Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Schattenbund 01 - Das Herz von Myrial

Der Schattenbund 01 - Das Herz von Myrial

Titel: Der Schattenbund 01 - Das Herz von Myrial Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maggie Furey
Vom Netzwerk:
unbewegten Gesichter der Wachen huschte ein gelindes Erstaunen, als er sich ihnen näherte, und so standen sie erst stramm, als er schon an ihnen vorbeiging. Es war viele Tage her, dass er zum letzten Mal aus seiner Lauerstellung in der Basilika hervorgekommen war. Doch wer wollte es wagen, das Kommen und Gehen des Hierarchen in Frage zu stellen?
    Die Mauer des inneren Bezirks teilte die Schlucht auf ganzer Breite und riegelte das Heiligtum mit dem Tempel und der Zitadelle gegen den äußeren Bezirk ab. Jener Teil der Schlucht zwischen dem inneren Tor und dem Zugangstunnel beherbergte eine große Anzahl hübscher, ordentlicher Häuser und Werkstätten für das ausgedehnte Heer an Hilfspersonal, das Basilika, Zitadelle und den ganzen Heiligen Bezirk täglich versorgte. Die Felswände der Schlucht liefen zu beiden Seiten nach vorn zusammen und führten in eine schmale Ausbuchtung, durch die man einen Tunnel getrieben hatte, um einen Zugang in die tiefer gelegene Stadt zu schaffen.
    An die innere Felswand drängten sich weitere Gebäude, in denen für den Heiligen Bezirk gearbeitet wurde: die Vieh- und Pferdeställe, eine Wäscherei, ein Backhaus und die Werkstätten der Handwerker vom Schmied bis zur Näherin. Hier wirkte alles viel weniger ehrfurchtgebietend und umso behaglicher. Man gab sich den Anschein einer hübschen, wohlhabenden Stadt und unterstrich dies mit einem großen Rasenplatz in der Mitte, der als Marktplatz, geselliger Treffpunkt oder als Spielplatz diente. Für die Kinder der Handwerker war es ein Glück, dort leben zu dürfen. Und gerade wurde ihnen ein besonderes Glück zuteil. Der Hierarch machte ein mürrisches Gesicht, als er die geschwätzige Schar erblickte, die sich um den großen bunt bemalten Wagen drängte, der mitten auf dem Platz drängte, ohne sich vom Regen schrecken zu lassen.
    Beim Anblick des fröhlichen Gefährts kräuselte Zavahl angewidert die Lippen. Zu allem Überdruss gehörte auch noch ein Esel mit einem hoch beladenen Karren zu dem Händlerzug, aber zwei prachtvolle schwarze Pferde standen geduldig und mit beeindruckender Würde still daneben. Sie allein verliehen dieser fremdartigen Versammlung ein gewisses Maß an Ehrbarkeit. Zavahl fragte sich, wie solch schäbig gekleidete und schlammbespritzte Vagabunden an diese herrlichen Tiere gelangt sein mochten. Die ganze Szene sah danach aus, aus kampiere ein Zirkus im Heiligen Bezirk, und die gaffende Menge tat noch ihr Übriges dazu, wie der Hierarch mit Verärgerung bemerkte, denn mittlerweile hatten sich zu den Kindern auch junge Priester, Schreiber und Diener hinzugesellt. Sie umringten die fremden Besucher so eng, wie sie sich an die vier bewaffneten Soldaten herantrauten, die man zur Bewachung abgestellt hatte.
    Sofern sich nicht noch mehr im Wagen versteckten, waren die Vagabunden nur zu dritt: der große, dunkelhaarige Mann in mittlerem Alter, der bei den Pferden stand, die Frau oben auf dem Kutschbock, die sehr klein und noch jung war, aber unscheinbar wie ein Zaunkönig, und das kleine Mädchen, das bei seiner Mutter saß. Die Frau hielt den Blick fest auf Zavahls Gesicht geheftet, und riss ehrfürchtig die Augen auf, was der Hierarch zunehmend als aufdringlich und ärgerlich empfand. Sie hatte den Arm um ihre Tochter gelegt, und die Kleine musterte Zavahl freimütig und neugierig, was ihm weit angenehmer war als das mondsüchtige Starren der Mutter. Gewissermaßen entschädigt, wandte er seine Aufmerksamkeit von den beiden ab und ging auf den Mann zu. Mit Sicherheit würde er aus einem Mann eher etwas Sinnvolles herausbekommen. Er wusste, dass er sich selbst für einen Hierarchen unbeschreiblich grob verhielt. Genau genommen galten diese Leute als seine Gäste, und die Sitte hätte es erfordert, dass er ihnen Erfrischungen anbot und sie nicht im kalten nassen Hof stehen ließ. Doch das kümmerte ihn nicht. Er hatte nur noch einen Tag zu leben. Was sollte Höflichkeit ihm einbringen.
    Der Händler sah ihm geradewegs in die Augen – gelassen, abschätzend, ohne jede Ehrerbietung. Der Hierarch hielt der Musterung stand. »Bitte, erzähle mir von dem Drachen«, sagte er ruhig, und während der einfache, ehrlich erscheinende Mann berichtete, entfachte er in Zavahl einen Funken Hoffnung …
    »Was in Myrials Namen geht hier vor?«
    Eine barsche Stimme sprach Zavahl direkt ins Ohr, und er zuckte zusammen, wofür er sich sogleich verwünschte. Es war Blank, der sich leise von hinten genähert hatte.
    Der Hierarch gewann wieder

Weitere Kostenlose Bücher