzige Entschuldigung. Wenn ich einen Weg finden kann, um es wieder gutzumachen, dann will ich es tun. Das verspreche ich.«
    »Ich – danke dir.« Scall wusste immer noch nichts zu sagen. Er dachte daran, wie viel Angst er vor dem gequälten Mann gehabt hatte, wie wahnsinnig war er ihm erschienen. Jetzt blickte er in ein ganz gewöhnliches, zerfurchtes Gesicht, das er plötzlich als tröstlich empfand. Und er sah einen gutherzigen, ehrlichen Menschen, der in etwas hineingeraten war, das er nicht beeinflussen konnte. Gerade so, wie wenn die schwarzen Pferde mit mir durchgehen, dachte Scall. Er kannte diese Gefühle, die Hilflosigkeit, die Angst, die Not. Plötzlich fiel ihm auf, dass er und der Händler sich in der gleichen Lage befanden. Sie waren beide in einen rasenden Strudel von Ereignissen gerissen worden, hatten alles verloren, was ihnen vertraut und lieb gewesen war, und kämpften darum, über Wasser zu bleiben und zu überleben.
    Einem plötzlichen Drang folgend, streckte er die Hand aus und sagte: »Ich will dir helfen, deine kleine Tochter wiederzufinden. So gut ich halt kann.«
     
    Elion fragte sich, was wohl aus Thirishri geworden war. Sie hatte auskundschaften wollen, was sich bei der Sägemühle ereignete, aber seitdem war viel Zeit vergangen. Inzwischen hatten die drei von der Wegzehrung gefrühstückt und die Tiere versorgt, einschließlich der beiden Sefrianer, die in der Nacht anscheinend nichts Schlimmeres durchzustehen hatten als ein wenig Steifheit in den Gliedern und einen Bärenhunger, weil die Getreideration aus Elions Satteltaschen so klein gewesen war.
    Thirishri hatte nur einmal Verbindung aufgenommen, als ihr die wilde Idee mit dem Überfall auf die Soldaten gekommen war. Nach einer heftigen Auseinandersetzung hatte sie ihren Willen bekommen, und zu seiner Verblüffung hatte es funktioniert – so weit. Aber jetzt standen sie da, er und Tormon, verkleidet mit Kettenhemd, Helm und schwarzem Umhang. Wie erwartet, passten ihnen die Hosen der Soldaten überhaupt nicht, aber da ihre eigene Kleidung dunkel gefärbt war, bestand die Möglichkeit, damit durch das Stadttor zu kommen – falls niemand so genau hinsähe. Nun hatte er dem Luftgeist mitteilen wollen, dass der Plan Erfolg gehabt hatte, und wollte sich mit ihr über den bevorstehenden Überfall auf die Truppe des Hierarchen, sobald diese auf dem Rückweg wären, beraten. Doch er erhielt keine Antwort, wie sehr er sich auch bemühte. Und was noch schlimmer war, er konnte, wenn er gedanklich nach ihr tastete, ihre Gegenwart nicht mehr spüren. Es war, als ob sie tot wäre – oder nie existiert hätte.
    Überaus widerwillig beschloss er, sich an Veldan zu wenden. Vielleicht wusste sie mehr als er.
     
    Veldan war gerade dabei, sich so gründlich zu waschen, wie dies mit einer Schüssel warmem Wasser möglich ist, wenn man gleichzeitig vor lauter Lachen keine Kraft hat, weil eine alte Kriegerin eine saftige Anekdote nach der anderen erzählt. Toulac ist doch immer wieder eine Überraschung für mich, dachte sie, während sie sich mit einem alten Handtuch abtrocknete und sich wieder anzog. Wäre sie doch nur entdeckt worden, als sie noch jünger war. Was für eine wundervolle Schattenbundagentin hätte sie sein können! Na schön, vielleicht war es noch nicht zu spät. Die

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