Der Schattenbund 01 - Das Herz von Myrial
es schaffen würdet, wäret ihr bei eurer Ankunft zu erschöpft, um noch kampftüchtig zu sein. Vielleicht hat diese Thirishri, wer immer sie auch ist, euch einen Gefallen getan. Nun gib dir selbst eine Chance, Dickkopf! Gerade mal vor zwei Tagen hast du es noch mit einem Erdrutsch aufgenommen! Nun lass zur Abwechslung mal einen anderen die Arbeit tun!«
Veldan atmete einmal tief durch und zwang sich zur Ruhe. Widerwillig musste sie eingestehen, dass Toulac Recht hatte. Außerdem stand es um diese Mission auch ohne Rangeleien zwischen den Wissenshütern schon schlecht genug. »Also gut, Elion«, sagte sie schließlich, »ich verstehe deinen Standpunkt – auf den Ratschlag eines uneingeweihten Menschen hin, den du eben noch schlecht gemacht hast.«
»Wie bitte? Willst du damit sagen, dass sie die ganze Zeit zugehört hat?«
»Ich sagte dir bereits, dass sie eine empfangende Telepathin ist. Du solltest vorsichtiger damit sein, was du hinter dem Rücken anderer Leute sagst.«
»Sie hat gehört, wie ich sie eine Uneingeweihte genannt habe, und einen -«
»- tatterigen alten Menschen«, ergänzte Toulac grimmig. »Und ob ich das gehört habe! Und ich werde es auch nicht so schnell vergessen, das kannst du ihm sagen. Ich kann es kaum erwarten, diesen hochnäsigen jungen Spund persönlich vor mir zu haben. Kein Wunder, dass du ihn nicht ausstehen kannst.«
»Sie hat dich gehört, Elion«, sagte Veldan. »Und du kannst dir nun selbst ausmalen, wie entzückt sie ist.«
»Gut, ich entschuldige mich also, aber das ist jetzt unwichtig. Veldan, ich bin sicher, dass etwas passiert ist. Thirishri kann nicht gänzlich unerreichbar sein.«
Veldan runzelte die Stirn. »Ich dachte zuerst, dass du übertreibst, aber wenn ich darüber nachdenke, hast du wohl Recht. Das hört sich gar nicht nach Thirishri an.«
»Was wollen wir also tun? Und was wird aus Aethon? Ich kann diesen Überfall nicht allein machen. Der erste Teil von Thirishris Plan ist erledigt. Sie wollte, dass Tormon und ich die beiden Soldaten überfallen, die man zurückgeschickt hat, um seine Leiche zu finden, und wir sollten uns ihre Kluft anziehen, damit wir an Blanks Truppe heran können, ohne Verdacht zu erregen. Das hätten wir also, Panzerhemd und so weiter, aber ohne Thirishri kann ich nicht wissen, wann sie aus der Sägemühle fortgehen. Wahrscheinlich sind sie mittlerweile schon aufgebrochen. Außerdem sind wir ohne Thirishri hoffnungslos unterlegen. Ich hätte entweder ihre oder eure Hilfe gebraucht, und jetzt habe ich gar keine.«
»Dürfte vielleicht eine überaus tatterige Alte einen Vorschlag machen?«, ließ Toulac sich in beißendem Ton vernehmen.
»Tu das bitte«, sagte Veldan. »Lass mich nur vorher ein Wort an Elion richten, danach übermittle ich ihm den Rest, wenn du einverstanden bist.«
»Ich bin inzwischen so verzagt, dass ich mir schon von jedem einen Vorschlag anhören würde«, entgegnete er verdrossen.
»Da wird doch der Hund in der Pfanne verrückt!« murmelte Toulac mit finsterem Gesicht. »Den werde ich mir vorknöpfen, diesen selbstherrlichen Angeber. Wird mir ein Vergnügen sein, ihm ein paar Manieren einzubläuen!«
Veldan grinste. »Soll ich ihm das weitersagen?«
Toulac kicherte in sich hinein. »Nein, bemüh dich nicht. Es macht mehr Spaß, wenn ich ihn damit überrasche.« Doch dann wurde sie ernst. »Gut – sehen wir uns die Sache mal näher an. Bei meinem Plan hätten wir etwas mehr Zeit, bevor wir in das Geschehen eingreifen, aber wir brauchen eben auch länger, bis wir an Ort und Stelle sind, und wir haben nicht den ganzen Tag Zeit.« Sie holte tief Luft. »Elion, eure Verkleidung kommt am Ende doch noch zum Einsatz. Veldan, erinnerst du dich, dass ich gesagt habe, die unteren Tunnel führen zum Tempel? Also, hier ist mein Plan …«
Elion saß scheinbar in sich gekehrt in der Hütte und lauschte den Einzelheiten von Toulacs Vorschlag. »Ihr müsst verrückt sein!«, sagte er am Ende. »Alle beide! Ein Rettungsversuch mitten aus der Festung des Feindes? Wir gehen alle zusammen in die Falle!«
»Es wird keine Falle geben«, hielt Veldan dagegen, »denn wir haben die Überraschung auf unserer Seite. Blank würde niemals vermuten, dass ihm der Feind aus dem Tempel entgegen kommt. Wenn du nur ein Ablenkungsmanöver durchführen könntest, damit Kaz und ich genügend Zeit erhalten, um den Hierarchen zu ergreifen und hinauf in die Höhlen zu bringen. Du weißt, wie schnell Kaz sein kann, wenn er erst mal in Schwung
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